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Ich habe um Licht und Sonne gekämpft

 
     
 
Glück muß man lernen, um es zu begreifen. Viele Menschen merken gar nicht, daß es ihnen gut geht, und laufen einer Illusion nach.“ Diese Worte stammen von Hannelore Kohl, die 1993 erstmals schwer erkrankte und im Juli 2001 freiwillig aus dem Leben schied.

Hannelore Kohl ist wohl den meisten Deutschen ein Begriff. Die Ehefrau des Altkanzlers Helmut Kohl wurde von der Öffentlichkeit nicht nur als Gattin des deutschen Regierungschefs sondern auch als eigenständige Persönlichkeit wahrgenommen. Spätestens ihr Einsatz für Unfallopfer mit Schäden des zentralen Nervensystems über das Kuratorium ZNS hat ihr große Anerkennung und Sympathie eingebracht.

Denkt man an Hannelore Kohl, so hat man das Bild einer wahren First Lady vor Augen. Man entsinnt sich an Aufnahmen aus der „Tagesschau“, wie sie geschmack-voll gekleidet, immer lächelnd an der Seite ihres Mannes von Staatsbesuch zu Staatsbesuch reist.

Schon kurz nach dem Freitod der Altkanzlergattin bekam die Journalistin Dona Kujacinski von einem Verlag das Angebot, ein Buch über Hannelore Kohl zu schreiben. Dona Kujacinski hatte im Laufe der Jahre viele Interviews mit der Verstorbenen geführt und so war sie in einer guten Ausgangsposition, um eine Biographie über Hannelore Kohl zu verfassen. Mit Hilfe von Peter, dem jüngeren Sohn des Ehepaares Kohl, machte sich die Journalistin an die Arbeit, befragte Menschen aus dem näheren Umfeld der Familie, wertete Interviews, Fernsehaufnahmen und Zeitungsartikel über Hannelore Kohl aus und verwob sie zu einem Ganzen.

Hannelore Renner wurde 1933 in Berlin geboren, wuchs aber in Leipzig auf. Ihr Vater, ein Ingenieur, wünschte sich, daß seine Kleine beruflich in seine Fußstapfen trete. Auch führte er sein einziges Kind schon früh an alle möglichen Sportarten heran. Mutter Irene schuf ihrer Tochter daheim eine heile Welt und der Leser der Biographie erkennt schnell, daß Hannelore eine kleine Prinzessin für ihre Eltern war. Dann kam aber der Krieg, das Haus der Familie wurde zerbombt und Mutter und Tochter verließen die Stadt, in der falschen Hoffnung, auf dem Land in Sicherheit zu sein.

Unter größten Strapazen floh die Familie in den Westen zu Verwandten des Vaters, doch auch die hatten nur das Nötigste. Hannelores heile Welt war zerstört und sie nur armes Flüchtlingskind. Erst 1951 bekam der Vater eine feste Anstellung
und es ging langsam wieder aufwärts.

Im Jahr 1948 lernt die fünfzehnjährige Hannelore den drei Jahre älteren Helmut Kohl in der Tanzstunde kennen. Die beiden verstehen sich recht gut, obwohl Hannelore sein politisches Engagement nicht nachvollziehen kann. Sie ist an Politik nicht sonderlich interessiert, hat nur ihr Abitur vor Augen, was sie auch 1951 mit guten Noten besteht. Danach beginnt sie ein Fremdsprachenstudium und 1952 geht Hannelore für drei Monate als Au-Pair-Mädchen nach Paris. Die ganze Zeit hat Hannelore Kontakt zu ihrem Helmut. Im Herbst 1952 stirbt Hannelores Vater und der Traum vom Studium ist ausgeträumt. Hannelore und ihre Mutter müssen nun arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und so beginnt Hannelore 1953 als kaufmännische Angestellte bei BASF zu arbeiten, wo sie 1958, als sie sich mit Helmut Kohl verlobt, Chefsekretärin ist. 1960 wird geheiratet, Hannelore kündigt und widmet sich voll und ganz dem Haushalt.

Helmut Kohls politische Karriere schreitet voran und langsam fügt sich Hannelore in das politische Umfeld ein. 1963 und 1965 werden die Söhne Walter und Peter geboren und 1969 wird Helmut Kohl zum Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz gewählt. Hannelore Kohl, die gemäß preußischen Tugenden erzogen wurde, kennt ihre Pflichten. Sie repräsentiert gekonnt, jammert nie über den zu vollen Terminkalender, will aber ihre Söhne aus dem öffentlichen Rummel heraushalten. Aber mit dem Terror der RAF geht die Angst um. Hannelore muß jahrelang um die Sicherheit ihrer Familie bangen und mit ansehen, wie Menschen aus ihrem Bekanntenkreis entführt oder ermordet werden.

Der Aufgabenbereich als Gattin eines Ministerpräsidenten war noch überschaubar, 1982 wird Helmut Kohl zum Bundeskanzler gewählt, womit der Tanz auf dem internationalen Parkett für das Ehepaar Kohl beginnt. Auch diesen neuen Herausforderungen stellt sie sich diszipliniert. Eines ihrer schönsten Erlebnisse ist für die Leipzigerin die Deutsche Einheit.

Dann 1993 beginnt für Hannelore Kohl der Anfang vom Ende. Aufgrund einer bakteriellen Infektion reicht man der gegen Penicillin Allergischen fälschlicherweise ein Medikament mit ebensolchen Inhalt. Die Abwehrreaktion des Körpers ist so stark, daß man schon befürchtet, daß die Patientin stirbt. Sie überlebt zwar, doch ihr Körper beginnt von da an allergisch auf Sonnenlicht und später sogar auf Halogenleuchten zu reagieren. Die Krankheit äußert sich in Schüben, wobei sie mit jedem Schub stärker wird. Noch ist sie aber nicht ans Haus gefesselt und nimmt weiter ihre Aufgaben als Kanzlergattin und ZNS-Vorsitzende wahr.

Als Helmut Kohl 1998 sein Amt an Gerhard Schröder verliert, stützt Hannelore ihren Mann. Auch beim folgenden Spenden-skandal steht sie ihm stets zur Seite. Irgendwann verlassen sie aber ihre Kräfte und ihre Krankheit zwingt sie ab 2000 zu einem Leben in der Dunkelheit. Ein Leben ohne Tageslicht, in abgedunkelten Räumen zermürbt und so kommt es, daß Hannelore Kohl sich für den Freitod entscheidet, den sie genau plant. Abschiedsbriefe erklären ihre Entscheidung.

„Hannelore Kohl - Ihr Leben“ zeigt das Leben einer starken Frau, die ihre Pflicht erkannte und ohne großes Klagen ein erträumtes „normales“ Familienleben gegen ein „öffentliches“ Dasein eintauschte.

Da Peter Kohl das Buch mitverfaßt hat, ist anzunehmen, daß Hannelore Kohl wohlwollend betrachtet worden ist. Doch auch den kritischen Leser mag die Biographie zu überzeugen, daß Hannelore Kohl eine verdiente Persönlichkeit war. Abgesehen von der Darstellung des Lebens und der Leistungen Hannelores Kohls bietet das Buch auch einen Querschnitt durch die deutsche Geschichte und man erfährt viel über die politischen Entwicklungen in unserem Land. Fritz Hegelmann

 

Dona Kujancinski, Peter Kohl: „Hannelore Kohl - Ihr Leben“, Droemer Verlag, München 2002, Leinen, 382 Seiten, 19,90 Euro.

 
     
     
 
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