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Geballte Urwüchsigkeit

 
     
 
Er gehörte zu den Schauspielern, die sich der ständigen Gunst des Publikums bis zuletzt erfreuen konnten, obwohl Wery wegen Arteriosklerose seit Jahren seinen geliebten Beruf nicht mehr auszuüben vermochte. Jeder, der den Namen Wery hört, sieht vor sich das kantige, verfurchte und gütige Gesicht, in das das Strahlen eines tiefen Humors tausend Lichter gesetzt hat.

Er hieß eigentlich Wery de Lemans und wurde am 7. August 1897 in Trostberg (Chiemgau) geboren. Nach dem Abitur wollte er Maler werden. Aber er sah bald ein, daß er für diesen Beruf nicht genügend begabt war. So wurde er Kaufmann. Nach fünfzehn Jahren hatte er sich bis zum Direktor einer Holzfabrik hinaufgearbeitet. Eines Tages gab er seine gutbezahlte Stellung auf. Er kehrte von einer Dienstreise nicht zurück und stellte sich kurz darauf zum erstenmal einem Theaterpublikum vor: als "Faust" in Bielefeld. Über Münster kam er 1932 ans Berliner Schiller- und Renaissance-Theater. Von dort holte ihn Otto Falckenburg an die Münchener Kammerspiele, denen er von 1934 bis 1948 angehörte. Er spielte in klassischen und modernen Stücken und er spielte alle Rollen, die ihm geeignet erschienen: vom "Jago" im "Othello" bis zum "Nikolaus" im Weihnachtsmärchen für Kinder. Zuletzt trat er 1963 im Münchener Staatsschauspiel als "König Lear" auf.

Auch im Film hatte sich der Schauspieler mit der urwüchsigen Gestalt einen Namen gemacht. Er begann als Darsteller beim Film in "Keinen Tag ohne Dich" (1933), agierte in den Streifen "Königswalzer" (1935), "Wasser für Canitoga" (1939, mit Hans Albers), "Kleine Residenz" (1942) und "Via mala" (1945). Nach dem Zusammenbruch setzte er seine Filmkarriere fort, drehte "Die seltsame Geschichte des Brandner Kaspar", "Die große Versuchung", "Heidi", "Ein Herz spielt falsch", "Ave Maria", "Konsul Strotthoff", "Es geschah am 20. Juli", " Der Meineidbauer", "Der Bauerndoktor von Bayrischzell", "Die grünen Teufel von Monte Cassino", "Arzt aus Leidenschaft" und "Kriegsgericht", um nur einige Leinwandrollen zu nennen. Unvergeßlich bleibt seine Darstellung des verbitterten alten Menschenfeindes "Grummel", dem durch eine Schar von Kindern eine menschlich gütige Wandlung widerfährt, in dem von Erich Waschnek inszenierte
n Streifen "Hab’ Sonne im Herzen" (1952, mit Liselotte Pulver). Das Drehbuch schrieb nach dem Tod von Walter Lieck die Gattin des Schauspielers, Erna Fentsch, zu Ende.

Erna Fentsch schrieb die Drehbücher zu vielen seiner Filme, so auch für "Am Galgen hängt die Liebe", gedreht nach dem Bühnenstück "Philemon und Baucis" von Leopold Ahlsen, das in den griechischen Bergen von 1944, als deutsche Soldaten und Partisanen sich einen erbitterten Kleinkrieg lieferten, spielte. Die schwierige Rolle des alten "Nikolaos" verkörperte er bereits 1956 meisterhaft bei der Uraufführung des Schauspiels in den Kammerspielen in München. Wie im Film war damals Annie Rosar seine Partnerin.

Der einzige Halt, der dem schwerkranken, oft hoffnungslos verzweifelten Carl Wery geblieben war, war seine geliebte Frau Erna. Der Schauspieler Carl Wery starb am 14. März 1975 an einer Lungen- und Rippenfellentzündung in einem Münchener Krankenhaus und wurde auf dem Friedhof Bogenhausen beerdigt. Erna Fentsch sagte später: "Carl ist gestorben, wie er lebte: als ein großer Mann. Seine Gesichts-züge waren ganz majestä-tisch. Ich habe eine Totenmaske machen lassen!"

 
     
     
 
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