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          Sein Name ist eng mit der Musikgeschichte Ost- und Westpreußens       verbunden, obwohl seine Wiege einst ganz im Westen stand: Im elsässischen       Colmar erblickte Joseph Müller-Blattau am 21. Mai 1895 das Licht dieser       Welt. Nach Studien in Straßburg (dort unter anderem als Kapellmeisterschüler       von Hans Pfitzner) und in Freiburg i. Br., nach Kriegsdienst im Ersten       Weltkrieg und nach seiner Promotion an der Universität von Freiburg 1920       zum Dr. phil. folgte Müller-Blattau 1922 dem Ruf nach Königsberg. Im       gleichen Jahr habilitierte er sich an der Albertina und gründete dort das       Musikwissenschaftliche Institut. Ab 1924 leitete der Akademische       Musikdirektor dann auch noch das Institut für Kirchen- und Schulmusik an       der Königsberger Universität   . Vier Jahre später wurde er zum außerordentlichen       Professor ernannt, 1930 ordentliches Mitglied der „Königsberger       Gelehrten Gesellschaft“.
         Vor allem dem wissenschaftlichen Austausch mit den Kollegen der       Philosophischen Fakultät verdanke er seine „Prägung als Lehrer und       Forscher“, hat Müller-Blattau einmal kundgetan. Und so waren seine       Vorlesungen bei den Studenten auch sehr beliebt, ließ er es sich doch       nicht nehmen, am Klavier, selbst singend und spielend, seine theoretischen       Ausführungen anschaulich zu unterstreichen. Kein Wunder, daß seine       Studenten bis ins hohe Alter ihres Lehrers Kontakt zu ihm hielten.
         Neben der Lehre aber widmete sich der Elsässer auch eingehend der       Forschung. Er hielt wissenschaftliche Vorträge, die ihn durch ganz       Ostdeutschland führten, und gab von 1923 bis 1935 die „Königsberger       Studien zur Musikwissenschaft“ heraus. 1931 erschien seine „Geschichte       der Musik in Ost- und Westpreußen“ (1968 in 2., ergänzter Auflage       herausgekommen), die heute noch als Standardwerk gilt. Auch dem deutschen       Volkslied widmete sich Müller-Blattau im Rahmen seiner wissenschaftlichen       Veröffentlichungen.
         Doch war das Augenmerk des Elsässers nicht allein auf Wissenschaft und       Lehre gerichtet. Müller-Blattau wirkte auch segensreich als Dirigent des       Orchester- vereins „Königsberger Philharmonie und Musikverein“ und gründete       1923 an der Universität das „collegium musicum vocaliter und       instrumentaliter“, dessen Leitung er ebenfalls übernahm. Öffentliche       musikalische Abende und Konzerte auch außerhalb Königsbergs lockten       viele Besucher. 1935 schließlich gab er unter Mitwirkung anderer       Fachleute ein vierbändiges Handbuch unter dem Titel „Hohe Schule der       Musik“ heraus (Nachdruck 1981). Im gleichen Jahr verließ Müller-Blattau       („nicht leichten Herzens“) Königsberg, um als ordentlicher Professor       an der Universität Frankfurt/Main zu lehren. Zwei Jahre später ging er       nach Frei-burg i. Br.
         Nach dem Zweiten Weltkrieg, an dem Müller-Blattau als Soldat teilnahm,       leitete er von 1952 bis 1958 das Konservatorium in Saarbrücken und hatte       von 1952 bis zu seiner Emeritierung 1964 einen Lehrstuhl an der dortigen       Universität inne.
         „In der Stille des Hauses, in Schule und Kirche, in Verein und       Singkreis regen sich Kräfte der Erneuerung, hinstrebend zu einem tätigen,       lebensverbundenen Musizieren“, schrieb Joseph Müller-Blattau, der vor       25 Jahren, am 21. Oktober in Saarbrücken, starb, in seiner „Geschichte       der Musik Ost- und Westpreußens“. „An uns liegt es, sie als die       eigentliche Sendung unseres Landes zu pflegen und zu verwirklichen ... Auf       solchem Boden werden dann auch neue schöpferische Persönlichkeiten       erstehen können, an denen sich letztlich das Schicksal der Musik       entscheidet.“
         Wie sehr die Menschen aus Ost- und Westpreußen an ihrem musikalischen       Erbe interessiert sind, mit welcher Begeisterung sie sich für den Erhalt       einsetzen und selbst musizieren, das zeigen nicht zuletzt auch die Aktivitäten       des Arbeitskreises Nordostdeutsche Musik e.V. und die von ihm       veranstalteten Sing- und Musizierwochen.
 
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