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Eine Reform wäre Gotteslästerung

 
     
 
Auf einer Reise im Unimog von Frankfurt nach Dakar wurden wir in der südalgerischen Oase Adrar von einer Familie eingeladen. Im Fernseher lief ein arabischer Film und dieser arabische Film war mit arabischen Untertiteln versehen. Wozu braucht ein arabischer Film in einem arabischsprachigen Land arabische Untertitel? Erkundigungen ergaben, daß es sich um einen ägyptischen Film handelte, und daß das ägyptische Arabisch von Algeriern kaum verstanden wird.

Auf einer sehr viel späteren Reise nach Syrien waren wir besser gerüstet. Wir hatten in einem Arabischkurs in der Volkshochschule "Hocharabisch" gelernt und versuchten, unsere Kenntnisse anzuwenden. Wenn wir uns aber nach dem Weg erkundigten, verstand dies kein Mensch. Wir gewöhnten uns daran, das Ziel in arabischer Schrift zu zeigen, und das wurde meist verstanden. In einem christlichen Dorf im Antilibanon-Gebirge servierte uns der Wirt stolz seinen Wein, den er ja als Christ ausschenken durfte. Der Wein hatte Zimmertemperatur, und diese lag bei etwa 35 Grad Celsius. Ich bat um Kühlung des Weins, und "kalt" heißt auf hocharabisch "barid" - völlige Verständnislosigkeit. Ich zeigte das Wort im Wörterbuch
, arabisch geschrieben: Aha! Der Wirt eilte zum Kühlschrank und holte eine Schale mit Eiswürfeln. Später in Damaskus wurden von Straßenhändlern eisgekühlte Getränke ausgerufen: "worri, worri, worri". Ich stutzte, sollte das die hiesige Aussprache von "barid" sein? Natürlich, B und W gehen in allen Sprachen ineinander über (siehe "Habana" oder "Havanna" für die Hauptstadt Kubas) das D am Ende wird verschluckt, und Vokale sind im Arabischen sowieso ziemlich egal; maßgebliche Wortwurzeln bestehen nur aus Konsonanten. In Aleppo heißt es übrigens "werri" für "barid".

Meine Neugier war geweckt, und Nachforschungen ergaben folgendes Bild: Das sogenannte "Hocharabisch" wurde im 7. Jahrhundert in Mekka und Medina gesprochen. Daran darf nichts geändert werden, denn es ist die Sprache des Korans, und eine Modernisierung wäre Gotteslästerung.

Mohammed und seine Nachfolger eroberten in wenigen Jahrzehnten ein riesiges Reich, in dem von Rabat bis Bagdad und von Aden bis Aleppo arabisch gesprochen wurde. Dieses Reich ist längst auseinandergefallen, und das dort gesprochene Arabisch hat sich in den vergangenen gut 1300 Jahren erheblich weiterentwickelt, und zwar in jedem Land anders. Das war genauso wie mit dem im römischen Reich gesprochenen Latein, aus dem die Gruppe der romanischen Sprachen entstanden ist. Und geht man in der Geschichte der romanischen Länder Frankreich, Italien, Spanien und Portugal 600 bis 700 Jahre zurück, in eine Zeit, als das Christentum ebenso alt war wie jetzt der Islam, stößt man auf ganz ähnliche Verhältnisse wie jetzt in der arabischen Welt: Die Bibel war nur lateinisch geschrieben, die Messe wurde auf lateinisch gelesen, die Schulen waren Lateinschulen. Die Professoren der damaligen Universitäten hielten ihre Vorlesungen auf lateinisch, und alle - damals wenigen - Bücher waren lateinisch abgefaßt. Jeder lateinkundige Scholar konnte auf jeder beliebigen Universität studieren, aber es gab recht wenige Scholaren, da sie für jede Art Bildung die Fremdsprache Latein lernen mußten, was eine erhebliche Bildungsbarriere bedeutete. Ihre Muttersprachen wurden nur gesprochen und nicht geschrieben, in einem linguistischen Wildwuchs ohne feste Regeln für Grammatik, Satzbau, Wortschatz und Aussprache. All dies ist im arabischen Raum heute noch so mit Hocharabisch statt Latein.

Dies hat, genau wie damals in Europa, erhebliche Folgen für den Bildungsstand der Völker. In den arabischen Ländern werden im Verhältnis zu den entwickelten Ländern Europas nur relativ wenige (hocharabische) Bücher geschrieben und gedruckt. Es gibt wenige Übersetzungen aus anderen Sprachen ins Hocharabische, und die Auflagen sind winzig. Bei uns und auch in den romanischen Ländern wäre es ebenso, wenn alle Bücher auf lateinisch abgefaßt wären. Der Bildungsstand der breiten Bevölkerung ist beklagenswert niedrig. In der Praxis führt das dazu, daß bildungswillige Araber eine Fremdsprache erlernen müssen, nämlich im Maghreb französisch und im Nahen Osten englisch, um sich die moderne Welt zu erschließen. Im von der Uno herausgegebenen "arab human development report" wird das Sprachproblem als eines der Haupthindernisse für die Entwicklung der arabischen Länder bezeichnet.

Es läge nahe, die gesprochenen arabischen Sprachen zu Schriftsprachen zu machen, aber dagegen wehren sich nicht nur die Frommen und die Mullahs, die den Vorrang der Sprache des Koran unbedingt erhalten wollen, sondern auch die säkularen Nationalisten. Das Hocharabische ist das einzige Band, welches die diversen arabischen Völker zusammenhält. Es ist so, als ob die säkularen italienischen, französischen und spanischen Parteien auf Latein als Unterrichtssprache bestehen würden mit der Begründung "Sonst bekommen wir das Römische Reich nicht mehr zusammen, und wir sind doch alle Römer."

So wurde mir klar, warum alle Versuche gescheitert sind, die arabischen Völker in einem Staat zu vereinigen. Man muß sich nur vorstellen, die Franzosen und die Italiener hätten versucht, eine "Vereinigte Römische Republik" zu gründen, wie es Ägypten und Syrien einige Jahre mit der "Vereinigten Arabischen Republik" probiert haben, natürlich zentralistisch aufgebaut, weil Franzosen und Italiener vom Föderalismus genauso wenig halten wie die Araber. Dies wäre schiefgegangen.

Wenn man sich überlegt, warum die Araber so eisern am "Hocharabischen" festhalten, im Gegensatz zu den romanischen Ländern, die schon bald keine Hemmungen mehr hatten, ihre gesprochenen Sprachen zu schreiben, kommt man einerseits auf die für die Araber überragende Bedeutung der Religion, die sozusagen eins mit der Sprache ist. Das war beim Lateinischen nicht so. Auch die lateinische Bibel war schon eine Übersetzung aus dem Griechischen und dem Hebräischen, und das Römische Reich hatte ursprünglich mit dem Christentum nichts zu tun.

Der zweite Grund ist, daß nach dem arabisch-islamischen Großreich der Kalifen in der Geschichte nichts Großartiges mehr kam, auf das sich der Stolz der Araber hätte beziehen können.

Deswegen ist das Großreich der Kalifen immer noch Bezugspunkt für ihre nationale Identität. Die große Zeit der europäischen romanischen Völker lag dagegen, vielleicht mit Ausnahme Italiens, lange nach dem römischen Reich, welches daher nicht für ihre nationale Identität gebraucht wird.

Auch für uns Deutsche enthält der Zustand der arabischen Nationen eine Lehre, nämlich die von den Risiken und Nebenwirkungen, wenn man die Muttersprache durch eine Fremdsprache als Schrift- und Bildungssprache ersetzt.

Solche Tendenzen gibt es bei uns mit der englischen Sprache; so hat der baden-württembergische Ministerpräsident Günter Oettinger in ahnungsloser Dummheit vorgeschlagen, Deutsch auf den Hausgebrauch zu beschränken.

Damit würde wie in Arabien die breite Masse praktisch von der Bildung ausgeschlossen, und der Weg Deutschlands in die Unterentwicklung wäre programmiert.

Die Folgen, die es hat, wenn man nur zuhause seine Muttersprache spricht und in der Öffentlichkeit und im Berufsleben in einer Fremdsprache lesen, schreiben und kommunizieren muß, werden uns von unseren "Mitbürgern mit Migrationshintergrund" drastisch vorgeführt.

Auch in Europa gab es eine dominierende Sprache: Latein

Ohne Modernisierung des Hocharabischen keine Bildung für alle
 
     
     
 
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