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Der fähigste Feldherr seiner Zeit

 
     
 
Am 10. Juni 1973 verstarb in Irschenhausen bei München Generalfeldmarschall Erich v. Lewinski, genannt v. Manstein. Von Manstein erhielt seinen Namen durch Adoption. Die Familie von Lewinski hatte den befreundeten von Mansteins - deren Ehe kinderlos geblieben war - ihren zehnten Sprößling an Kindes Statt übergeben. Während des Ersten Weltkrieges ausgezeichnet, wurde v. Manstein in die nur 100.000 Mann starke Reichswehr übernommen. Der Generaloberst
Werner Freiherr v. Fritsch holte den klugen und fleißigen Offizier in den Generalstab. Nach einer von Hermann Göring und Heinrich Himmler inszenierten Intrige gegen die Generäle v. Fritsch und Werner v. Blomberg wurde v. Manstein aus dem Generalstab entfernt. Er bekam in der "Provinz" das Kommando über die 18. Infanteriedivision (Breslau). So glaubten die Nationalsozialisten, diesen als politisch unzuverlässig geltenden, weil preußisch-monarchistisch eingestellten Mann aus dem Zentrum der Macht entfernt zu haben.

Zu Beginn des Polenfeldzuges forderte ihn der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Süd, Generaloberst Gerd v. Rundstedt, als Generalstabs-chef an - v. Manstein erhielt einen entsprechenden Versetzungsbefehl. Vor Beginn des Westfeldzuges arbeitete v. Manstein mit einem kleinen Stab den sogenannten Sichelschnitt-Plan aus. In seinem Kern wurde ein Vorstoß mit motorisierten Kräften durch die Ardennen gefordert. So sollten die in Nordbelgien und Holland aufmarschierten Briten und Franzosen eingekesselt werden. Dieser von der konservativ-orthodoxen Generalität abgelehnte Plan gelangte auch Adolf Hitler zur Kenntnis. Dieser überwand seine Abneigung gegen v. Manstein und bestellte ihn zum Vortrag. Das Ergebnis war die Umsetzung des vorgeschlagenen Planes. Nur so wurde der rasche Zusammenbruch der alliierten Armeen erreicht. Neider in der Generalität hatten jedoch inzwischen dafür gesorgt, daß v. Manstein erneut aus dem Generalstab entfernt und mit der Führung eines "langsamen" Infanteriekorps beauftragt worden war. Mit diesem Korps nahm v. Manstein am Westfeldzug teil. An den Planungen des Rußlandfeldzuges nahm er nicht teil. Die Ausführung des sogenannten Kommissarbefehls hatte er öffentlich verweigert. v. Manstein erhielt nunmehr ein "schnelles" Panzerkorps im Rahmen der Heeresgruppe Nord. Mit diesem Korps drang er angriffsweise innerhalb von nur vier Tagen 300 Kilometer Luftlinie bis Dünaburg vor. An heutigen Militärschulen wird dieser Vorstoß als beispielhaft gelehrt. Am 17. September 1941 übernahm v. Manstein die Führung der 11. Armee im Süden der Ostfront. Mit ihr eroberte er im Sommer 1942 die stärkste Festung der Welt, Sewastopol. Nach dem Beginn der sowjetischen Winteroffensive im November 1942 übergab Hitler ihm die Führung der Heeresgruppe Süd.

Früh hatte v. Manstein angemahnt, die 6. Armee aus Stalingrad ausbrechen zu lassen. Hitler verweigerte dies. Selbst als Weihnachten 1942 die Aussicht bestand, wenigstens die Masse der Soldaten ohne Material aus dem Kessel durch einen Ausbruch zu retten, verhinderte Hitler dies. Der Entsatzangriff, mit unzureichenden Kräften begonnen, mußte zu Weihnachten 1942 eingestellt werden, weil die Russen mittlerweile auch bei der 8. italienischen Armee durchgebrochen waren. Damit waren die Entsatzkräfte selbst gefährdet, eingekesselt zu werden. Auf Vokabeln wie "Bewegungsfreiheit" re-agierte Hitler stets allergisch. Dennoch gelang es v. Manstein, die deutsche Südfront wieder zu stabilisieren. Durch seine bewegliche Kampfführung konnte die Wehrmacht ab März sogar zur Gegenoffensive antreten und die Rote Armee wieder hinter den Donez zurück-werfen. Noch mehr aber zählte, daß diese Gegenoffensive die sowjetischen Reserven verbrauchte und ihnen insbesondere ihre schweren Waffen nahm. In der vierten Schlacht von Charkow verloren die Russen vier Armeen und die Stadt selbst. Für die Sowjets kam erschwerend hinzu, daß der russische Spionagering im sogenannten Führerhauptquartier laufend Falschmeldungen lieferte, weil im Frühjahr 1943 nicht Hitler, sondern v. Manstein die operativen Entscheidungen traf. Erst der einsetzende Frühjahrsschlamm beendete v. Man- steins Winteroffensive. Es blieb ein Frontbogen in der deutschen Südfront bei der Stadt Kursk.

Sobald es das Wetter zuließ, spätestens Mitte April, wollte v. Manstein diesen Frontbogen "abschneiden". Solange sich die Rote Armee infolge der deutschen Winteroffensive in der Position der Schwäche befand, sollte ein begrenzter Vorstoß gemacht werden. Doch es kam anders. Hitler, der mit der Stabilisierung der Fronten wieder selbst den Oberbefehl über den Südflügel der Ostfront übernommen hatte, ließ mehrfach den Angriffstermin verschieben, denn der neu entwickelte deutsche Panzertyp "Pan-ther" sollte in möglichst großer Stückzahl zur Verfügung stehen. Mansteins Mahnung, daß ausreichende Infanteriekräfte fehlen würden, blieb ungehört. Nachdem im April der günstige Zeitpunkt zur Offensive am Kursker Bogen verstrichen war, wollte er den zwischenzeitlich aufmarschierten Sowjets den "Vortritt" lassen, um nach ihrem Angriff mit gepanzerten Reserven zum Gegenangriff antreten und die Rote Armee schlagen zu können, doch Hitler entschied anders.

Am 5. Juli 1943 begann am Frontbogen beiderseits von Kursk die letzte große Offensive der Deutschen Wehrmacht. Generalfeldmarschall Walter Models 9. Armee, welche die Nordzange bildete, war wenig erfolgreich. Der unausgereifte "Panther" blieb häufig mit Motorschaden liegen. Der ebenfalls neu entwickelte Jagdpanzer "Ferdinand" hatte noch nicht einmal ein Maschinengewehr zur Abwehr der Infanterie. So wurde er zur leichten Beute beherzter Panzerjäger zu Fuß. Am 11. Juli begann im Rücken der 9. Armee im Raum Orel eine russische Offensive. Die deutschen Angriffsverbände waren bislang nur 18 Kilometer in die 40 Kilometer tiefen Stellungen der Sowjets vorgebrochen. Nun mußte hier der Angriff eingestellt werden.

So ruhten alle Hoffnungen hinsichtlich eines Gelingens der Offensive schließlich auf der Südzange, die aus der 4. Panzerarmee und der Armeeabteilung Kempf bestand. Unter schweren Verlusten konnte diese bis zum Dorf Prokorowka vordringen. Nicht nur die deutschen Verluste, auch die der Roten Armee waren schwer. Vor allem die neuen fliegenden Panzerjäger vom Typ "Henschel Hs 129" fügten den Sowjets ungeheure Verluste zu. So gelang es am 8. Juli dem Schlachtgeschwader Nr. 9 nur aus der Luft, den Aufmarsch des 2. russischen Garde-Panzerkorps aufzuhalten und 60 "T 34" abzuschießen. Im Gegensatz zum "Panther" bewährte sich der "Tiger" ausgezeichnet. Auf größerer und mittlerer Distanz war er für die sowjetische Abwehr nur schwer zu überwinden. Am 13. Juli zitierte Hitler die beiden Oberbefehlshaber der betroffenen Heeresgruppen, v. Manstein und Generalfeldmarschall Hans Günther v. Kluge, ins Führerhauptquartier. Er befahl den Abbruch der Schlacht, weil die Alliierten auf Sizilien gelandet waren. Es war genau das geschehen, was Hitlers Kritiker vorhergesagt hatten. v. Manstein war der Meinung, der Durchbruch sei nahe. Mittels eines bisher in Reserve gehaltenen Panzerkorps wollte er die Entscheidung erzwingen. Aber Hitler verlor die Nerven. Er war der Ansicht, daß nur "seine" SS-Divisionen in Italien die Wende herbeiführen könnten und befahl, die Schlacht abzubrechen, die er gegen den Rat der meisten Generäle begonnen hatte.

Das für die Wehrmacht Schlimmste war, daß der Angriff fast alle ihre Panzerreserven verbraucht hatte. Wie sehr die deutschen Panzerverbände angeschlagen waren, verdeutlichen folgende Zahlen. Die Angriffsverbände der Heeresgruppe Süd hatten am 30. Juni 1943 über 1.303 Panzerkampfwagen verfügt, und die Heeresgruppe Mitte im Bereich der 9. Armee über 552. Am Tage des Abbruchs der Schlacht hatten v. Mansteins Angriffsverbände noch 190 einsatzbereite Tanks und Models 9. Armee 192. Besonders stark waren die Eliteverbände betroffen, die im Zentrum der Kämpfe gestanden hatten. Die Panzergrenadierdivision "Großdeutschland", ein Verband des Heeres, der aus dem Wachregiment Berlin hervorgegangen war, war mit 163 Kampfwagen in die Schlacht gezogen. Am 15. Juli 1943 waren davon nur zwölf unversehrt geblieben. Die Panzerbrigade 10 mit ihren neuen "Panthern" hatte sogar sämtliche Panzer verloren. Nach dem Verlust fast aller Panzerkräfte auf deutscher Seite machten die Russen nun das, was Hitler v. Manstein verweigert hatte. Sie schlugen aus der Nachhand.

Die Flüsse Mius und Donez hatten sie bald überwunden. v. Manstein drängte Hitler dazu, den Südflügel der Ostfront bis zum Dnjepr zurückzunehmen. Hitler wollte zunächst nicht, dann jedoch erfolgte der Rückzug zu spät, so daß die Sowjets mit Leichtigkeit Brückenköpfe westlich des Flusses errichten konnten. Mit anderen Worten: Das Erbe von Kursk waren überall russische Angriffe.

Nunmehr ging es nur noch zurück. v. Manstein verhinderte allerdings, daß deutsche Verbände eingekesselt wurden. Wieder und wieder drängte er auf einen strategischen Rückzug. Dort, wo es doch zur Einschließung deutscher Verbände kam, setzte v. Manstein unverzüglich Entsatzvorstöße an. Charkow, Kanew, Kiew, Saporoschje, Nikopol und Kirowograd waren Beinahekatastrophen der Ostfront des Jahres 1943. Es gelang jedoch immer, die eigenen Kräfte rechtzeitig zurückzuziehen. Im Januar 1944 kam es dann ganz dick: Bei Tscherkassy kesselte die Rote Armee die Masse der 8. deutschen Armee ein. Im Laufe des Februars gelang es einer deutschen Entsatzgruppe, eine Verbindung freizukämpfen. Von 56.000 Mann gelang es 35.000, die deutschen Linien zu erreichen.

Schon wenig später, im März 1944, konnte die Rote Armee die 1. Panzerarmee bei Kamenz- Podolzk einschließen. Waren es bei Tscherkassy noch zwei Armeekorps gewesen, so saßen diesmal vier Korps, darunter zwei Panzerkorps, in der Falle, alles in allem 22 Divisionen. v. Manstein forderte den Ausbruch aus dem Kessel und die Zuführung von Verstärkung aus Frankreich. Hitlers Rezept: "Wiederherstellung" der Lage mit den vorhandenen Kräften. In einer drama-tischen Konferenz auf dem Obersalzberg rang v. Manstein mit Hitler um die Durchsetzung seines Planes. Schließlich fügte sich Hitler dem unbequemen Mahner. Aus Frankreich wurden Panzerdivisionen herangeführt, und die 1. Panzerarmee brach westwärts aus ihrem Kessel aus. Hitler entließ v. Manstein zum "Dank". Die Zeit des Operierens sei vorbei, er brauche jetzt nur noch "Steher". Mit v. Manstein wurde auch gleich noch der Generalfeldmarschall Ewald v. Kleist "verabschiedet". Ihnen folgten die nach Hitlers Ansicht guten Nationalsozialisten Model und Generalfeldmarschall Ferdinand Schörner.

Nur drei Monate später sollten die Sowjets die Heeresgruppe Mitte mit nicht weniger als vier Armeen zerschlagen. Hitlers neue Heerführer hatten versprochen, die Stellungen zu halten, statt sie rechtzeitig zurückzunehmen. Im Herbst 1944 wird die neue 6. Armee bei Krischinev im heutigen Moldavien eingekesselt und vernichtet. Wie bei Stalingrad waren es Frontabschnitte, die von Rumänen gehalten wurden, bei denen der russische Angriff erfolgte. Wieder hatte es die deutsche Führung versäumt, hinter diesen Truppen gepanzerte Reserven bereitzustellen. Es war das Rezept von Stalingrad. Die Ostfront war nun ein Trümmerhaufen. In der Folge des Zusammenbruches standen die sowjetischen Truppen nun in Ostdeutschland und Ungarn. Wie hatte Hitler gesagt: "Die Zeit des Operierens ist vorbei, ich brauche nur noch Steher."

Nach Kriegsende betrieben die Russen einen Kriegsverbrecherprozeß gegen v. Manstein. Das war selbst dem gewiß nicht übermäßig deutschfreundlichen britischen Premierminister Winston Churchill zuviel. Da der Prozeß nicht zu vermeiden war, sammelte er selbst Geld, um damit einen erstklassigen britischen Anwalt zu bezahlen. Nach der Gründung der Bundesrepublik unterstützte v. Manstein auf dessen Wunsch hin Bundeskanzler Konrad Adenauer bei der Wiederbewaffnung mit Rat und Tat. Auf seine außerordentliche Feldherrnkunst wollte auch der neue Staat nicht verzichten.


Erich v. Manstein: In Berlin kam der Preuße am 24. November 1887 zur Welt
 
     
     
 
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