A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Deutsche Wirtschaft hat ökonomische Impulse

 
     
 
Seit vier Jahren gibt es in Königsberg eine Außenstelle der Handelskammer Hamburg. Für die Wirtschaft im Königsberger Gebiet kommt dieser Einrichtung eine besondere Bedeutung zu, denn sie berät deutsche Firmen über die Möglichkeiten eines unternehmerischen Engagements im nördlichen Ostdeutschland
. Jetzt steht zudem die schon vor längerer Zeit angekündigte Eröffnung eines Büros der deutschen Wirtschaft in Königsberg bevor, wodurch die Aktivitäten deutscher Firmen intensiviert werden können. Unser Mitarbeiter in Ostdeutschland, Wolfgang Weber, hatte Gelegenheit, sich über die Arbeit dieser Institutionen zu informieren und ein Interview mit dem Leiter der Außenstelle Königsberg der Hamburger Handelskammer, Stephan Stein, zu führen.

Anläßlich des Monatstreffens des deutschen Wirtschaftskreises in Königsberg gab der Organisator dieses Treffens, der Leiter der Außenstelle der Hamburger Handelskammer, Stephan Stein, bekannt, daß die schon lange angekündigte Eröffnung des Büros der deutschen Wirtschaft in Königsberg nun bald stattfinden wird. In Anwesenheit des deutschen Botschafters in Moskau, Jörg von Studnitz, dem Industriellen und Sprecher des Deutschen Industrie- und Handelstages, Otto Wolff von Amerongen, Vertretern des deutschen Außenministeriums und des deutschen Wirtschaftsministeriums und vielen Firmenvertretern soll am 14. April 1998 die feierliche Eröffnung dieses Büros in Königsberg stattfinden. Die Eröffnungsfeier selbst wird in den Räumen des Deutsch-Russischen Hauses in Königsberg zelebriert werden.

Vor mehr als 40 Gästen beim Monatstreffen der deutschen Wirtschaft in Königsberg, diesmal in den Räumen des Russisch-Deutschen Bildungs- und Servicezentrums, geleitet von Dr. Bernd Stobbe, begrüßte Herr Stein insbesondere auch den diesmaligen Referenten, den Leiter der Königsberger Handelskammer, Herrn Zakow, der an diesem Abend die anwesenden deutschen Firmenvertreter über die Dienstleistungen der russischen Handelskammer informierte. Weitaus wichtiger aber erschien den anwesenden Geschäftsleuten die anschließenden Gespräche, denn meist haben die deutschen Geschäftsleute nur beim Monatstreffen in Königsberg die Gelegenheit, sich in persönlichen Gesprächen auszutauschen. Vorherrschendes Thema war vor allem der ständige Ärger mit dem russischen Zoll. So liegen zur Zeit, dies sei nur beispielsweise genannt, 17 Container mit Rohalkohol aus Deutschland im Königsberger Hafen fest, weil der Zoll sie zunächst beschlagnahmt hat. Die Folge ist, daß der russische Unternehmer in Königsberg seine Arbeitskräfte nicht beschäftigen kann, der deutsche Verkäufer nicht über die Kaufsumme, es handelt sich hier immerhin um einen Betrag von etwas mehr als 500 000 US-Dollar, verfügen kann und einige Spediteure zur Zeit ihre Tankcontainer nicht anderweitig einsetzen können.

Seit mittlerweile vier Jahren gibt es schon die Außenstelle der Handelskammer Hamburg in Königsberg. Seit einiger Zeit befindet sich die Geschäftsstelle in neuen Räumen im ehemaligen Nordbahnhof, am heutigen Siegesplatz. Über die Aufgaben dieser Außenstelle und über die Investitionen der deutschen Wirtschaft in Königsberg sprach unser Mitarbeiter Wolfgang Weber mit dem Leiter der Außenstelle St. Petersburg und Königsberg, Herrn Stephan Stein.

Herr Stein, warum gibt es eine Vertretung der Hamburger Handelskammer in Königsberg?

Ursprünglich hat diese Außenvertretung der Hamburger Wirtschaft wohl mehr den Sinn gehabt, auf den Spuren der alten Hanse zu wandeln. Dieses Büro hat dann an Bedeutung gewonnen, dadurch, daß wir es als Außenstelle der Delegation der deutschen Wirtschaft eingerichtet haben. Ich habe daher hier gleich zwei Arbeitgeber, zum einen den Deutschen Industrie- und Handelstag und zum anderen die Hamburger Handelskammer.

Offiziell wird aber das Büro der Delegation der deutschen Wirtschaft doch erst im April eröffnet.

Das ist richtig. Der Grund hierfür ist, daß zu dieser Eröffnung die Genehmigung der russischen Regierung erforderlich war, und diese liegt nun seit November des vergangenen Jahres vor. Wir werden daher offiziell am 14. April 1998 eröffnen.

Werden Sie dann hier auch personell und büromäßig aufstocken, und welche Ziele werden mit dieser Eröffnung verfolgt?

Nun, aus der Erfahrung heraus war es in der Vergangenheit so, daß wir nicht nur Hamburger Firmen vertreten bzw. beraten haben. Es kamen aus der ganzen Bundesrepublik Firmen hierher und haben sich hier erkundigt, was man hier in Königsberg machen kann. Daher ergab sich auch die Logik, daß man dies nicht nur für die Hamburger Wirtschaft hier machen sollte, sondern daß man das für die gesamte deutsche Wirtschaft abdeckt. Da die Firmen in Deutschland ja Pflichtmitglieder der Handelskammern sind, wird nun der Dachverband aller Handelskammern, nämlich der Deutsche Industrie- und Handelstag, diese Aufgabe hier übernehmen. Eine personelle Aufstockung ist im Moment noch nicht vorgesehen.

Stichwort Deutsche Wirtschaft in Königsberg. Teilen Sie die Auffassung eines Ihrer Kollegen, der einen namhaften deutschen Wirtschaftsverband vertritt, daß die deutsche Wirtschaft hier viel zu wenig tut, zu wenig investiert, weil sie vor allem nicht flexibel und auch nicht risikobereit ist und daß die ausländische Konkurrenz, vor allem auch aus den nordischen Ländern, hier viel schneller und stärker präsent ist?

Lassen Sie mich zunächst sagen, daß wir nach Polen, Litauen und Weißrußland zumindest an vierter Stelle stehen, was die Wirtschaftsbeziehungen angeht. Vor allem im Handel sind wir, was die Beziehungen zum Königsberger Gebiet angeht, doch sehr stark. Was die Investitionen angeht, da muß ich bedauerlicherweise zustimmen. Aber es ist natürlich leicht, wie der von Ihnen zitierte Verbandsvertreter es gesagt hat, über das Geld anderer Leute zu reden, denn wer sein eigenes Geld hier riskiert, der schaut doch erst einmal genau hin. Im Moment sehe ich allerdings keine großen deutschen Investitionen, aber auch keine aus anderen westlichen Staaten im hiesigen Gebiet. Es waren zum Teil schon größere Investitionen hier geplant, die aus den unterschiedlichsten Gründen wieder abgesagt wurden. Es gibt aber auch Beispiele erfolgreicher deutscher Investitionen. Dänen und Schweden machen zwar hier sehr viel Wirbel, aber ich kann noch nicht erkennen, daß hier große Investitionen aus diesen Ländern vorgenommen werden.

Stimmen Sie der Aussage zu, daß die mangelnde deutsche Investitionsbereitschaft im hiesigen Gebiet vor allem auch auf die negative Berichterstattung, besonders in der deutschen Wirtschaftspresse, zurückzuführen ist?

Ja, dem stimme ich voll zu. Das Bild, was in der deutschen Presse über Rußland gezeichnet wird, entspricht nicht der Realität.

Was raten Sie dem deutschen Unternehmer, der hier investieren will?

Zuerst muß man wissen, welche Firmenpolitik es hier gibt. Man muß den Status der Sonderwirtschaftszone Königsberg ausnutzen, um billiger in Rußland verkaufen zu können. Ich muß auf jeden Fall raten, sich mit den russischen Gesetzen, Geschäftsgewohnheiten und auch der Mentalität hier vorab vertraut zu machen. Mit den Spielregeln, die man aus Deutschland kennt, kann man in Rußland keine Geschäfte machen. Desweiteren würde ich sagen, daß man mit Vorsicht und Bedacht ein wenig riskieren kann, wenn man denn das Vorangesagte berücksichtigt.

Wo sehen Sie die wirtschaftlichen Schwerpunkte der Region?

Nicht im Handel, der geht mehr ans uns hier vorbei, der läuft halt mehr über Polen und Litauen, selbst sogar Finnland. Ich denke, Königsberg hat nur eine Chance als Produktionsstandort. Man sollte die Möglichkeiten der Sonderwirtschaftszone (entspricht den deutschen Zollfreihandelszonen) nutzen und hier Waren zollfrei einführen, die weiterverarbeitet werden können, um sie dann nach Rußland einzuführen. Dies hat bei bestimmten Produktionen doch erhebliche Vorteile.

Wie sehen sie die Perspektiven des Königsberger Gebietes?

Das ist schwierig, es hängt in erster Linie von den Russen ab. So wie die Königsberger Gebietsadministration es sieht, wie sie die Bedingungen verändert, das wird schon dazu führen, daß mehr hierher kommen, um zu investieren. Das Problem für Königsberg wird mit Sicherheit sein, daß es umringt wird von Staaten, die der EU angehören. Damit ist das Königsberger Gebiet total isoliert. Wünschenswert, dies als allgemeinpolitische Aussage von mir, wäre, daß man Königsberg nicht vergißt, denn es nutzt, glaube ich, nichts, daß man sozusagen im Hinterhof der EU ein soziales und militärisches Problem gleichzeitig hat.

Herr Stein, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Zu Gast bei Luther

Große Krisen und große Pläne

Der klagende Dritte

 
 
Erhalten:
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv