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Ehrlicher Ausrutscher eines Heuchlers

 
     
 
Die neue Ausgabe des Satiremagazins "Eulenspiegel" zeigt vier Spitzenpolitiker, die sich an einer Imbißbude treffen: Angela Merkel in rosafarbenen Leggins, Franz Müntefering in Arbeitsklamotten und ein schmerbäuchiger Klaus Wowereit in Trainingshose, mit fleckigem Gesicht vor grauer Hinterkopfmähne und Goldkettchen. Das Trio läßt sich von Kurt Beck
(als saufnasigem, in ein verschmiertes T-Shirt gequetschtem Inhaber der verdreckten Imbißbude "Fetti s Checkpoint") ein Bier servieren. Titel: "Unterschicht gut drauf".

Die Polit-Elite, die so gern von ihrer eigenen Volksnähe schwärmt, als "abgehängte Unterschichtler" - eine lustige Idee. Die Komik besteht darin, daß sich heutzutage jedermann die Dargestellten zwar gut beim Sektempfang vorstellen kann, aber niemals im "Prekarier"-Look an der Trinkhalle.

Das Geständnis von Sozialdemokrat Klaus Wowereit, daß er eigene Kinder niemals in Kreuzberg zur Schule schicken würde, bestätigt den Verdacht, daß ihm das Leben der "kleinen Leute" reichlich fern liegt. Dabei hat der Regierende doch recht: Kein "normaler Berliner" - auch solche "mit Migrationshintergrund" - bringt seine Kinder freiwillig in einer Kreuzberger Schule unter.

Junge Deutsche, die sich in Kreuzberg wohlfühlen - ja, die gibt es - schicken ihren Nachwuchs nicht in die staatlichen Lehranstalten, nicht einmal in die Kindergärten. Längst haben sich die ehemals linksalternativen "Kinderläden" zu Trutzburgen des deutschen Mittelstands gewandelt, in denen zwar kein Klartext, aber wenigstens deutsch gesprochen wird.

Sobald ihre Kinder das schulpflichtige Alter erreichen, nehmen diese Deutschen Reißaus aus den Problemkiezen wie Kreuzberg oder Nordneukölln. Erst neulich jammerte ein angegrauter Alt-68er in die TV-Kameras vor der gewalttätigen 1.-Mai-Demo: "Die ganzen Revoluzzer von damals wohnen jetzt im Grünen, im Umland. Von denen ist keiner mehr da, um für gesellschaftliche Veränderung zu demonstrieren."

Nein, diese Leute haben die "gesellschaftlichen Veränderungen" selbst in die Hand genommen und festgestellt, daß es sich in hübschen Vororten wie Kleinmachnow besser lebt als in Kreuzberg. Frei nach dem Motto der Grünen-Chefin Claudia Roth, deren neues Buch den Titel trägt "Das Politische ist privat".

Die ganze Aufregung um Wowereits Äußerungen ist nur vor dem Hintergrund dieser Doppelzüngigkeit zu verstehen, wenn es um Multikulti geht. Multikulti ja, wenn es um die Wahl des Lieblingslokals geht. Aber die Folgen dieser Politik selbst tragen? Danke.

Zurück bleiben in den Problembezirken nur Ausländer und deutsche Unterschicht. Insofern war Wowereits Antwort nur der ehrliche Ausrutscher eines Heuchlers.
 
     
     
 
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