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Baden-Württemberg

 
     
 
Wie bei so vielem in der Bundesrepublik Deutschland sind auch beim Bundesland Baden-Württemberg die Wurzeln in der Politik der Besatzungsmächte zu suchen. So wie die West-Ost-Teilung des Territoriums der heutigen Bundesrepublik in die Westzonen einerseits und die Sowjetische Besatzungszone auf der anderen Seite die traditionelle deutsche Nord-Süd-Teilung entlang des "Weißwurst-äquators" in den (preußisch dominierten) Norden und den (österreichisch dominierten) Süden überlagerte, ließ auch die Aufteilung Südwestdeutschlands in den US-amerikanisch besetzten Norden und den französisch besetzten Süden die traditionelle West-Ost-Teilung dieses Raumes in das westliche Baden und das östliche Württemberg in den Hintergrund treten.

Ursprünglich hatten die US-Amerikaner den gesamten deutschen Südwesten sowohl besetzen als auch verwalten und in ihrer Besatzungspolitik die traditionelle Teilung in Baden und Württemberg berücksichtigen wollen. So war beispielsweise der US-Oberst William Dawson, der spätere Verwalter des US-amerikanisch besetzten Nordteils Südwestdeutschlands, in seiner Heimat und in England ab dem Jahre 1942 systematisch auf die Verwaltung ausschließlich Badens vorbereitet worden. Frankreichs erfolgreiches Streben nach einer eigenen Besatzungszone machte jedoch einen Strich durch die Rechnung. Wenn man nun schon der Grande Nation
einen Teil der Beute abgeben mußte, sollte es wenigstens ein Teil sein, dessen Verlust nicht allzusehr schmerzte, und so erhielt Deutschlands Nachbar im Westen den jeweils schwächer industrialisierten Süden von Baden und von Württemberg. Der stärker industrialisierte Norden mit dem verkehrstechnisch wertvollen Autobahnstück zwischen Karlsruhe und Ulm fiel in US-amerikanische Hand. Da den Amerikanern an einer effektiven Nutzung ihrer Besatzungsgebiete gelegen war, schlossen sie die in ihrem Machtgebiet liegenden Nordteile von Baden und Württemberg zu einem Land namens "Württemberg-Baden" zusammen.

Die Franzosen dachten historischer. Entsprechend dem Motto "divide et impera" ("teile und herrsche") verfolgten sie ihre traditionelle Politik, die Kleinstaaterei jenseits ihrer Grenze zu Deutschland zu fördern. Die einzige Veränderung, die sie vornahmen, war, daß sie das durch die Auflösung Preußens herrenlos werdende Hohenzollern mit ihrem Teil Württembergs zum Land Württemberg-Hohenzollern verbanden. Der Name "Baden" wiederum, den der von den Franzosen verwaltete südliche Teil des ehemaligen Großherzogtums und Freistaates erhielt, zeugte von dem Ziel, das gesamte Land in ihre Verfügungsgewalt zu bringen und damit die gesamte deutsch-französische Grenzregion zu beherrschen.

Im Gegensatz zu den wohlhabenden Vereinigten Staaten beutete die Französische Republik ihre Besatzungszone in einer Weise aus, die stellenweise sowjetische Ausmaße annahm. Die französischen Besatzer lebten aus dem Land. Sie zwangen die Bauern zur Ablieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, holzten ganze Wälder ab, demontierten in großem Umfang Industrieanlagen und entnahmen Güter aus der laufenden Produktion. Traditionell schon ärmer und dann auch noch durch die französische Besatzung zusätzlich geschlagen drängte sowohl der Süden Badens als auch jener Württembergs nach einer Vereinigung mit dem jeweils reicheren Nordteil.

Der Wunsch der Südbadener wurde von ihren Landsleuten im Norden jedoch nicht geteilt. Zu sehr schreckte die Vorstellung, bei einer Wiedervereinigung des Landes unter französische Besatzung zu geraten. Welche große Bedeutung dieses Argument hatte, zeigen die privaten Notizen des badischen Landesbezirkspräsidenten Heinrich Köhler. Im Sommer 1948 schrieb der einstmalige Verfechter einer badischen Wiedervereinigung unter der Überschrift "Mein Umfall": "Mir wie Schuppen von den Augen! Baden Figur in Rheinpolitik der Franzosen. Ganz Baden als französisches Protektorat und Grundlage für Marsch entlang den Rhein." Wenige Monate später notierte der Christdemokrat: "Bestreben der Franzosen auf ganz Baden - an Württemberg kein Interesse - und darüber hinaus alte Rhein-Bund-Politik. Folgen, hingesehen auf Erfahrungen Südbaden, verheerend. Partei wäre in Nordbaden erledigt. Rettung nur durch Anschluß an größeren Verband, der widerstandsfähiger als kleinste und kleine Länder. - Ist das Verrat? Nein, Rettung des Volkes."

Wie Köhler bereits feststellte, hatte Frankreich an Württemberg kein In- teresse, und so ließen sich die Nordschwaben im Gegensatz zu den Nordbadenern ganz von ihrem Gefühl der Verbundenheit mit ihren Landsleuten im Süden leiten. Es läßt sich also grob konstatieren, daß Südbaden die badische Wiedervereinigung wünschte, während Nordbaden die Verbindung mit Württemberg wollte, das seinerseits mit seinen beiden Teilen seine eigene Wiedervereinigung erstrebte und dem nordbadischen Wunsche nach einem gemeinsamen baden-württembergischen Staate wohlwollend gegenüberstand.

Angesichts der geschilderten Ausgangssituation schien der baden-württembergische Gesamtstaat nur eine Frage der Zeit zu sein. Am 24. August wurde in Karlsruhe ein Staatsvertrag zwischen den drei Ländern des deutschen Südwestens vereinbart. Der christdemokratische Staatspräsident (Süd-)Badens, Leo Wohleb, verweigerte jedoch die für den Vertragsabschluß nötige Unterschrift. Die Frage, welche Rolle die französische Besatzungsmacht bei der Weigerung des (süd-)badischen Staatsoberhauptes spielte, ist leider bisher ungeklärt. Die Vierte Republik hatte natürlich kein Interesse an einem durch die Vereinigung mit Württemberg vor ihrem Zugriff geschützten Baden.

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet. Dort heißt es in Artikel 118: "Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann (...) durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt, das eine Volksbefragung vorsehen muß."

Da der Versuch einer "Vereinbarung der beteiligten Länder" an der fehlenden Unterschrift des (süd-)badischen Staatschefs gescheitert war, wurde seitens der Befürworter des Südweststaates nun versucht, über die Bundesgesetzgebung die erwünschte Neugliederung zu erreichen. Zur Jahreswende von 1950 zu 1951 brachten die Bundestagsabgeordneten Kurt-Georg Kiesinger und Karl Gengler einen entsprechenden Gesetzentwurf ein. Der Entwurf sah als Abstimmungsverfahren den sogenannten Vier-Bezirke-Modus vor. Das heißt, daß in den vier Bezirken Nordbaden, Nordwürttemberg, Südwürttemberg-Hohenzollern und Südbaden einzeln abgestimmt und eine Mehrheit in mindestens drei der vier Abstimmungsbezirke als positives Gesamtvotum gewertet werden sollte. Diese Gesetzesvorlage fand bei der im April 1951 stattfindenden Abstimmung im Bundestag eine breite Mehrheit. Da ein solches Gesetz angesichts der geschilderten Konstellation in Nordbaden sowie Württemberg einen Südweststaat erwarten ließ, rief Wohleb das Bundesverfassungsgericht an. Dieses lehnte die badische Klage jedoch am 23. Oktober 1951 ab, und so kam es noch im selben Jahr, nämlich am 9. Dezember 1951, zu der im Gesetz vorgesehenen Abstimmung. Von den Abstimmungsteilnehmern votierten für den Zusammenschluß 93,5 Prozent in Nordwürttemberg, 91,4 Prozent in Südwürttemberg-Hohenzollern und 57,1 Prozent in Nordbaden. Damit war trotz der 62,2 Prozent in Südbaden für die Wiederherstellung der alten Länder die Entscheidung für Baden-Württemberg gefallen.

Ein Vierteljahr später wurde seine Verfassunggebende Landesversammlung gewählt. Selbige wählte auf ihrer konstituierenden Sitzung vom 25. April 1952 den langjährigen Regierungschef Württemberg-Badens, Reinhold Maier, zum ersten Ministerpräsidenten Baden-Württembergs. Frisch gewählt holte der Frei- demokrat seine Taschenuhr aus der Westentasche und verkündete vom Rednerpult der Versammlung: "Meine sehr verehrten Abgeordneten. Gemäß Paragraph 14, Absatz 2, Satz 2 wird hiermit der Zeitpunkt der Bildung der vorläufigen Regierung auf den gegenwärtigen Augenblick, nämlich auf Freitag, den 25. April 1952, zwölf Uhr 30 Minuten festgestellt. Mit dieser Erklärung sind gemäß Paragraph 11 des zweiten Neugliederungsgesetzes die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zu einem Bundesland vereinigt. Meine Frauen und Männer! Gott schütze das neue Bundesland."



Das Große Landeswappen: Im goldenen Schild lebt das Wappen des staufischen Herzogtums Schwaben fort. Es zeigt drei schreitende schwarze Löwen mit roten Zungen. Der goldene Schild wird von einem Hirsch und von dem Fabeltier Greif gestützt, die für Württemberg und Baden stehe
 
     
     
 
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