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Endlich: Ein Held

 
     
 
Haben Sie es auch bemerkt? Es stinkt in Deutschland! Beim Betreten kleinerer Geschäfte triezt ein Mief die Nase wie in alten Partykellern, die noch Tage nach der Sause ihrer Reinigung harren. Nach den faulen Dünsten verhört, weist der Kiosk-Betreiber wortlos in eine Nische hinter seinem Tresen: Große Tüten voll zerbeulter Blechnäpfe, in denen kleine Getränkelachen friedlich vor sich hin schimmeln: "Dosenpfand". Das Stilleben ruht nur einige Zentimeter unterhalb der feilgebotenen Waren - Speiseeis, Süßigkeiten oder auch Backwaren werden ab 1. Januar sozusagen direkt von der Müllkippe weg verkauft, "dezentral und nachhaltig
", also streng ökologisch und damit ganz gewiß irgendwie gesund.

Der Höhepunkt steht uns indes noch bevor: Im Sommer, wenn es richtig heiß wird, fangen die leckeren Bier- und Brausereste schon nach Stunden an zu modern. Dann erst entfaltet Trittins Kompost-Cocktail sein volles Bukett, und in vormals langweiligen Ecklädchen sprießen quirlige Kleintierbiotope.

Immer dieses Gemaule, die Deutschen hätten in ihrem Geschichtsbild keine Nationalhelden mehr und würden immer nur die negativen Seiten besabbeln. Unsinn! Und ob wir Helden haben! Beflügelt von einem reißerischen TV-Mehrteiler starrte das ganze Volk voller Respekt und Bewunderung auf Napoleon. Ja, genau, den Feldherrn, der das deutsche Reich kunstvoll zerlegte, Preußen die Last der Souveränität abnahm, Hamburg zur "Bonne ville française Hambourg" adeln wollte, Rheinland und Nordseeküste zu urfranzösischem Boden vergoldete und ein paar hunderttausend überflüssigen Deutschen aus ihrem trostlosen Leben half. Die deutsche TV-Gemeinde ist tief gerührt ob seines tragischen Schicksals.

Auch andernorts wissen wir Großtaten nach Jahrhunderten noch zu würdigen. Wismar begeht seit diesen Tagen sein "Schwedenjahr". Die Stadt war 1648 durch die Nordlichter von unserem Land erlöst worden, nachdem diese sich ebenfalls mit der Bekämpfung der Überbevölkerung in Deutschland abgerackert hatten - unter entsetzlichen Mühen und eingezwängt zwischen qualmenden Ruinen und ihren peststinkenden Bewohnern. Ohne die Skandinavier hätten wir nie den köstlichen "Schwedentrunk" kennengelernt.

Der Tabubruch war fatal: In einer Volksabstimmung wollte der Chef der CSU-Abgeordneten im Reichstag, Michael Glos, die Deutschen selbst über eine Aufnahme der Türkei in die EU entscheiden lassen! Sofort durchfuhr hektisches Gegrummel die Eingeweide der Union. Dieses Volk fragen, das Adolf Hitler gewählt hätte, wenn die politische Elite ihn nicht vorher am Volk vorbei selber an die Macht gebracht hätte? Niemals, herrschte Niedersachsens CDU-Kandidat Christian Wulff den zügellosen Bayern an. Und er tat das in Kreuth, mußte sich also sehr sicher fühlen. Das konnte er auch: Edmund Stoiber ließ umgehend Beruhigungstropfen auf die erwachten Deutschen und die irritierte Partei regnen: Die Europa-Wahl werde man zur Volksabstimmung über die Türkei machen. Soll wohl heißen: Wer 2004 Union wählt, der kann sicher sein, daß die Türken draußen bleiben.

Es sei denn, die Union "besinnt" sich - nach den Wahlen natürlich. Schon hat sich ein alter Bekannter aus dem Schlamm des Vergessens gewühlt. Volker Rühe mahnt an, daß man Ankara reinlassen müsse, weil alles andere "die Kontinuität der Europa-Politik" breche und von den "Weichenstellungen Helmut Kohls" Abschied nehme. Wo er recht hat, hat er recht: Wer Deutschland zum Mega-Nettozahler macht und die D-Mark ins Klo spült, der muß auch die Türkei in die EU bitten. Wir sind aus Erfahrung optimistisch, daß Stoi- ber sich kurz nach den Europa-Wahlen daran erinnern wird. Mit dem Euro hatte er zunächst ja auch seine Schwierigkeiten, um schließlich "nach reiflicher Überlegung" doch zuzustimmen.

Wenn alles schiefläuft, bauen wir uns eben unsere eigene Türkei. Hamburg baut da schon mal vor. Hier sollen demnächst die ersten türkischen Grundschulen den Betrieb aufnehmen, weiterführende Lehranstalten sollen folgen. Wenn das Schietwetter draußen nicht wäre, werden die Zöglinge dann gar nicht mehr merken, daß das da vor dem Fenster Deutschland ist.

Auch die Mafia hat ihre Gesetze. Die Paten, ob reich oder eher bescheiden, kennen sich. Man respektiert einander, weil man sich im Ernstfall gegenseitig richtig wehtun kann. Und wer will das schon. Haarig wird es nur, wenn sich so ein unterbewaffneter Kleinganove erfrecht, auf eigene Rechnung zu "arbeiten" und seine eigenen Dinger dreht, die der ehrenwerten Gesellschaft das Geschäft verhageln. Saddam Hussein ist so ein mieser Eckensteher. In Korea hingegen hatte man sich zwar auch schon ordentlich gekloppt. Die Beulen sind immer noch zu sehen. Doch dann wurde am 38. Breitengrad einfach ein Strich gezogen, über den man sich seither zublinzelt: Wir verstehen uns. Da darf es mal kriseln, ohne daß gleich die Knarre knallt.

So kommt es, daß der US-Gesandte James Kelly in Korea so süßlich daherzwitschert wie weiland Egon Bahr in Ost-Berlin. Nun ja, ein bisserl "enttäuscht" ist man schon wegen dieser Atomwaffengeschichte, bietet aber brüderlich Hilfe an. Saddam kriegt indessen die bewährten Betonschuhe verpaßt.

Jetzt wird s gefährlich: Der Kanzler hat allen Medien mit Klage gedroht, die Boshaftigkeiten über seine (vierte) Ehe verbreiten. Privatsache! Die Beziehungen unseres Kanzlers zu der von ihm in freier, gleicher und geheimer Wahl gewählten Kanzlerin gehen uns einen feuchten Kehricht an. Woher konnte Frau Köpf denn ahnen, daß die paar hundert Interviews und Fototermine sie zu einer "öffentlichen Person" gemacht haben solle
 
     
     
 
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