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Die Hoffnung stirbt zuletzt

 
     
 
Schon vor zehn Jahren wurde den Verantwortlichen des Salem Sozialwerkes in Stadtsteinach klar, daß die Einrichtung eines Kinder- und Jugenddorfes im Königsberger Gebiet ein wichtiger Baustein für das Zusammenwachsen Europas und darüber hinaus ein dringend erforderliches humanitäres Unternehmen wäre. Deshalb entsteht seit 1998 in der Nähe der ostdeutschen Hauptstadt Königsberg
, in Pollwitten bei Medenau, auf einem 81 Hektar großen, für 49 Jahre vom Staat gepachteten Grundstück ein Salem Kinder- und Jugenddorf, das erste in der Russischen Föderation überhaupt. Es handelt sich um ein deutschrussisches Gemeinschaftsprojekt und zeigt durch seinen Modellcharakter zukunftsweisende Alternativen in Ernährung, Erziehung und Ausbildung auf. Vor allem für soziale Randgruppen und Benachteiligte wie Waisenkinder und Jugendliche soll hier ein Platz geschaffen werden, der Heimat bietet und eine Ausbildung ermöglicht, so daß sie vertrauensvoll in die Zukunft blicken können. Weiterhin bietet das Projekt Arbeitsplätze für junge Familien und Frauen, die in der ökologischen Landwirtschaft, im Dorf oder im sozialen Bereich tätig sind. Das Ziel ist ein Kinderund Jugenddorf, das sich in die umliegende soziale Infrastruktur eingliedert und einbindet sowie finanziell unabhängig und autonom ist und sich selbst versorgen kann. Um diese Selbstversorgung erreichen zu können, sind den Salem- Dörfern Gärtnerhöfe angeschlossen. Eine Tierhaltung ist dabei nicht vorgesehen. In der biologisch- organischen Landwirtschaftsproduktion werden die ökologischen Prinzipien der Bewirtschaftung bevorzugt, das heißt, es wird ohne Verwendung von chemischem Dünger, ohne Pestizide und Herbizide angebaut. Die in diesem sozialen Komplex vorhandenen Werkstätten wie Schlosserei und Tischlerei sowie ein Baubereich mit den unterschiedlichsten Fachleuten organisieren Ausbildungswie Reparaturmaßnahmen und produzieren auch für den Verkauf. Partner der Bruderschaft Salem (s. Kasten) bei der Ausarbeitung dieses ambitionierten Projektes, dem der Name „Lindenhof Salem“ gegeben wurde, war auf russischer Seite der für diesen Zweck von der Bruderschaft mit russischen Bürgern gegründete Fonds Salem-Rus. Der Fonds hat den Status einer nicht kommerziellen, gemeinnützigen Wohltätigkeitsorganisation ohne Mitgliedschaft und wurde am 20. Oktober 1997 in Cranz registriert. Zum verantwortlichen Projektleiter wurde der Deutsche Gerhard Lipfert von der Bruderschaft Salem bestimmt. Der Sozialmanager hatte zuvor bereits an diversen vergleichbaren Projekten mitgewirkt. Mit der Koordination betraute das Kuratorium die Russin Olga Scholmova. Die Juristin und Rechtsanwältin ist spezialisiert auf das Gebiet der rechtswissenschaftlichen Expertise von Investitionsangeboten und der Ausarbeitung von Rechtsmechanismen bei der Gründung und Tätigkeit von Unternehmen. Im Endstadium besteht das Dorf laut Zielvorgabe aus:

• Zehn bis zwölf Familienhäusern (Kinderhäusern). Zu einer sogenannten Familie gehören sechs bis acht Kinder unterschiedlichen Alters und Geschlechts und ein Ehepaar als Elternersatz oder zumindest eine Erzieherin als Mutterersatz, die allesamt unter einem Dach schlafen. Jedes Haus hat ein Wohnzimmer, ein Speisezimmer, eine Küche, ein Zimmer für die sogenannten Eltern beziehungsweise Mütter, Kinderzimmer für je zwei Kinder und die notwendigen Nebenräume.

• Ein Agrarhof mit Scheune und Remise (Maschinenhalle).

• Gärtnerhöfe mit Grundstück für Gemüsegarten und Streuobst für ein Familiensanierungsprogramm nach marktwirtschaftlicher Orientierung.

• Eine Reithalle mit Stallgebäude für die Pferde, da man in den Salem- Dörfern in der Regel Pferde für therapeutische Maßnahmen, das sogenannte therapeutische Reiten, hält. In der Salem-Pädagogik ist das Pferd als heilpädagogisches Mittel vorgesehen.

• Ein Wirtschaftsgebäude mit Rezeption, einem Büro und der Hauptküche zur Essenszubereitung für das gesamte Dorf. Die Salem- Vollwerternährung ist mittlerweile in vielen Ländern ein wesentlicher Bestandteil gesunden Lebens.

• Ein Gästehaustrakt für das Dorfpersonal und die Gäste. Die Gästezimmer sind mit Naßzelle einschließlich WC ausgerüstet. Bei den Gästen kann es sich sowohl um Verwandte der Kinder handeln als auch um Fachleute wie Ärzte, Landwirtschaftsingenieure oder Sozialarbeiter, die zum Erfahrungsaustausch beziehungsweise den Besuch von Seminaren in das Dorf kommen. • Ein Naturheiltrakt für Naturheilverfahren.

• Ein Trakt für die Unterbringung von Senioren.

• Eine Bio-Vollwertbäckerei.

• Eine Schreinerei mit Sägewerk.

• Eine Schlosserei mit Schmiede.

• Lehrwerkstätten, die gleichzeitig als Ausbildungs- und Produktionsstätten gedacht sind und in denen Güter für den Eigenbedarf des Dorfes und den Verkauf hergestellt werden.

• Ein Verwaltungs-, Büro-, Lagerund Auslieferungsgebäude mit Seminarsälen für Veranstaltungen verschiedenster Art einschließlich Dozentenraum.

• Hof und Garten sowie Sportund Spielplätze. Eine eigene Klinik oder Schule ist für das Dorf nicht vorgesehen, da keine Abschottung, sondern die Integration in die Umgebung angestrebt wird. Die Kinder werden von den Ärzten aus der naheliegenden Klinik behandelt. Zur Integration dient auch, daß die Kinder reguläre Schulen besuchen. Hinter allem steht das Ziel einer Integration in die Gesellschaft und eines normalen Lebens als Erwachsener. Insgesamt 95 bis 120 Obdachlose und Waisenkinder sollen zeitgleich im Kinderdorf wohnen. Hinzu kommen etwa zehn junge Familien und etwa 20 Fachleute auf dem Gebiet der Pädagogik, des Gesundheitswesens und der Landwirtschaft. An der Spitze dieses Dorforganismus steht ein Direktor. Er trägt die Verantwortung für die Organisation der Einrichtung. Er ist auch Ansprechpartner für pädagogische Belange. Zusammen mit den anderen Pädagogen leistet er Unterstützung bei der Erziehung der Kinder in den Familien. Angestellte helfen bei den notwendigen Arbeiten im Haushalt und in der Landwirtschaft. Zusammen mit dem Direktor müssen die Angestellten und Mitarbeiter im Dorf ein Vorbild für das Dorfleben abgeben. Alle Einwohner müssen den Prinzipien einer humanen Erziehung folgen - hohe Moral, Gutmütigkeit, Vertrauen, Hilfsbereitschaft, gewaltfreie Erziehung und Kommunikation sowie die Unterstützung der Jüngeren durch die Älteren gehören dazu. Die Kinder werden auf Empfehlung der Sozialfürsorgeabteilung im Salem-Dorf aufgenommen. Das Alter, in dem sie das Dorf wieder verlassen müssen, ist nicht festgelegt. Doch auch danach soll der Kontakt zur jeweiligen Kinderdorf- Familie nicht abreißen. So wird es gerne gesehen, wenn sie in ihren Ferien oder auch in ihrem Urlaub zu Besuch kommen - so wie es auch in einem normalen Elternhaus der Fall sein sollte. Soweit so gut - aber wie wird das alles finanziert? Abgesehen von den Kostensätzen, wie sie für die üblichen Waisenhäuser gezahlt werden, tragen sowohl die deutsche als auch die russische Seite mit dem Sammeln von Spendengeldern zur Finanzierung des Projektes bei. Die Fachleute der Bruderschaft nehmen unentgeltlich an der Ausarbeitung der technischen Dokumentation und Errechnung für das Projekt teil. Sie stellen die nötige Fachliteratur zur Verfügung, helfen bei der Ausbildung der russischen Teilnehmer des Programms und kontrollieren die Aufbauarbeiten vor Ort. Es ist vorgesehen, für die Realisierung des Projekts örtliche, regionale, föderale und internationale Organisationen mit einzubeziehen. Es wird angestrebt, daß sich das Dorf auf der Basis der Bio-Agrarstruktur, die Bio-Landwirtschaft, Bio-Gartenbau und Obstbau beinhaltet, selbst finanziert. Ihre Produktionstätigkeit und ihre wirtschaftliche Struktur ermöglichen es den Salem- Dörfern gewöhnlich, innerhalb von fünf bis sieben Jahren voll selbständig und finanziell unabhängig zu werden, so daß die Gehälter für die Angestellten und ein vielseitiges Familienleben aus eigenen Mitteln finanziert werden können. Doch die Russische Föderation ist kein gewöhnlicher Staat. Hier ticken die Uhren anders. Gewöhnlich freuen sich die Staaten, wenn Salem auf ihrem Territorium ein Dorf errichtet, und stellen deshalb neben einem Grundstück auch die dazugehörige Infrastruktur kostenlos zur Verfügung. Zu letzterem sehen sich in diesem Falle die zuständigen staatlichen Stellen jedoch nicht in der Lage. Nicht nur, daß von staatlicher Seite keine Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird, es wird sogar noch von korrupten Staatsbeamten versucht, das Dorf abzuzocken. So wurde beispielsweise eine völlig überdimensionierte Kläranlage verlangt mit dem Hinweis, wo man eine solche bekommt. Ein weiteres Problem ist das Grundstück. Der Staat hat Salem ein Areal verpachtet, das von Munition verseucht ist. An den Sanierungskosten beteiligt sich der Verpächter nicht und läßt vielmehr das Dorf bei deren Finanzierung allein. Angesichts dieser russischen Rahmenbedingungen ist es noch nicht absehbar, wann sich dieses Kinder- und Jugenddorf selber tragen wird. Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt - zumindest bei den Frauen und Männern vom Lindenhof Salem.

Weitere Informationen über das Projekt erteilt gerne Gerhard Lipfert, Bruderschaft Salem, 95346 Stadtsteinach, Telefon (0 92 25) 8 09-0, Fax (0 92 25) 81 61, salemhochheim@salem-mail.net.
 
     
     
 
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