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Ehrenvolle Aufgaben erfüllt

 
     
 
In der bildenden Kunst werden die rund 100 Jahre ab 1530 unter dem Begriff "Manierismus" zusammengefaßt. Es sind die Jahrzehnte zwischen dem Ende der altdeutschen Malerei eines Dürer und Grünewald und dem Beginn des Barockzeitalters. Vom Hofe der Medici in Florenz breitete sich der neue Stil rasch bis nördlich der Alpen aus. Dort, wo der Dreißigjährige Krieg weniger Spuren hinterlassen hatte, konnte das Stadtbürgertum die Antriebskraft der künstlerischen Strömung
voll ausnutzen und ermöglichte - gerade im ostdeutschen Raum - das Entstehen großartiger Malereien.

Einer der manieristischen Meister Ostdeutschlands war der 1563 in Königsberg geborene Anton Möller, der seine Hauptwerke in der Weichselmetropole schuf und deshalb den Ehrennamen "Maler von Danzig" erhielt. Der manieristische Stil drückte die Unruhe der Zeit aus. Copernicus hatte das alte Weltbild umgestürzt, die Menschen begannen, sich aus der alles überwuchernden Enge der römischen Kirche zu befreien. Reformation und Gegenreformation lösten in den ostdeutschen Städten Volksaufstände aus; beunruhigt wie der Mensch, war auch die Kunst. Eines der ersten und bekanntesten Gemälde Möllers war das dreigeteilte Altarbild vom Jüngsten Gericht für die Steindammer Kirche zu Königsberg. Diese Darstellung mit Auferstehung und Höllensturz sollte beispielgebend für die ostdeutsche Altarmalerei werden und wurde immer wieder nachgeahmt.

Anton Möller, Sohn eines Wundarztes im Dienste Herzog Albrechts, verließ seine Heimat in jungen Jahren und begann eine Lehre in Prag. Ab 1587 ist er in Danzig nachweisbar, wo ihn ehrenvolle Aufgaben erwarteten. Wie die Reichsstädte Nürnberg, Augsburg, Straßburg und Frankfurt / M., ist auch Danzig um 1600 - de facto eine Freie Stadt, aber unter Schutzherrschaft des Königs von Polen - eine blühende Kunstmetropole mit einer reichen Auftraggeberschaft und großen, zumeist aus dem Handel erworbenen Vermögen. In den Festsälen des Stadtpatriziats, Rathaus und Artushof, wurden statt der altertümlichen Balkendecken in italienischer Manier (ital. Maniera = Lebensart, Benehmen) Deckenbilder angebracht, und die Wandbilder nahmen einen viel breiteren Raum ein. Heute kann man in dem wiederhergestellten Rathaus Anton Möllers berühmtes Bild "Der Zinsgroschen" aus dem Jahre 1601 wieder bewundern. Der Künstler hat die Versuchung von Jesus durch die Pharisäer auf den Langen Markt der Hansestadt verlegt. Das Gemach, zu dessen Schmuck das Bild gemalt wurde, diente früher als Kassenraum, daher die Wahl des "Zinsgroschen". "Wer nicht bar ist jedes Gefühls für alte deutsche Städteherrlichkeit, der erlebt in den herrlichen Räumen des Rathauses den unmittelbaren Glanz Danzigs, das zu seiner Zeit ganz Nordosteuropa handelspolitisch beherrscht hat, wie Venedig das Mittelmeer", schreibt H. B. Meyer in seinem Bildband. Ein anderes Hauptwerk des "Malers von Danzig", das "Jüngste Gericht" im Artushof, ist leider im Krieg zerstört worden.

Anton Möllers erste gesicherte Porträtschöpfung ist das Bildnis des Bischofs Moritz Ferber aus dem bekannten Patriziergeschlecht der Ferber. Tatsächlich ist der Dargestellte schon 1537 gestorben, Möllers Ölbild aber mit der Jahreszahl 1590 versehen. Er muß also ein älteres Bild als Vorlage benutzt haben, das wahrscheinlich vom Hofmaler des Herzogs von Preußen gefertigt worden ist. Der im traditionellen Bischofsornat dargestellte Moritz Ferber war der erste einer Reihe von drei aus Danzig stammenden Bischöfen, die nacheinander das Bistum Ermland repräsentierten. Dieses Bildnis und weitere acht Holztafeln mit Frauentrachten von Möllers Hand sind heute im Stadtmuseum Danzig zu besichtigen.

Das Museumsgebäude, ein gotischer Backsteinbau des ehemaligen Franziskanerklosters, ist noch am Ende des Zweiten Weltkrieges zu 60 Prozent zerstört worden. Die kostbaren Museumsbestände, teilweise ins Innere des Reiches ausgelagert, sind später von den DDR-Behörden den polnischen Besatzern übergeben worden.

Von Anton Möller sind zirka 25 monogrammierte Blätter, meist abgeschlossene Künstlerzeichnungen, bekannt, die in den Kupferstichkabinetten unter anderem von Berlin, Wien, Wolfenbüttel, Braunschweig und Stuttgart zu finden sind. In seinen Zeichnungen, thematisch an Breughel und dem volkstümlichen Bilddruck orientiert, begegnen uns neben Satire und Antiklerikalem auch konkrete Ereignisschilderungen. Auf der Federzeichnung "Bauernkirmes", 1587, ist eine Festlichkeit mit viel Volk auf einem Dorfanger wiedergegeben. Im Hintergrund erkennt man, topographisch getreu festgehalten, die Marienburg. Ein anderes humorvolles Blatt, "Satire auf das Mönchstum", zeigt zwei Mönche in halber Figur. Der eine mit einer Brezel anstatt eines Heiligenscheins (vermutlich die älteste Darstellung einer Brezel), hält eine als Bibel getarnte Kassette, in der sich Würfel befinden. Der andere, dem die Wurst am Knotenstrick baumelt, nimmt einen kräftigen Schluck aus einem bauchigen Krug.

Zu den Blüten altdeutscher Holzschnittkunst gehört auch Möllers Trachtenbuch der Frauengewänder, gedruckt in Danzig 1601 bei Jakob Rhode. Trachtenwerke waren in jener Zeit sehr beliebt, bemerkenswert sind die Einflüsse der spanisch-niederländischen Hofmode auf die Kleidung des gehobenen Bürgertums.

Als letzte der Schöpfungen Anton Möllers sind seine Altarbilder in der St. Katharinenkirche zu nennen. Das Hauptgemälde für den Hochaltar, die Kreuzigung Christi, zeigt im Hintergrund eine überaus getreue Ansicht der Stadt Danzig. Die Figurengruppen im Mittelgrund, klagende Frauen und würfelnde Kriegsknechte, sind äußerst bewegt dargestellt, ausgezeichnet durch einen starken Wechsel der Farben. Noch vor der Vollendung weiterer Altarbilder und Epitaphmalereien nahm ihm der Tod im Winter des Jahres 1611 den Pinsel aus der Hand. Seine letzte Ruhestätte fand Anton Möller in der St. Trinitatis-kirche. Rüdiger Ruhnau

Anton Möller: Porträt des Bischofs Moritz Ferber (Öl, 1590) /p> Satire auf das Mönchstum: Auch humorvolle Darstellungen hat der Königsberger Anton Möller geschaffen.
 
     
     
 
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