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Die Union nimmt unter Merkel immer sozialdemokratischere Züge an

 
     
 
Mit staatlichen Konjunkturprogrammen hat die alte Bundesrepublik ihre Erfahrungen gemacht. Sie hatten eines gemeinsam: Bis auf das allererste im Jahre 1967/68 sind sie sämtlich wirkungslos verpufft und rissen bloß Löcher in die öffentlichen Kassen, an denen Deutschland heute noch leidet. Die große Mehrheit der Ökonomen erkannte jene Programme daher spätestens seit den 80er Jahren als untauglichen Versuch, der Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen, und versenkten das „Konjunkturprogramm“ als spätsozialistische
n Unsinn mit Strohfeuereffekt in der Mottenkiste. Ausgerechnet eine Unionskanzlerin hat es dort wieder herausgekramt. Über mehrere Jahre verteilt sollen 25 Milliarden Euro in diversen Winkeln von Volkswirtschaft und Sozialstaat verkleckert werden, um dort als „Initialzündung“ für den Aufschwung zu wirken.

Im Paket mit den sogenannten „Kombilöhnen“, also öffentlichen Zuschüssen für Geringverdiener, ist sogar eine alte Lieblingsidee sozialdemokratischer Wirtschaftsplaner wieder aufgetaucht: der regierungsamtlich vorgeschriebene Mindestlohn.

Noch während des Wahlkampfes wurde Angela Merkel nicht müde, das Erbe Ludwig Erhards zu beschwören. Doch dessen Politik bestand im genauen Gegenteil von staatlichen Mindestlöhnen und Konjunkturprogrammen. Der Staat habe optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Wirtschaft ihre Energien aus eigener Kraft frei entfalten kann und „Wohlstand für alle“ schafft, so das (erfolgreiche) Credo des legendären Wirtschaftsministers. Staatliche Lenkungsversuche erschienen ihm als Gift für eine dauerhafte Prosperität. Von diesen elementaren Erkenntnissen hat sich die große Koalition weiter entfernt als je eine von einem CDU-Politiker geführte Bundesregierung vor ihr. Ganz zu schweigen davon, daß mit den neuen Programmen die Staatsverschuldung, die unser Land schon jetzt immer bedrohlicher einschnürt, noch weiter ins Uferlose getrieben wird. Mit schuldenfinanzierten Zuschüssen soll nur darüber hinweggetäuscht werden, daß seit Jahren angemahnte Reformen wie Entbürokratisierung oder Steuervereinfachung im Trippelschritt voranschleichen oder gar völlig auf der Stelle treten. Ein Blick auf den traurigen Fortgang der „Föderalismusreform“ spricht Bände.

In dieses trübe Bild passen die Andeutungen Angela Merkels hinsichtlich einer geplanten Gesundheitsreform. Sie hören sich an wie von der SPD abgeschrieben: Es ist das Modell der sogenannten „Bürgerversicherung“, die zu zahlende Beiträge und zu erwartende Leistungen nach dem Muster allumfassender „Umverteilung“ gänzlich entkoppelt.

Die „CDU rückt nach links“ titelt nicht von ungefähr die Wiener Zeitung „Die Presse“. In der Tat reiben sich bürgerliche Wähler die Augen, wie geräuschlos die Unionskanzlerin uralte sozialdemokratische Wunschzettel in Regierungspolitik umsetzt – so wie es nicht einmal Gerhard Schröder wagte. Seine „Agenda 2010“ liest sich viel mehr über weite Strecken wie die marktwirtschaftliche Absage an das, was Schwarz-Rot derweil auf die Schiene setzt. Wer in den vergangenen Jahren die „schleichende Sozialdemokratisierung der Union“ gewittert haben will, der kann sich die Bestätigung für seinen Verdacht demnächst im Bundespresseamt abholen, wo die Beschlüsse der Bundesregierung veröffentlicht werden.

Der SPD macht der Linksschwenk der Union bereits Angst. Der Chef der Jungsozialisten, Björn Böhning, fürchtet um das unverwechselbare Profil seiner Partei und fordert unverhohlen, stärker auf traditionell sozialdemokratische und gewerkschaftliche Forderungen zu setzen. Bahnt sich also ein Wettlauf nach links an? Darauf jedenfalls deuten die Signale aus Berlin.
 
     
     
 
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