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Deutsche Geschichte - geschrieben in Ortelsburg

 
     
 
Im Jahre 1806 erlebte das Königreich Preußen die bis dahin schwärzesten Stunden seiner Geschichte. Auf den Schlachtfeldern bei Jena und Auerstedt erlitt seine Armee am 14. Oktober 1806 gegen die Franzosen verheerende Niederlagen. Die geschlagenen Truppen lösten sich bei der Verfolgung durch den Gegner weitgehend auf, viele Festungen ergaben sich unrühmlich.

Schon elf Tage später war Berlin in der Hand der napoleon
ischen Truppen. Regierung und Königshof wichen nach Ostdeutschland aus. Dort standen noch wenige einsatzbereite Regimenter, und dorthin zogen sich ebenfalls die Trümmer des zerschlagenen Heeres zurück.

Auf diesem Rückzug residierte der preußische König, weil er unbedingt in der Nähe der kämpfenden Truppe bleiben wollte, vorübergehend in Ortelsburg. Für die Ortelsburger und die Bewohner der Umgebung waren das sicher unerhörte und aufregende Zeiten. Wohl nur wenige hatten vorher das Königspaar gesehen, jetzt war es plötzlich mit den wichtigsten Leuten des Staates täglich mitten unter ihnen.

Dabei muß man bedenken, daß Ortelsburg zwar eine Stadt, aber auch nach damaligen Begriffen von sehr bescheidenen Ausmaßen war. Es zählte keine 150 Wohnhäuser und nur wenig über eintausend Einwohner. Viele Gebäude waren noch strohgedeckt. Später sollte die Luisenstraße an den Aufenthalt der unvergessenen preußischen Königin erinnern, dazu eine Gedenktafel an dem Haus, in dem sie gewohnt hatte.

Aber diese Tage in Ortelsburg hatten nicht nur Bedeutung für unsere persönlichen Vorfahren, sie hatten Bedeutung für den gesamten preußischen Staat und darüber hinaus für die deutsche und die europäische Geschichte. Mitten in Rückzug und Chaos begann das, was später als preußisches Reformwerk in die Geschichtsbücher eingehen sollte und den Wiederaufstieg Preußens markierte. Und dieser Aufstieg Preußens war letztlich Voraussetzung für die spätere Schaffung eines deutschen Nationalstaates.

Am 1. Dezember 1806 erschien mit der Unterschrift des Königs Friedrich Wilhelm III. das "Ortelsburger Publicandum", oder - wie es vollständig heißt - "Publicandum wegen Abstellung verschiedener Mißstände bei der Armee". Es legte die Grundlage für die militärische Reorganisation der Streitkräfte durch Bestrafung der Hauptschuldigen an der Katastrophe und durch Anweisungen für die Erhaltung der Disziplin und Ordnung. Damit sollte zunächst das militärische Überleben gesichert werden.

Das "Ortelsburger Publicandum" zeichnete aber gleichzeitig mit völlig neuen Bestimmungen für die Beförderung zum Offizier, für die Witwenversorgung und für das Verbot, in der feindlichen Armee zu dienen, den künftigen Weg der Reformen vor.

Deshalb war es weit mehr als das verzweifelte Aufbäumen gegen den Untergang einer ruhmreichen Armee und hatte nicht nur Bedeutung für das Heer. Es beschritt vielmehr, wenn auch zunächst sehr bescheiden, den Weg zu einem neuen Staat. Beförderung zum Offizier nicht nach Stand, sondern nach Verdienst und Witwenversorgung war ein wichtiger Einstieg zur Überwindung des Ständestaates. Verbot des Dienstes in der feindlichen Armee war ein Schritt zur Schaffung eines echten Nationalstaates.

In Ortelsburg wurde 1806 deutsche Geschichte geschrieben, auch wenn das den Ortelsburger Bürgern damals kaum bewußt geworden sein dürfte. Nie zuvor und danach sollte der Name der Stadt mit einem derart wichtigen Ereignis in Verbindung stehen. Dietrich Lenski

Königshof war vor Napoleon nach Ostdeutschland geflüchtet

Blick auf Ortelsburg (um 1930): 1806 war für die Ortelsburger ein geschichtsträchtiges Jahr. Damals beherbergte das kleine Städtchen den preußischen König.
 
     
     
 
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