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Die Epoche des Faschismus

 
     
 
Der vorliegende Band, die aktualisierte und erweiterte Neuausgabe eines zuerst 1965 erschienenen Buches des Fachmanns der deutschen Faschismusforschung Ernst Nolte zeigt, wie weit die "Historisierung" dieser Epoche vorangekommen ist. Aus der "Urkatastrophe" des 20. Jahrhunderts, dem Ersten Weltkrieg, erwachsen, gewannen die faschistische
n Bewegungen ihre Schubkraft durch die vom Krieg ausgelöste tiefe ökonomische und geistig-kulturelle Krise des alten Kontinents, Protestbewegungen vor allem der gefährdeten und zunehmend politisierten Mittel- und Kleinbürgerschichten, die von den entsprechenden Parolen und Ideen angesprochen wurden: Antikapitalismus, Antibolschewismus und Marxismus, Antisemitismus und schließlich ein sozial-darwinistischer Rassismus, ein revolutionäres Gebräu, das schließlich durch den rassenimperialistisch geprägten Kriegswillen Hitlers in die zweite europäische Katastrophe führte.

Nolte läßt in den zwölf Kapiteln des Buches ein Gesamtbild des Faschismus und seiner Epoche Gestalt gewinnen: Erster Weltkrieg, bolschewistische Revolution und Versailler Vertrag; Entstehung und Aufstieg der beiden Bewegungen in Italien und dann, mit zehnjähriger Verzögerung, in Deutschland, die "Ära der Achse" und der "unerwartete Großkrieg" ab 1935 bis zum Untergang. Die Faschismen erweisen sich als gesamteuropäisches Phänomen von Norwegen bis Spanien und nicht zuletzt im besonders krisengeschüttelten Ostmitteleuropa von Finnland über das Baltikum bis Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Griechenland, selbst in den "alten Demokratien" Englands, Frankreichs, der Schweiz, Belgiens und der Niederlande, wo sie freilich stets Minderheiten blieben.

Der verallgemeinerte Begriff des Faschismus könnte den Einwand hervorrufen, daß auch Nolte den Faschismusbegriff übernehme, der bis heute in der tagespolitischen Auseinandersetzung wirksam ist und aus der Quelle des Sowjetkommunismus und seiner "antifaschistischen" Propagandastrategie seit den zwanziger Jahren stammt. Nolte argumentiert jedoch nicht marxistisch-politökonomisch, wonach der Faschismus aus dem Wurzelgrund des Monopolkapitalismus hervorgeht, sondern phänomenologisch und ideengeschichtlich, indem er überall ähnliche soziale und nationale Protestimpulse aufwies. Dabei soll der Sammelbegriff die einzelnen nationalen Ausprägungen nicht verwischen, wie sie schon zwischen Italien und Deutschland galten, ebenso wie etwa zwischen dem Nationalsozialismus Quislings in Norwegen und der Falange im lateinisch geprägten Spanien oder zwischen der Protestbewegung im bäuerlich geprägten Finnland um 1930 und etwa dem christlich-orthodoxen Antisemitismus der Legion des Erzengels Michael (Eiserne Garde) in Rumänien.

Insgesamt wird man Ernst Noltes neuen Band mit seiner überlegten Auswahl an Bildern und Dokumenten und seiner differenzierenden Interpretation als abgewogene und nützliche Einführung in diese europäische Epochenerscheinung der Zwischenkriegszeit verstehen und empfehlen können, gerade auch für die nachkommenden Generationen, deren zeitgeschichtliches Bild heute vielfach von einem parteiisch geprägten "Antifaschismus" bestimmt wird, dessen letztlich sowjetkommunistische Herkunft den meisten Zeitgenossen unbekannt ist. Die bibliographischen Angaben zu den einzelnen Kapiteln vermitteln den aktuellen Forschungsstand. Und die beigefügten Kurzbiographien der wichtigsten Akteure der faschistischen Bewegungen können als erste Hinführungen genutzt werden. Klaus Hornung

Ernst Nolte: "Faschismus. Von Mussolini zu Hitler. Texte, Bilder, Dokumente", Edition Antaios, Alberts- roda 2003, Neuausgabe, zahlr. Abb., 392 Seiten, 39 Euro
 
     
     
 
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