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Innovationsgipfel: wieder nur Theaterdonner?

 
     
 
Das neue Jahr hat begonnen, wie das alte zu Ende gegangen ist. Oder richtiger, wie die letzten fünf verflossen sind: ohne erkennbares Konzept der Bundesregierung, mit vorgetäuschter Aktivität, die tatsächlich Wurstelei ist. Was allein Bewunderung auslösen kann, wenn auch eine sehr fragwürdige, sind die zur Schau gestellte Geschäftigkeit und der Einfallsreichtum des Bundeskanzlers, mit immer neuen "Konzepten" wortgewandt vor die Öffentlichkeit zu treten und nichts für etwas zu "verkaufen". Die Arbeitslosigkeit
auf mindestens dreieinhalb Millionen zu senken hatte Schröder 1998 versprochen, und das sogar als Ausweis seiner weiteren Regierungswürdigkeit ausgegeben. 

Es sind inzwischen fast fünf Millionen geworden. Dann kam das Feuerwerk der Einfälle: die Wiederbelebung des längst als totes Kind erkannten "runden Tisches"; ein gemeinsames Strategiepapier mit dem britischen Premier Tony Blair, das längst unter Aktenstaub vergammelt ist; ein "Bündnis für Arbeit", das ohne Wirkung verpuffte; die "Hartz-Kommission", deren Vorschlag ursprünglich ohne Wenn und Aber und unverzüglich eins zu eins umgesetzt werden sollte, inzwischen aber als Hartz I bis IV verwässert ist; die "Rürup-Kommission", über deren Grundidee aus Angst vor ideologischen Hardlinern in der SPD-Fraktion und bei DGB-Gewerkschaften nur zaghaft und eher abwimmelnd diskutiert wird; die "Gesundheitsreform", deren gesetzliche "Umsetzung" sich in den ersten Tagen dieses Jahres als Pfusch zeigt. Die "Bundesanstalt für Arbeit" (BfA) wurde in eine "Bundesagentur" (BA) umgewandelt, das heißt, ein kleines "f" wurde eingespart, dafür Millionen für Beraterfirmen und zusätzliche Beamte ausgegeben. 

Die Arbeitslosigkeit war Ende 2003 trotzdem höher als vor einem Jahr. Inzwischen rutschte das Wirtschaftswachstum von über zwei Prozent (1999/2000) auf unter null, und schließlich stieg die Staatsverschuldung im dritten Jahr hintereinander über die Drei-Prozent-Grenze, was den Bruch des Maastrichter Stabilitätspaktes bedeutet. So weit hat es die Politik dieses Kanzlers gebracht: Deutschland ist wirtschaftliches Schlußlicht der EU. Doch gemach: Noch hat Gerhard Schröder sein ideenreiches Pulver nicht verschossen. Aus dem Weihnachtsurlaub erholt zurückgekehrt, legte er ohne Zeitverzug sogleich wieder los. Ein "runder Tisch" kommt wieder ins Geschäft. Diesmal als "Innovationsrat". Dem guten Essen über die Feiertage noch nicht entwöhnt, lud der Kanzler zur Tafel. Nun waren sie wieder beieinander, die sich schon an früheren runden Tischen und im Bündnis für Arbeit ihre Köpfe zerbrochen hatten. 

Die erlauchte Gesellschaft, diesmal erweitert durch herausgehobene Wissenschaftler, sollen uns nun endlich den Weg weisen, wie wir mit großen Sprüngen zu Spitzenleistungen in Forschung, Entwicklung und Produktion kommen. Eliten müssen her. Auf Elite-Universitäten sollen sie wie Pilze aus dem Boden schießen. Boston, Harvard und wie die angelsächsischen Elite-Schmieden alle heißen, werden sich bald wie Dorfschulen vorkommen, wenn des Kanzlers Innovationssprung erst in Gang kommt. Nur: die vielen großen "W" - Wer, Wo, Was, Wann, Wie, Womit, Wodurch - wurden so wenig beantwortet wie bei den früheren Tischgesellschaften. Inzwischen hat sich das Wichtigste totgelaufen, was eigentlich in diesem Jahr hätte erledigt werden sollen, nein müssen: die große Steuerreform. Die in nächtelangen Sondersitzungen vor Weihnachten durchgepaukte Minireform bringt nichts. Was auf der einen Seite an Steuererleichterungen herausgekommen ist, kassieren der Finanzminister und seine Gesundheitskollegin auf der anderen wieder ein. Schlimmer noch: Die Ausführungsbestimmungen sind wieder so kompliziert, widersprüchlich und schlampig formuliert, daß bei Steuerzahlern und in der Finanzverwaltung nur noch Konfusion herrscht. Dadurch öffnen sich für clevere Steuerfachleute wieder neue Schlupflöcher. Wahrscheinliches Ergebnis: Wieder fehlen Milliardeneinnahmen, die Neuverschuldung wird zum vierten Mal hintereinander die Drei-Prozent-Marke überschreiten. 

Daß dann Panik ausbricht und nach Folterwerkzeugen gesucht wird (indem etwa Zollfahnder auch noch den Putzfrauen nachschnüffeln), liegt ganz auf der Linie sozialistischer Gesellschaftserzieher. An der parlamentarischen Opposition läuft dieses Chaos fast spurlos vorüber. Sie läßt sich von Schröder foppen. Beharrlich rempelt er Merkel und Stoiber an, sie sollten doch nun endlich ihr Konzept der großen Steuerreform vorlegen. Und siehe, gleich geraten sich CDU und CSU in die Wolle, ob denn das Modell von Merz, Herzog oder Stoiber das bessere sei. Damit scheint wohl entschieden, daß sich in diesem "Superwahljahr" mit vier Landtags-, der Europa- und sechs landesweiten Kommunalwahlen außer wortreichem Theaterdonner nichts abspielen wird. Fritz Schenk
 
     
     
 
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