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Nein, wie eine Kolonie wirkt der deutsche Sektor im Kosovo mit seiner Hauptstad Prizren nicht – oder besser gesagt, noch nicht. Es gibt nicht einmal einen Flugplatz der groß genug wäre, die Airbus-Flugzeuge mit deutschen Politikern aufzunehmen, wenn die Volksvertreter die Soldaten der Bundeswehr "im Felde" besuchen wollen. So lande und startet man halt in Skopje, der mazedonischen Hauptstadt, und fliegt mit Hubschrauber in den deutschen Sektor der von international
en KFOR-Truppen besetzten jugoslawische Provinz.

De jure habe im Kosovo noch Jugoslawien das Sagen, erklärt ein deutsche Regierungsvertreter Besuchern der Region. Aber de facto üben die KFOR-Truppen die Herrschaft aus und schalten und walten in den ihnen zugewiesenen Distrikten nach Belieben Schon gibt es die aus der jüngeren kolonialen Geschichte bekannten Fakten zu vermelden Die Italiener sind unbeliebt wie weiland in Afrika, die Russen sieht man lieber gehen als kommen, und den Deutschen haftet bereits der Nimbus des großen Wohltäters in der Regio an. Wie kaum eine andere Nation nimmt die Bundeswehr den KFOR-Auftrag ernst, die Sicherheit in der Region zu garantieren und beim Wiederaufbau der zerstörten Region zu helfen.

Die historischen Parallelen drängen sich geradezu auf: Wie einst in Kamerun ode Südwestafrika bauen die Deutschen Schulen und Wege, sie organisieren die öffentlich Verwaltung, demnächst werden sie vermutlich die Eisenbahn wieder in Betrieb nehmen. Die einheimische, überwiegend moslemische Bevölkerung zeigt sich dankbar. An die deutsche Panzer werden oft Blumen geheftet.

Die Wirtschaft in der Region ist praktisch zusammengebrochen. Ein Teil der dörfliche Bevölkerung dürfte sicherlich noch von der Landwirtschaft leben. Der Handel blüh allerdings wieder auf, seitdem die jugoslawische Währung aus dem Verkehr gezogen un durch die Deutsche Mark ersetzt worden ist. Da die Industrie am Boden liegt, dürfte de größere Teil der städtischen Bevölkerung von Überweisungen der in der Bundesrepubli lebenden Gastarbeiter leben. Aber auch bei der Wiederinbetriebnahme von Industriebetriebe will die Bundesrepublik helfen.

Die deutschen Erfahrungen mit dem ersten Waffeneinsatz seit 1945 und der erste Besetzung fremden Territoriums sind allerdings nicht die besten. Die innere Sicherheit ha die Bundeswehr in ihrem Distrikt im Kosovo bisher nicht vollständig herstellen können Nach wie vor reicht die deutsche Autorität nur so weit wie die Feuerkraft der Panzer un Gewehre.

Wenn die Deutschen in den Kasernen sind, nehmen die moslemischen Kosovaren Rache an de verbliebenen Serben, die dem orthodoxen Glauben angehören. Kirchen und serbische Häuse werden serienweise angezündet, Plünderungen und Raubüberfälle sind an de Tagesordnung. Die Moslems nehmen blutige Rache für die Greuel, die ihnen von den Serbe zugefügt worden sind. Wenn der internationale Einsatz im Kosovo das Ziel hatte, die dor existierende multikulturelle Gesellschaft zu retten, ist er gescheitert.

Auch die Teilnahme der Bundeswehr wirft viele Fragen auf. Die Struktur der deutsche Truppe ist darauf ausgerichtet, den Angriff fremder Panzerarmeen aus dem Oste aufzuhalten, bis Verstärkungen aus Übersee eingetroffen sind. Dieses Konzept ist genaus zusammengebrochen wie der Ostblock. Hastig wurden in den vergangenen Jahren aus den beste Einheiten sogenannte Krisenreaktionskräfte gebildet, die in jeder Hinsicht unzulänglic ausgestattet sind.

Daß Verteidigungsminister Rudolf Scharping den Einsatz der Bundeswehr doch noch so gu hinbekam, ist dem Glück und der Tüchtigkeit der deutschen Soldaten zu verdanken. Die Ausrüstung ist völlig unzureichend. So mußten die Deutschen während der 79 Tag dauernden Bombardierung Jugoslawiens oft auf Aufklärungsbilder verzichten, weil die Amerikaner ihre Aufnahmen nicht herausgaben. Den Deutschen fehlte zudem noch ei Tankflugzeug, mit dem die eigenen Aufklärungsflugzeuge über Jugoslawien hätte aufgetankt werden können. Die USA liehen keine Tankflugzeuge aus, die deutschen Generäl durften sich wie Verbündete zweiter Klasse fühlen.

Wäre ein deutscher Tornado über Jugoslawien abgestürzt oder abgeschossen worden hätte die Bundeswehr die Besatzung nicht retten können. Es fehlt an geeignete Hubschraubern, um die Mannschaften rauszuholen. Es fehlt eigentlich an allem: Die Transall-Flugzeuge für den Transport von Mannschaften und Material sind völlig veraltet Funkausrüstungen und Abwehrwaffen sind drittklassig. Der Rückstau bei den Investitione betrage 20 Milliarden Mark, gibt Scharping zu, der sich dennoch als Held von Prizre fühlen kann. Durch den in der deutschen Öffentlichkeit als erfolgreich geltende Militäreinsatz, der das nationale Selbstbewußtsein nicht unerheblich gestärkt habe dürfte, ist ihm bereits ein Teil des Weges ins Berliner Kanzleramt freigeschossen worden Denn genau dort will Scharping im nächsten Jahr hin, um den glücklosen Gerhard Schröde abzulösen – trotz aller Dementis. h
 
     
     
 
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