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Wiener Verbrecher bald in Rumänien

 
     
 
Knapp vor Jahresende ließ Österreichs Justizminister Böhmdorfer (FPÖ) mit einem Vorstoß aufhorchen, der eine lebhafte Diskussion auslöste: Österreich solle den Bau eines Gefängnisses in Rumänien finanzieren. Was auf den ersten Blick grotesk anmutet, hat allerdings recht handfeste - man könnte sagen: dingfeste! - Hintergründe. Denn erst Anfang Dezember hatte Innenminister Strasser (ÖVP) einräumen müssen, daß die Kriminalitätsrate
neuerlich um 10,6 Prozent gestiegen sei - und daß es sich dabei um importierte Kriminalität handle.

Während Österreich weiterhin zu den "sicheren" Ländern zählt (die Mordrate ist sogar rückläufig), gibt es vor allem bei Diebstahl- und Einbruchdelikten dramatische Zuwächse. Und selbst wenn die Aufklärungsquote nur etwa 40 Prozent beträgt, läßt sich belegen, daß die Delinquenten vorwiegend aus Osteuropa kommen und daß organisierte rumänische Banden die Hauptrolle spielen. Derzeit verwahren die Justizanstalten 8.400 Straf- und Untersuchungshäftlinge, davon 40 Prozent Ausländer. In Wien, dem Hauptschauplatz organisierter Diebesbanden, sind sogar 70 Prozent der Untersuchungshäftlinge Ausländer - führend dabei Nigerianer (Drogen- und Gewaltdelikte), gefolgt von Ex-Jugoslawen, Rumänen und Türken.

Böhmdorfers Anregung hat "ökonomische" Motive, denn die österreichischen Gefängnisse sind übervoll, aber zusätzliches Justizpersonal und Neubauten kommen aus budgetären Gründen kaum in Frage. Ein Strafvollzug in Rumänien hingegen wäre deutlich billiger. Der Justizminister will auch rumänische Untersuchungshäftlinge, bei denen auf Grund der Beweislage eine Verurteilung sicher scheint, der rumänischen Justiz überantworten.

Die FPÖ steht hinter der Initiative und fordert zusätzlich die Wiedereinführung der Visumpflicht für Rumänen. Die Justizsprecherin des Koalitionspartners ÖVP lehnte die Initiative zwar ab, doch sowohl der ÖVP-Generalsekretär als auch der Innenminister äußerten sich positiv, vorausgesetzt die völkerrechtlichen Fragen könnten geklärt werden.

Die Opposition spricht pflichtgemäß von "Unsinn", aber eigentlich lehnt die SPÖ nur die Überstellung von Untersuchungshäftlingen ab. Der Strafvollzug in der Heimat sei sogar eine Verbesserung, denn Kontakt mit der Familie erleichtere die Resozialisierung. Heilige Einfalt, kann man da nur sagen, denn es verbessert sich ja gleichzeitig die Weitergabe von "Berufserfahrung"! Noch typischer ist die Reaktion aus dem grünen Wolkenkuckucksheim: Statt ein Gefängnis zu bauen, sollte Österreich lieber Geld für Waisen- und Krankenhäuser in Rumänien hergeben. Böhmdorfer und Strasser sollten über Prävention nachdenken, wie man Straßenkinder mit österreichischer Hilfe von der Straße wegholen könne. Von rumänischen Straßen.

Der weitere Verlauf wird primär von den rumänischen Behörden abhängen, die sich bisher noch nicht äußerten. Unabhängig davon ist es nützlich, die Sache mit allen Nebenwirkungen und in größeren Zusammenhängen zu diskutieren. So etwa kann die Aussicht, in Rumänien statt in Österreich inhaftiert zu werden, sogar eine gewisse abschreckende Wirkung haben. Denn auch wenn österreichische Gefängnisse nicht annähernd so gemütlich sind wie in der Strauß-Operette "Die Fledermaus", verglichen mit den Lebensverhältnissen im Osten kann heute für manchen ein warmes Winterquartier mit Vollpension in Österreich durchaus als kleineres Übel erscheinen.

Aber wenn man Hoheitsaufgaben "kommerzialisiert", wo sind dann die Grenzen? Strafvollzug in Sibirien oder auf einer Gefängnisinsel wäre noch viel billiger. Und exterritoriale Gebäude sind eine Sache, doch wie steht es mit ausländischem Vollzugspersonal?

Die internationale Zusammenarbeit von Polizei und Justiz ist grundsätzlich zu begrüßen, sofern sie auf Abkommen beruht und nicht durch Gewalt oder Drohung erzwungen wird. Die Auslieferung eigener Bürger - wie beim "Europäischen Haftbefehl" vorgesehen - ist hingegen eine krasse Fehlentwicklung. Bei Auslieferung und Abschiebung von Personen aus Drittländern wiederum kommt es zu Ungerechtigkeiten aller Art: Einerseits wird oft politischem Druck nachgegeben, andererseits wird das "Asylrecht" schamlos mißbraucht. R. G. K.
 
     
     
 
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