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Heimkehr aus Ostdeutschland

 
     
 
Landser, krallt Euch in der Erde Ostdeutschlands fest!" Dies wurde den Soldaten eingehämmert, die zu Beginn des letzten Kriegsjahres den weiteren Einbruch der Sowjets verhindern und Fluchtwege für die ostdeutsche Zivilbevölkerung sichern sollten. Zu den Landsern gehörte der Münchner Sigi Sommer, später einer der bis heute bekanntesten Münchner Journalisten. 1998, nur zwei Jahre nach seinem Tod, errichten ihm seine Leser ein lebensgroßes Denkmal in der Fußgängerzone in der Nähe des Rathauses. Mit seiner regelmäßigen Kolumne "Blasius der Spaziergänger" war er stadtbekannt geworden. Seine Romane sicherten ihm auch über die Isarmetropole hinaus Beachtung.

Das Foto in seinem Soldbuch war in Königsberg aufgenommen worden. "Sein Gesicht war hart geworden." Ostdeutschland hatte er vorher nicht gekannt: "Über die Komantschen wußten wir in München mehr als über die Sachsen." Sommers Nachlaß befindet sich im Literat
urarchiv Monacensia München.

20 Jahre nach Kriegsende erschien verkürzt sein Bericht "Mein Weg zurück". Jetzt wurde er endlich in seiner ursprünglichen Länge publiziert. Es geht in ihm um die Kämpfe am Frischen Haff, die Splitterverwundung an der Hand und damit den Marschbefehl als Krankenträger zurück in die bayerische Heimat. Sommer erlebte die Hölle auf Erden, die verzweifelten Abwehrkämpfe, Verwundung und sterbende Kameraden und die unsägliche Not der Flüchtlinge. Mit seinem Beitrag weckte er in Bayern Verständnis für die Not und die Heimatliebe der Ostdeutschland.

Am Frischen Haff stieß der Münchner auf Häuser, deren Bewohner sich aus Furcht vor der Roten Armee umgebracht hatten. In einem anderen Gebäude lag auf dem Küchentisch der Zettel: "Liebe Soldaten - essen dürft Ihr alles, aber verteidigt bitte unser Haus - es ist unsere Heimat." Splitter hatten Sommers Hand verletzt, in die Wunde war Schmutz gekommen. Der erste Feldarzt wollte die Hand amputieren, ein anderer säuberte die angeschwollene Hand ohne Narkose. Der Münchner verlor zunächst seine Einheit, schlug sich allein zu ihr Richtung Heiligenbeil durch und fand nur noch "Kranke, Verwundete und eine Handvoll Großväter." Er selbst trug inzwischen russische Filzstiefel, die ihm bei Gefangennahme den sicheren Tod gebracht hätten.

"Mittags kam dann ein Melder zu mir und überbrachte den mündlichen Befehl zum nahen Lagunenhafen Rosenberg zu kommen, dort würde gesammelt nach Pillau übergesetzt ... Ein Pionier mit vier Kumpels organisierte ein paar leere Benzinfässer, montierte sie primitiv zusammen, und auf diesem Floß überquerten wir im Mondschein das acht Kilometer breite, aber nur zwei Meter tiefe Haff." Was Sommer dabei sah, entzieht sich hier der Beschreibung. Wer über das Haff geflohen ist, weiß, was alles im eisigen Wasser schwamm.

Es war der 21. März 1945. "Der erste Mensch, den ich am Strand von Pillau zu Gesicht bekam, war der Gauleiter Koch. Er stand vor einem wuchtigen Bunker, schüttelte die Faust gegen die russischen Linien hinüber und schrie wie ein Hysteriker: "Soldaten, schlagt den Bolschewismus aufs Haupt. Haltet aus, in drei Tagen ist die Entsatzarmee bei uns. Seid deutsch und treu." War dann aber ein Flugzeuggeräusch zu hören, so verschwand der wackere Streiter wie eine Maus im Bunkereingang, um gleich nachher seinen Glauben an Deutschland wiederzufinden und weiter zu kreischen. Bis ein blutjunger Leutnant auf ihn zuging und sagte: "Halt jetzt mal Deine große Fresse, Du Speckjäger, und zieh Leine." Dem goldverzierten Bonzen blieb buchstäblich das Maul offen, doch dann geiferte er los: "Sie sind verhaftet, Mann, ich lasse Sie erschießen." Der Leutnant aber schob ihn nur aus dem Weg, während die zwei Landser, die ihn begleiteten, die Läufe ihrer MP s etwas nach vorn drückten."

In Pillau traf Sommer wieder auf seinen Kommandeur, Oberstleutnant Schaffer. Der sonderte die 40 Ältesten, die Verheirateten, Kinderreichen und Verwundeten aus und gab ihnen Marschbefehl nach Danzig. "In der Hoffnung, sie könnten den russischen Ring noch passieren, bevor er sich wieder zum Kessel schloß. Nach vier Tagen allerdings war dieses Kommando dann wieder bei uns. Der Iwan hatte vor Elbing die Falle bereits zuschnappen lassen."

Oberstleutnant Schaffer ließ nun die 45 Mann, die ihm noch verblieben waren, zu einem dreitägigen Hilfskrankenträger-Kurs einschreiben, den auch Sigi Sommer absolvierte. Mit letzter Kraft half er Verwundete auf einen zum "Sperrbrecher ,Mathias Stinnes " umgewandelten Kohlenpott zu schleppen, der nach sechs Tagen tatsächlich Swinemünde erreichte. An Bord waren 5.000 Flüchtlinge "neben- drunter- und übereinander, eine Gruppe kriegsgefangener Russen und etwa 17jährige Flak-Kanoniere".

Auf abenteuerlichen Wegen kam Sigi Sommer über Neustrelitz, Eberswalde, wo er ins Delirium fiel, Regensburg und Landshut nach München. Sein Haus stand nicht mehr. "Ein paar Tropfen fielen auf meine Hand. Ich schaute zum dunklen Himmel hinauf. Aber es regnete gar nicht." Norbert Matern

Siggi Sommer als Soldat: Aus dem Soldbuch /p> Lebenslauf Siggi Sommers

1914 Geburt am 23. August

1920-31 Elektrotechnikerausbildung

1937 Erste Veröffentlichung

1939-45 Soldat (Entlassung als Oberschirrmeister)

1943 Hochzeit

1945 Lokalreporter bei der Süddeutschen Zeitung

1948 Lokalreporter bei der Abendzeitung

1949-87 Kolumne "Blasius der Spaziergänger"

1953 Erster Roman ("Und keiner weint mir nach")

1969 Theaterstück "Marile Kosemund"

1982 Erster Literaturpreis (ihm folgten andere wichtige Auszeichnungen bis hin zum Weimarer Schiller-Preis und dem Bayerischen Verdienstorden)

1996 Tod am 25. Januar

 
     
     
 
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