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Ein Musterschüler stürzt ab

 
     
 
Die wirtschaftlichen Aussichten des Rumpfstaates "Tschechien", vormal Tschechei oder Böhmen und Mähren genannt, schienen nach dem Austritt aus dem RGW, de Trennung von der vergleichsweise rückständigen Slowakei (1993) und der "Einführun der Marktwirtschaft" durch die Regierung Václav Klaus vielversprechend.

Nach Abwertung
der tschechischen Krone um 50 Prozent im Jahr 1990 und der Einleitun von Privatisierungsaktionen nahm die Wirtschaft in den Jahren 1993 bis 1996 eine beachtlichen Aufschwung. Bereitwillig stilisierten daher Ost-West-Euphoriker die Tschechische Republik zum Musterschüler.

Überrascht müssen sie jetzt zur Kenntnis nehmen, daß der Boom 1997 stagnierte un 1998 in eine Rezession umschlug. Grund: Plan und Umsetzung der sogenannte "Transformation" klaffen weit auseinander. Die Wirtschaft erwies sich als weni reformfreudig und -willig, die Reformpolitik der Regierung als halbherzig.

Angesichts der durch Abwertung und niedrige Arbeitskosten günstige Produktionsbedingungen sahen sich die meisten Betriebe zu keiner einschneidende Umstrukturierung von Produktion, Finanzen, Organisation und Unternehmensführun veranlaßt. Eine geringe Arbeitslosenquote (1993 bis 1997: vier Prozent, 1998 rund siebe Prozent), ein extrem geschützter Arbeitsmarkt, schnell steigende, über de Produktivitätsrate liegende Lohnkosten, eine zunehmende Inflationsrate (elf Prozent 1998 führten unterdessen zu einer sinkenden Arbeits- und Kapitalproduktivität. Der durch die Abwertung bewirkte Kostenvorteil schmolz deshalb rasch dahin.

Die eigentliche Crux liegt jedoch in der völlig unzureichenden Privatisierung de ehemals fast vollständig verstaatlichten Wirtschaft. Die per Verteilung von Kupon (Vermögensscheinen) und Verauktionierung kleiner Firmen eingeleitete Eigentumsumwandlun aus staatlicher in private Hand blieb bruchstückhaft, da strategische Unternehme (Versorgungsbetriebe, Banken, Stahlerzeuger etc.) ausgenommen blieben und eine Vielzah maroder Firmen keine Käufer fanden. Nach wie vor werden fast alle größeren Unternehme direkt und indirekt über die ebenfalls in Staatsbesitz verbliebenen Banken kontrolliert Mehr als ein Drittel der – meist auf Veranlassung des gemeinsamen Eigentümers Staa und ohne Beachtung der üblichen Bonitätskriterien – gewährten Kredite erwiese sich jetzt als wertberichtigungs- beziehungsweise abschreibungsbedürftig und brachte dadurch die Banken selbst in die Krise. Der Staat – selbst klamm – verfüg über keine Mittel zur Sanierung, während mögliche ausländische Erwerber die Risike aus gutem Grunde scheuen.

Als die negativen Auswirkungen der wirtschaftspolitischen Maßnahmen des smarten un selbstherrlichen Václav Klaus deutlich wurden und sein Gegensteuern mittels restriktive Geld- und Fiskalpolitik und faktischer Abwertung der Krone das außenwirtschaftlich Gleichgewicht wiederherzustellen, fehlschlug, mußte er den Hut nehmen. Die jetzt an de Regierung befindliche sozialdemokratische Minderheitsregierung unter Milos Zeman sieh sich nicht nur mit erhöhten Budgetdefiziten, sondern auch mit den unheildrohende Problemen der ungelösten Privatisierung konfrontiert. Offensichtlich betreibt sie – mit Blick auf den EU-Beitritt – Verschleppungstaktik und beläßt es bei de Ankündigung eines "Revitalisierungs-Programms".

Allerdings wäre mit einer eigentumsrechtlichen Umwandlung allein der Erfolg eine grundlegenden Umstrukturierung der Wirtschaft noch nicht gewährleistet. Vielmehr bedar es damit verbundener Bereinigungsmaßnahmen. Zwangsläufig bedeuten diese die Liquidierun einer Vielzahl unrentabler Betriebe. Daß davon nicht nur Großbetriebe, sondern auc kleinere Einheiten betroffen sein werden, steht außer Zweifel. Gerade deshalb herrsch starkes Widerstreben gegen diese gebotenen Maßnahmen.

Auch besteht wenig Bereitschaft, die freie Ansiedlung von EU-Bürgern und den Erwer von Grund und Boden durch Ausländer zu akzeptieren. Unter den vorgenannten Bedingunge dürfte ein zwar arbeitskostengünstiger, aber weit unterdurchschnittlich produktive Produktionsstandort, quasi als "verlängerte Werkbank"" westliche Unternehmen, nur begrenzte Vorteile bringen, zumal da die Tschechische Republik mit run zehn Millionen Einwohnern bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 680 Mark keine sehr attraktiven Absatzmarkt darstellt.

Selbst wenn der Warenaustausch zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat – Deutschland ist mit eine Drittel-Anteil (1997: 16 Milliarden Mark) größtes Lieferland, aber auch mit 38 Prozen (14 Milliarden Mark) zugleich größtes Abnehmerland –, muß bei nüchterne Betrachtung gefragt werden, welche überzeugenden Gründe dafür sprechen, sich für ein umgehende EU-Mitgliedschaft der germanophoben Tschechen einzusetzen, die es noch nich einmal für nötig halten, sich für ihre Vertreibungsverbrechen zu entschuldigen, die die Vermögensansprüche der von ihnen enteigneten Sudetendeutschen kalt zurückweisen un gleichzeitig "Entschädigung für Zwangsarbeiter" fordern.
 
     
     
 
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