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Aggressive Worte aus Peking

 
     
 
War es nur eine leere Drohgebärde Pekings, oder bahnt sich in der Region eine ernstzunehmende Krise an?

Ende März gewann der taiwanesische Präsident Chen Shui-bian die Wahl mit gerade einmal 0,2 Prozent Vorsprung gegenüber seinem Konkurrenten Lien Chan von der Kuomintang (KMT). Die KMT forderte sofort eine Neuauszählung der Wahlzettel und brachte so manche Verschwörungstheorie bezüglich Chen Shui-bians Wahlkampf in Umlauf
. So wird behauptet, daß das am Tage vor der Wahl auf den Präsidenten verübte Attentat, bei dem er leicht verletzt wurde, aus wahltaktischen Gründen nur inszeniert worden sei, damit man noch schnell ein paar Sympathiepunkte bei den knapp 12,9 Millionen Wählern holen könne. Chen weist diese Vorwürfe weit von sich und setzte eine Untersuchungskommission ein. Eine Neuauszählung der Stimmzettel ließ er allerdings erst auf Druck nach einem beschleunigten Verfahren genehmigen. Tagelange Massenkundgebungen mit rund einer halben Million Teilnehmer hatten ihn zu diesem Schritt veranlaßt.

Mitten in diese internen Streitereien mischte sich dann China ein, das Washington vorwarf, sich im Rahmen seiner Glückwünsche an Präsident Chen Shui-bian in innere Angelegenheiten Chinas eingemischt zu haben. In einer offiziellen Erklärung machte die Volksrepublik darauf aufmerksam, daß Taiwan für sie nur eine seit dem Bürgerkrieg 1949 abtrünnige Provinz sei, aber keineswegs ein eigener Staat, dem man zur Wahl gratulieren könne. "Wenn die Situation nach der Wahl außer Kontrolle gerät, soziale Unruhe ausbricht, das Leben von Menschen in Gefahr gerät und der Besitz unserer taiwanesischen Landsleute gefährdet und die Stabilität in Taiwan erschüttert wird, werden wir die Lage nicht ignorieren", lautete die auf Konfrontation ausgerichtete Stellungnahme des chinesischen Taiwan-Amtes. Die linke Regierung Taiwans reagierte verärgert auf die erstmals so offen aggressive Drohung Chinas und bezeichnete die auf militärische Intervention hinauslaufende Erklärung als "grobe Einmischung" in die internen Angelegenheiten Taiwans.

Präsident Chen gilt als offener Befürworter eines unabhängigen Taiwans. "Sagt ja zu Taiwan", lautet sein Motto. Diese Haltung mißfällt der Volksrepublik China auf das äußerste. Und auch wenn Taiwan faktisch schon längst unabhängig ist - für China ist eine Wiedervereinigung stets in greifbarer Nähe. So wurde auch die Bevölkerung des kommunistischen Landes in den zensierten Staatsmedien nicht über die freien Wahlen in Taiwan informiert, da nicht sein kann, was nicht sein darf. Als es allerdings zu Großdemonstrationen der konservativen Kuomintang kam, wurden diese so ausgelegt, als ob es zu einem politischen Umsturz käme und Taiwan somit schon so gut wie heim im Reich sei.

Pekings Hoffnungen auf einen Wahlsieg der ihm zugeneigten Kuomintang scheinen vergebens. Die konservative Partei, die unter Chiang Kai-shek 1949 das demokratische Taiwan gründete, aber bis heute auf eine Wiedervereinigung unter einer demokratischen Regierungsform auf dem Festland setzt, wird nach Ansicht internationaler Beobachter auch nach den Neuauszählungen die Wahl knapp verloren haben.

Demonstration in Taiwan: Oppositionsanhänger fordern Neuauszählung der Wahlzettel. Präsident Chen hatte mit 0,2 Prozent Vorsprung gewonnen.
 
     
     
 
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