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Jugoslawien: Der verdrängte Völkermord

 
     
 
Um ihr verzerrtes Bild von den deutschen Heimatvertriebenen nicht korrigieren zu müssen, ziehen Politiker und Medienmacher zur Vertreibung der Kosovo-Albaner alle möglichen hinkenden Vergleiche aus der Geschichte heran – nur nicht das grausige Schicksal der Deutschen aus Jugoslawien. Auch eine jüngst erschienene Dokumentation der schrecklichen Ereignisse von 1944 bis 1948 wird mit Nichtachtung gestraft.

 

Die Donauschwäbische Kul-turstiftung in München hat ein Taschenbuch über den Völkermord an den Deutschen im früheren Jugoslawien herausgebracht, das am Donnerstag (6. Mai) in der Parlamentarischen Gesellschaft in Bonn der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Es ist die Kurzfassung des vierbändigen Werkes, das auf Tausenden von Zeitzeugenberichten der Menschen fußt, die als deutsche Bürger des vormaligen Königreichs Jugoslawien besonders ab Herbst 1944 den Verfolgungen durch das kommunistische Tito-Regime ausgesetzt waren.

Sie konnten den Erschießung
en entrinnen und haben die Lagerinternierung und die Vertreibung überlebt. Diese Dokumentation ist das Gemeinschaftswerk zweier Generationen Heimatvertriebener und schildert den von der damaligen Weltöffentlichkeit und der Publizistik der Gegenwart kaum beachteten Vorgang des Völkermordes an den Deutschen in seiner historischen und ethischen, aber auch völker- und menschenrechtlichen Dimension:

– Massenerschießungen und Vergewaltigungen,

– Beraubung von Hab und Gut,

– Austreibung aus den Häusern, Einlieferung in Vernichtungs- und Arbeitslager,

– die von den Schergen der kommunistischen Machthaber individuell ausgeübte Grausamkeit,

– das bewußt betriebene Sterbenlassen durch Hunger und Seuchen, die zum Tod fast aller betagten Menschen und Tausender von Kindern führten,

– schließlich die versuchte und teilweise vollzogene Slawisierung der überlebenden Kinder.

Opfer der Verbrechen wurden die Angehörigen der in Jugoslawien lebenden Volksgruppe deutscher Muttersprache: Donauschwaben, Deutsch-Untersteirer und Gottscheer.

Die Donauschwaben stammen von jenen Siedlern, die die habsburgischen Kaiser nach der Befreiung Ungarns von der Türkenherrschaft im pannonischen Becken zwischen 1689 und 1787 ansiedelten. Es gelang den Kolonisten, aus den abgeödeten Gebieten die Kornkammer der Donaumonarchie zu schaffen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die rund 1,5 Millionen Seelen zählende Volksgruppe zu etwa je einem Drittel auf die Nachfolgestaaten Ungarn, Rumänien und Jugoslawien aufgeteilt. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges befand sich von den 510 000 Donauschwaben Jugoslawiens ein Teil beim Militär, ein großer Teil war vor der herannahenden Front geflüchtet oder evakuiert worden. Rund 195 000 blieben zu Hause und gerieten unter das Partisanenregime. Durch Erschießungen, Deportation in die Sowjetunion sowie Internierung in Arbeits- und Vernichtungslagern kamen rund 60 000 Zivilpersonen ums Leben. Die Überlebenden fanden hauptsächlich in Deutschland und Österreich eine neue Heimat.

Die Deutsch-Untersteirer sind die deutschsprachigen Bewohner der Untersteiermark, eines Gebietes, das über 770 Jahre lang ein Teil des Herzogtums Steiermark war. Sie zählten 1910 74 000 Seelen. Die Untersteiermark wurde durch das Friedensdiktat von Saint-Germain im Jahre 1919 Jugoslawin zugesprochen und zu einem Teil Sloweniens gemacht. Viele Untersteirer optierten hierauf für Österreich, andere wanderten notgedrungen ab. Zu Ende des Zweiten Weltkrieges ereilte auch die über 20 000 in ihrer alten Heimat verbliebenen Deutsch-Untersteirer die Katastrophe.

Im Krieg gefallen, von den Tito-Partisanen erschossen oder in eines der slowenischen Vernichtungslager verbracht, gingen fast 6000 von ihnen zugrunde. Die Überlebenden fanden zu 90 Prozent in Österreich eine neue Heimat.

Die Gottscheer: Das Schicksal der 1939 rund 13 000 Bewohner der in Krain liegenden und über 500 Jahre bestehenden deutschen Sprachinsel Gottschee gleicht dem der Deutsh-Untersteirer. Sie beklagen rund 1000 Zivil- und Militärtote.

Die Lagerinternierung begann im wesentlichen im Herbst 1944. Die "ethnische Säuberung" Jugoslawiens von seiner deutschen Volksgruppe war indes schon spätestens seit der Konferenz des Antifaschistischen Rates der Volksbefreiung Jugoslawiens (AVNOJ) von Jajce (Bosnien, November 1943) in Aussicht genommen worden. Der AVNOJ fungierte als eine Art provisorische Volksvertretung der kommunistischen Partisanenbewegung, die unter der Führung von Josip Broz, genannt Tito, dem langjährigen Nachkriegsstaatchef Jugoslawiens, stand. Den formellen Beschluß zur entschädigungslosen Enteignung aller in Jugoslawien lebenden Bürger deutscher Abstammung erließ der AVNOJ am 21. November 1944 in Belgrad. Er erklärte diese Bürger Jugoslawiens in einem außergerichtlichen Verfahren (so die juristische Sprachregelung) kollektiv zu Volksfeinden, die zwar nicht ihre Staatsbürgerschaft, wohl aber alle staatsbürgerlichen Rechte verloren. Es lag in der Logik dieser Entrechtung, daß sie die Errichtung von Internierungslagern für die Bürger deutscher Muttersprache erfordern würde.

Erschießungsaktionen begleiteten das Martyrium der angestammten deutschen Bevölkerung Jugosalwiens. Nach Beginn der Besetzung im Oktober 1944 im Banat bis zum Kriegsende vollzogen lokale kommunistische Instanzen, die Staatspolizei (OZNA) und eigene Partisanen-Kommandos ("Aktion Intelligenzija") Erschießungen bzw. grausame Tötungen führender und wohlhabender deutscher Bürger im Alter von 16 bis 60 Jahren. Diese Aktionen forderten zwischen Oktober 1944 und Juni 1945 rund 9500 Opfer – die erste Station des Völkermords.

Ab Oktober 1944 setzte dann die Internierung der Donauschwaben und bei Kriegsende auch jene der Untersteirer und Gottscheer ein. Bis August 1945 waren alle Ort von ihren deutschen Bewohnern "gesäubert". Nur jene blieben von Internierung und Vermögensverlust verschont, die in Ehen mit Andersnationalen lebten oder zu den wenigen gehörten, die auf Seiten der Partisanen gestanden oder gekämpft hatten.

Deportationen in die Sowjetunion folgten. Bevor indes die Einweisung in die Lager vollzogen war, wurden entsprechend einer Forderung Stalins von den Partisanen zu Weihnachten 1944 8000 donauschwäbische Frauen und 4000 Männer aus dem Banat und der Batschka in die Sowjetunion (die meisten ins Donez-Becken) deportiert, wo sie hauptsächlich in den Kohlengruben arbeiten mußten. Bis 1949 starben von ihnen an Unterernährung und Krankheiten mindestens 2000 – die zweite Station des Völkermords. Unmittelbar nach Kriegsende setzten bestialische Racheaktionen der kommunistischen Partisanen Titos an den kroatischen, slowenischen und deutschen Kriegsgefangenen ein, dies vor allem im Raum Slowenien. Man schätzt die Zahl der Ermordeten auf 100 000. Im Zuge dieser blindwütigen Rache und in weiterer Folge sind allein annähernd 5 000 donauschwäbische Kriegsgefangene umgekommen. Etwa 2 000 Mann der Division Prinz Eugen wurden als wehrlose Kriegsgefangene nach der allgemeinen Kapitulation bei Rann (slow.: Brezice) erschossen – im Widerspruch zu den internationalen Konventionen, die die Erschießung von Kriegsgefangenen verbieten – die dritte Station des Völkermords.

 

Über Bilanz und Ursachen der Vertreibung und Vernichtung der Deutschen in Jugoslawien lesen Sie hier.

 
     
     
 
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