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Arbeit und Geduld

 
     
 
Für die von Armut und Kriminalität gebeutelte Exklave des Königsberger Gebiets gibt es ein neues Zauberwort: es heißt Europäische Union. In einem Initiativantrag an das russische Außenministerium wird der Königsberger Gebietschef sogar als Teilnehmer einer Regierungskommission für die Zusammenarbeit mit der EU vorgeschlagen (Das berichtete).

Dabei spielt auch die Gruppe der Deutschen eine Rolle. Der Verein "National
e Kulturautonomie der Deutschen im Gebiet Kaliningrad", der durch ein Gesetz der russischen Duma gebildet wurde, kümmert sich um die Belange der Deutschen. Entsprechende Vereine gibt es im Königsberger Gebiet auch für Weißrussen und die jüdische Minorität. Ein "Regionalfonds" des deutschen Vereins kümmert sich besonders um die Förderung der Wirtschaft und der Landwirtschaft.

Mit Hilfe aus Deutschland und Unterstützung der Königsberger Gebietsverwaltung entsteht zur Zeit ein Kinderheim bei Tapiau. Zu den deutschen Unterstützern gehören beispielsweise der "Humanitäre Verein" in Büdingen und der Verein "Aufbau Bernsteinland Ostdeutschland e.V.". Außerdem ist die Einrichtung von Kindergärten und Begegnungsstätten geplant. Auch der Förderung des Deutschunterrichts kommt eine besondere Bedeutung zu.

Eine dem Verein "Nationale Kulturautonomie" angeschlossene Agrargenossenschaft der Deutschen wurde zwischen Königsberg und Cranz neu gegründet. Sie verfügt über eine zusammenhängende Fläche von über 2000 Hektar. Zwar besitzt sie über 60 Pferde – Trakehner, Hannoveraner und Turkmenische –, aber noch gibt es keine Maschinen und Geräte. Eine Erstausstattung für diese deutsche Agrargenossenschaft soll jetzt ebenfalls mit Hilfe des im niedersächsischen Eldingen ansässigen Vereins "Aufbau Bernsteinland Ostdeutschland" beschafft werden.

Doch es gibt auch Beispiele für gelungene private Initiativen im landwirtschaftlichen Bereich. Einer der Lichtpunkte im Königsberger Gebiet ist die Fleisch- und Wurstwarenfabrik "ETC" in Neuhausen, Kreis Samland. Zwei Jahre mühevoller Aufbauarbeit hat ihr Besitzer, Werner Richter aus Leipzig, investiert. Zwölf Sorten Wurst, Geräuchertes und Gepökeltes werden hergestellt. Die Qualität der Waren ist so gut und so anerkannt, daß Richter mit der Produktion kaum nachkommt. Im ganzen Königsberger Gebiet werden seine Erzeugnisse inzwischen verkauft.

Doch das Schweinefleisch der örtlichen Bauern kann in der Regel für die Wurstverarbeitung nicht verwendet werden. Der Grund: Die von den Bauern angebotenen Schweine sind zu alt und daher zu fett. Nur junge Tiere von acht bis neun Monaten können für eine hochwertige Ware verwendet werden. Die russischen Bauern verkaufen ihre Schweine jedoch erst nach anderthalb bis zwei Jahren. Dann aber haben die Tiere bereits eine zehn Zentimeter dicke Fettschicht und sind zur Weiterverarbeitung ungeeignet.

Auch die Gewürze für die Wurst müssen zur Zeit noch aus Deutschland bezogen werden. Richter achtet streng auf die Geheimhaltung der Würzmischungen: nur er selbst kennt die Rezepte. Die Löhne sind für örtliche Verhältnisse außerordentlich hoch; sie erreichen fast deutsches Niveau. Außerdem wird Frühstück und ein warmes Mittagessen ausgegeben. Trotzdem war die Fluktuation in Richters Betrieb zunächst sehr hoch. Vielen Arbeitnehmern ist ein konzentriertes Arbeiten fremd. Arbeitsunlust und Alkoholismus bildeten ein zusätzliches Hindernis, das den Betriebsablauf in der Vergangenheit erheblich störte.

Inzwischen hat sich Werner Richter mit Geduld und Mühe einen ständigen Mitarbeiterkreis aufgebaut. Sein wichtigster Helfer ist der ebenfalls aus Leipzig stammende Michael Arakeljan, der fließend russisch spricht. Er hat mehrere Jahre in Rußland gelebt, nachdem seine Mutter einen sowjetischen Offizier geheiratet hatte. Arakeljan ist Geschäftsführer und für die Zusammenarbeit mit den örtlichen Mitarbeitern des Unternehmens zuständig.

Die Fleisch- und Wurstwaren aus Neuhausen erfreuen sich wegen ihrer hohen Qualität einer stetig steigenden Beliebtheit bei der Bevölkerung. Auch die Preise sind für die Bevölkerung erschwinglich. Sie werden mit einem großen Kühlwagen an die Wiederverkäufer ausgeliefert. Wegen der großen Nachfrage soll demnächst eine eigene Verkaufsstelle in Königsberg eröffnet werden.

 
     
     
 
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