A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Die Elf könnte das Regime sprengen

 
     
 
Ohne große Schlagzeilen wie im Frühling 1997 zu machen, kommt die Affäre um den Bau einer Raffinerie im mitteldeutschen Chemiezentrum Leuna durch den Konzern Elf-Aquitaine mit freundlicher Regelmäßigkeit auf die Titelseiten der französischen Presse zurück. Jetzt war aus der seriösen regierungsfreundlichen "Le Monde" zu erfahren, daß die EU-Kommission vom Petrochemiekonzern "Elf" die Zurückerstattung von mehreren hundert Millionen Mark verlangen könnte. 1993 hatte die Kommission eine Hilfe von 1,455 Milliarden
DM bewilligt, was damals einer Investition von 32 Prozent entsprach. Das Vorhaben wurde von "Elf" auf 4,9 Milliarden DM veranschlagt, obwohl nach den gegenwärtigen Berechnungen von Brüssel die Kosten der Raffinerie nur rund 2,7 Milliarden DM betrugen.

Nach Angaben der EU-Korrespondenten der "Le Monde" war jüngst Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine in Brüssel, um die ganze Sache mit dem Wettbewerbskommissar Karel van Miert zu erörtern. Oskar Lafontaine habe versprochen, die Frage der deutschen Verantwortlichen in jenem Fall unverzüglich zu klären. In der Umgebung van Mierts beklagte man den Mangel an Kooperationswilligkeit seitens der deutschen Behörden.

Die EU-Kommission hatte nämlich Ermittlungen eingeleitet, nachdem die französische Untersuchung über die Geschäftsführung von "Elf" zwischen 1989 und 1993 bezeugt hatte, daß das Leuna-Vorhaben, welches 1992 zwischen François Mitterrand und Helmut Kohl beschlossen wurde, das Zahlen von Geheimprovisionen in Höhe von 300 Millionen DM eingeschlossen habe. Die Raffinerie wird derzeit vom Konsortium TLT, d. h. Thyssen, Lurgi und der französischen Gruppe Technip, aufgebaut. Nach Ansicht des Korrespondenten von "Le Monde" sei die Geschäftsleitung des Erdölkonzerns darüber informiert, daß die von der Raffinerie bezifferten Kosten 2,7 Milliarden statt der an das Konsortium TLT bezahlten Summe von 3,5 Milliarden DM betrugen.

Vermutlich stehen die Ermittlungen zur Sache "Leuna" nur erst an ihrem Anfang. Nach Presseberichten verdächtigen die Richterinnen Joly und Vichnievsky die damalige Leitung von "Elf", daß sie ihre dubiosen Praktiken mittels einer Deckfirma aus Liechtenstein vollzogen habe. Die Affäre um Ex-Außenminister Roland Dumas und seine Freundin Christine Deviers-Joncour und die Affäre um den Bau der Raffinerie in Leuna träfen sich in Tarnfirmen, welche seinerzeit in die "Stiftung Strub" eingeflossen seien. Hauptkontrahent der ganzen Affäre sei die Nummer zwei von Elf-Aquitaine, die zur Zeit weltweit durch Interpol gesucht wird: Alfred Sirven. Interessanterweise erklärte gerade Frau Deviers-Joncour dem Volksblatt "Le Parisien Libéré", Sirven hätte über einen Bestechungsfond in Höhe von vier Milliarden Francs (umgerechnet 1,2 Milliarden DM) verfügt, so daß etwa dreihundert Persönlichkeiten aus der schiefen Welt der Presse, des Beamtentums, der Politik und der Gesellschaft zur Rechenschaft gezogen werden könnten, was, da man die Mechanismen des Verschweigens längst kennt, natürlich sehr unwahrscheinlich scheint.

Bei der Treuhandgesellschaft Strub AG, die von dem Geschäftsmann Werner Strub geleitet wurde, habe man jedenfalls die nachfolgenden Reizthemen erwähnt: die Schmiergelder von Leuna, die Fregatten von Taiwan, den Vertrag über den Verkauf von Hubschraubern und die nennenswerten Provisionen an Frau Deviers-Joncour. Zur Sache "Leuna" wurde eine Provision von 256 Millionen Francs ausgezahlt, ohne daß die Berichtsverfahrensbehörden bisher aufklären konnten (oder wollten), wohin die Geldsummen gekommen seien. Genannt in diesem Zusammenhang wird ein deutscher Geschäftsmann, der maßgeblich an den Schnüren des Geschäfts "Leuna" gezogen hatte und dessen Firma Delta International am Sitz der Strub AG ansässig war.

Es bleibt nun abzuwarten, ob der Hauptkontrahent jener kriminellen Affäre, Alfred Sirven, der vermeintlich die Fäden zog, wieder erscheinen wird. Auf jeden Fall erklärte Frau Deviers-Joncour, die Verstrickungen von "Elf" könnten das französische Regime sprengen.

 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Rätselhafte Neigung

Liebe zum eigenen Land ausgetrieben

Afscharen

 
 
Erhalten:
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv