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Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt: An der Anbiederung erstickt

 
     
 
Journalisten kommen nicht in den Himmel". Mit dieser überraschenden Weisheit wartet
jüngst die Hamburger Bischöfin, Maria Jepsen, auf. Dabei meinte sie wohl kaum die Kollegen vom "Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt" (DS). Diese traditionsreich evangelische Hamburger Wochenzeitung, die der Bischöfin politisch gewiß nicht fer steht, wird eingestellt. Das hat jetzt die Synode der Evangelischen Kirche (EKD) in Leipzig beschlossen. Ein Wink des Himmels? Vielleicht. Ob die evangelische Kirche
diese Zeichen allerdings auch zu deuten vermag, erscheint mehr als fraglich.

Seit Jahrzehnten bereits sinkt die Auflage kontinuierlich. Zuletzt wollten noch gerad einmal 15 000 Leser die Wochenzeitung abonnieren. Das "Flaggschiff" de protestantischen Presse ("Berliner Morgenpost") ist auf Grund gelaufen, un keiner verspürt so recht Lust, es wieder flott zu machen. Ein Rettungsentwurf de DS-Chefredakteurs Arnd Brummer (FDP) und seiner Redaktion wurde Mitte November von de evangelischen Synodalen in Leipzig unter Vorbehalt angenommen. Brummer schwebt ein bunte Monatsmagazin vor, das "auch kirchenferne Leser ansprechen" soll. Wahrscheinlic vor allem die.

"Credo" soll es heißen, dieses neue bunte Monatsmagazin, zu deutsch "ich glaube". Böse Zungen sprechen bereits von einer "Zeitschrift, die die Welt nicht braucht". Denn Publikationen für den kirchenfernen Leser gibt es bereit wie Sand am Meer. Auf solche Eulen hat man in Athen nicht gerade gewartet. Der größt Anteilseigner des DS-Verlags ist bereits seit Ende 1992 zu 50 Prozent die kirchenferne linksliberale "Süddeutsche Zeitung" (SZ). Und mit der SZ soll das Heftche "Credo" auch einmal im Monat als Beilage ausgeliefert werden. Das sol frühestens im Frühjahr 2000 Wirklichkeit werden. Bis dahin wird die DS noch weite produziert.

Die Evangelische Kirche, auch das beschloß die Leipziger EKD-Synode, schießt künfti jährlich nur noch 4,5 Millionen Mark zu, die Hälfte der bisherigen 9 Millionen Voraussetzung für die Zahlung, so die Synodale Ruth Leuze: Der Rat erwarte ein Mindestauflage von einer Million und die Beilage in einer Zeitung, die "in eine geographisch ausgewogenen Weise" überregional "verteilt" werden solle Außer der dafür vorgesehenen "Süddeutschen Zeitung", deren Verbreitungsgebie sich aber schwerpunktmäßig auf Bayern erstrecke, müsse also noch eine zweite Zeitun gefunden werden.

Schon allein diese Vorgabe der Synodalen, einer Zeitung mit einer bezahlte Abonnements-Auflage von 15 000 Stück eine solche Auflagensteigerung anzubefehlen, zeug entweder von dem Gottvertrauen, das Wunder der biblischen Brotvermehrung noch einma publizistisch zu wiederholen oder von einer gehörigen Portion Chuzpe.

Ein professioneller Werbefachmann würde sich in dieser Situation vermutlich fragen wie man das "Produkt" und die Botschaft wieder so attraktiv gestalten könnte daß erneut mehr Menschen diese Kirche und damit auch ihr Presseorgan attraktiv finden Nicht so die EKD und ihr "Sonntagsblatt". Denn einstweilen macht man sich kau Gedanken, wie man denn die kurzfristig noch fehlenden 985 000 Abonnente hinzugewinnen könnte, sondern es geht ans Sparen. Erste Konsequenzen sind schon sichtbar Das "Sonntagsblatt" ist mit sofortiger Wirkung aus der Villa im noblen Hamburge Mittelweg ausgezogen und sitzt nun in der weit weniger komfortablen Fruchtallee in Hamburg-Eimsbüttel. Das ist im Prinzip eine richtige Entscheidung. Doch da Lösungskonzept der EKD für ihre Probleme scheint immer das gleiche, egal ob es sich u Zeitungen handelt oder um ihre Kirche selbst. In Zeiten zurückgehender Mitglieder- bzw Leserzahlen fragt man sich nicht: Wie können wir es anstellen, daß es wieder meh werden? Statt dessen reagiert man wie ein denkfauler Beamter: Wo können wi zusammenlegen, wo einsparen, wo verkleinern? Das ist nicht mehr die Kirche, die ausgezoge ist, die Welt zu lehren. Sie ist selber Welt geworden und kann dieser Welt daher nicht mehr bieten. Es ist oft genug eine kleinmütige und doch unbelehrbare Institution, die sich im tiefsten Inneren selbst gar nicht mehr für attraktiv genug hält, als daß ma damit rechnet, daß Suchende sich an sie wenden.

Die Analyse ist nicht neu, doch niemand in der evangelischen Kirche will sie hören Man lebt zu gut mit den vielen Posten und Pöstchen. Manche sagen unter der Hand "Na, für mich wird’s noch bis zur Rente reichen. Solange bin ich noch Diakon Pfarrer, Propst, Bischof, Redakteur. Solange kommen wir hier noch mit Sozialarbeit ohn Heiligen Geist hin, machen ein bißchen auf Dritte Welt, Nicaragua, Aids-Hilfe Street-Work. Lieber organisatorisch etwas zurückstecken – ein paar Kirche verkaufen, ein paar Zeitungen einstellen oder zusammenschließen, als die alten Ideale de 68er aufgeben."

So geschehen erst kürzlich wieder bei den evangelischen Monatszeitschrifte "Evangelische Kommentare", "Die Zeichen der Zeit – Lutherisch Monatshefte" und der "Reformierten Kirchenzeitung", die sich nunmehr, d alle defizitär, politisch und religiös korrekt und an den Bedürfnissen der Gläubige vorbeiproduzierend, alle zusammenschließen müssen. Hat man sich Gedanken gemacht, wie e kommt, daß immer weniger Leute diesen politisch korrekten Einheitsbrei lesen wollen Offenbar nicht. Und so wird eben weitergewurstelt.

Viele Mitglieder, nicht nur der Nordelbischen Kirche, in deren Bistum da "Sonntagsblatt" seinen Sitz hat, sind ehrlich an ihrer Kirche verzweifelt. S trat vor wenigen Wochen der frühere Bundesfinanzminister und Bundesverteidigungsministe Hans Apel (SPD) zusammen mit seiner Frau (beide lernten sich in der evangelische Jugendarbeit kennen) aus der Kirche aus. Ein Alarmsignal, wie viele Nachdenkliche finden.

Doch seit Jahren weigert sich die evangelische Kirche beharrlich, ihre Lage zu analysieren oder gar die Konsequenzen aus einer solchen Analyse zu ziehen. Die hessisch Synodale Jutta Roitsch-Wittkowsky monierte denn auch auf der Leipziger Synode: "Ein Ursachenforschung für den steilen Fall des Blattes in den 90er Jahren unterbleibt." Wie wahr.

Dabei gibt es durchaus Erfolgsgeschichten in der evangelischen Publizistik. Zu ihne gehört etwa die Nachrichtenagentur idea (Informationsdienst der Evangelischen Allianz) in Wetzlar, die auch ein gut gemachtes wöchentlich erscheinendes Monatsmagazin mit eine ständig steigenden Auflage herausgibt. Diese hat schon seit Jahren die ebenfalls star kirchengeldgestützte, offizielle Nachrichtenagentur, den Evangelischen Pressediens (epd), um Längen überholt. Evangelische Freikirchen sehen beispielsweise keinen Grund über Mitgliedermangel zu klagen. Sie gehören zu den am schnellsten wachsende religiösen Gemeinschaften in Deutschland. Warum ist das so? Hat die EKD vielleich Interesse, aus diesen Erfahrungen zu lernen? Keineswegs!

Dabei machen es die "Evangelikalen" oder die evangelische Bekenntnisbewegun seit langem vor: Nachdem sie systematisch vom links-progressiven Flügel ausgegrenz wurden, haben sie inzwischen ihre "Parallelstrukturen" aufgebaut. Auch ein bekenntnistreue evangelische Zeitschrift wie "Idea-Spektrum" ist heute weitau verbreiteter und erfolgreicher als entsprechende "amtskirchliche" Organe. Fü sie ist klar: Nicht aus politisierter Sozialarbeit wird der Kirche neue Kraft erwachsen sondern aus einem Geist der Strenge, der sich auf die eigenen Grundlagen des Glauben besinnt und der nicht jedem Zeitgeist hinterherhechelt
Diese Lehren glaubten die Macher des "Sonntagsblatts" über Jahrzehnte in de Wind schlagen zu dürfen. Sie werden dafür auch in Zukunft ihre Quittung erhalten
Denn trotz allem werden sie wohl weiter ihren "progressiven" Kurs fahren – Und wenn sie demnächst nicht gestorben sind, dann haben sie es wahrscheinlich nu einer neuen Geldspritze der EKD zu verdanken.


 
     
     
 
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