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Die falschen Aussagen richtiger Bilder

 
     
 
Die Zielvorstellung der Initiatoren der Wanderausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" ergab sich allein aus der Titulatur. Freilich mußte der wissenschaftliche Anspruch schon daran scheitern, daß die gegnerischen Mächte in diesen Auseinandersetzungen um weltweite Absatzmärkte und Rohstoffe, die ihren Anfang schon im Ersten Weltkrieg
es genommen hatten, vollständig ausgespart blieben. Daß jeder Krieg die Grenzen üblicher menschlicher Gesittung überschreitet, ist Allgemeingut eines jeden wacheren Zeitgenossen. Wie die Nachkriegsbeispiele Korea, Vietnam und Golfregion zeigen, gelten neben wirtschaftlichen Gründen immer auch nationale Selbstbestimmung, Befreiung von fremder Herrschaft und Erhalt der Gemeinschaft als Motive für den Kriegseintritt. Keinesfalls ist es hinreichend, die furchtbaren Schlachten des Krieges allein aus der moralischen Sprache von Fotos ableiten zu wollen; diese erhellen den Augenblick, sagen aber wenig über die kriegsrechtliche Lage aus. Zwar gilt, daß die Sieger die Geschichte schrieben, aber gerade deswegen sind deren Motive und die Art ihrer Kriegführung noch längst nicht von der Historie gewürdigt worden. Die nachfolgende Arbeit des Düsseldorfer Rechtsanwaltes am Oberlandesgericht, Dr. Wolf Stoecker (Jahrgang 1907), sind Beweis und Baustein dafür, daß aufrichtiges sachkundiges Bemühen allemal mehr Frucht trägt als demagogische Argumentationsketten, die nur dem raschen Augenblick und kurzsichtiger parteipolitischer Berechnung dienen. In der Dialektik dieses Erkenntnisprozesses, als List der Geschichte, erfüllt jene Ausstellung ungewollt dann doch noch einen Zweck.

In der in diesen Tagen in Kiel gezeigten Wanderausstellung
"Vernichtungskrieg. Verbre-chen der Wehrmacht 1941 bis 1944" werden insgesamt zehn Fotos über Vorgänge am 22. April 1941 in Pancevo gezeigt, unter denen dies als erstes hier wiedergegebene Bild vom "Gnadenschuß" eines Wehrmachtsoffiziers, gerichtet auf eines der Opfer einer Erschießung an der Friedhofsmauer, das bekannteste ist. Die dem Besucher der Ausstellung auf Stellwänden und im Katalog dazu gegebene Erläuterung hat unter der Überschrift "Die ersten Sühnemaßnahmen gegen die serbische Bevölkerung" folgenden Wortlaut:

"In Serbien ließ die Wehrmacht von Beginn an keine Zweifel aufkommen, daß sie gewillt war, auch gegen Zivilisten mit blutigen Mitteln vorzugehen. Als in Pancevo, der Hauptstadt des Banat, am 17. und 18. April 1941 – also noch vor der Kapitulation der jugoslawischen Armee – zwei SS-Männer ermordet wurden, ordnete der Standortkommandant, Oberstleutnant von Bandelow, als Sühnemaßnahme die Ermordung von Zivilisten an: Wehrmachtsangehörige trieben wahllos Einwohner der Stadt zusammen. Am 22. April 1941 wurden 18 Menschen im Friedhof erhängt, weitere 18 Personen von einem Exekutionskommando des Wehrmachtsregiments ,Großdeutschland‘ an der Friedhofsmauer erschossen. Die Leichen blieben zur Abschreckung drei Tage lang ausgestellt. Die gefallenen SS-Männer wurden in einer demonstrativen Zeremonie beerdigt."

Keine der in dieser Darstellung aufgeführten Tatsachen ist wahr.

1. Die Kapitulation der jugoslawischen Armee erfolgte mit Unterzeichnung des in Belgrad am 17. April 1941 abgeschlossenen Waffenstillstandsvertrages, der mit dem 18. April in Kraft trat. Pancevo war damals eine Stadt von etwa 40 000 Einwohnern, die sich je zur Hälfte aus Serben und Banatdeutschen (Donauschwaben) zusammensetzten. Mit dem Einmarsch in Jugoslawien erließ der Oberbefehlshaber des Heeres einen "Aufruf an die Bevölkerung", in dem es u. a. heißt: "Die militärischen Befehlshaber werden die zur Sicherung der Truppe und zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung nötigen Anordnungen erlassen ..." Von der Klugheit und der Einsicht der Bevölkerung erwarte ich, daß sie alle unbesonnenen Handlungen, jede Art von Sabotage, passiven oder gar aktiven Widerstand gegen die Wehrmacht unterläßt. Allen Anordnungen der deutschen Militärbehörden ist unbedingt Folge zu leisten. Die deutsche Wehrmacht würde es bedauern, wenn sie durch feindselige Handlungen einzelner Zivilpersonen zu den schärfsten Gegenmaßnahmen gegen die Bevölkerung gezwungen würde ..."

Die jugoslawischen Truppen verließen bereits am 12. April Pancevo, nahmen aber einige Männer der zuvor von Donauschwaben aufgestellten Bürgerwehr mit. Wenige Tage später fand man dann unweit von Belgrad neun der Verschleppten bestialisch ermordet auf und brachte sie nach Pancevo. Ihre Särge wurden am 22. April morgens vor dem Rathaus unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und unter Mitwirkung eines Musikzuges der Wehrmacht beigesetzt.

2. Inzwischen hatte auch die Wehrmachteinheit "Regiment Großdeutschland" in Pancevo und näherer Umgebung Quartier bezogen. Bis auf ein Lazarett war eine SS-Einheit im Bezirk Pancevo nicht stationiert.

Nach dem Einrücken des Regiments erfolgten mehrere Anschläge auf Wehrmachtsangehörige, wobei die auf sie abgegebenen Schüsse meistens aus dem Friedhof der Stadt erfolgten, vor dessen Mauer eine von Meldefahrern und Streifen benutzte Straße entlang lief. Als in den frühen Morgenstunden des 21. April 1941 zwei Angehörige des Regiments an der Ecke einer einmündenden Straße erschossen aufgefunden worden waren, wurde vom III. Bataillon eine Säuberung des Friedhofs von Partisanen angeordnet. Nicht nur in Gruften und Katakomben wurden Partisanen gefaßt, sondern auch nach Entdeckung eines Ganges, der unter der Straße zu einem gegenüberliegenden Wirtshaus führte, wurden in den Gasträumen mit Waffen angetroffene Gäste verhaftet. Bei der Gastwirtin entdeckte man unter einem Verband am Unterarm eine Pistole.

Da der Einheit Großdeutschland als Regiment kein Kriegsrichter zur Verfügung stand, mußte von der nächstgelegenen SS-Division "Das Reich" der Kriegsrichter herangezogen werden, der übrigens ebenso wie Wehrmachtrichter bei der Durchführung eines Verfahrens die Militärstrafgerichtsordnung anzuwenden hatte. Unter Beiziehung von zwei Offizieren des Regiments als Beisitzer, einem Justizbeamten als Anklagevertreter und unter Bestellung eines rechtskundigen Offiziers zum Verteidiger wurde ein nach der Prozeßordnung zulässiges Standgerichtsverfahren durchgeführt. Insgesamt wurden, wie durch den im späteren Ermittlungsverfahren gehörten Vorsitzenden und durch damals anwesende Zeugen bestätigt worden ist, 18 Personen, die aus den Verstecken im Friedhof oder im Waffenbesitz verhaftet worden waren, dem Gericht vorgeführt und als Freischärler oder wegen unbefugten Waffenbesitzes verurteilt. Wer ehemaliger Angehöriger der serbischen Armee war – es waren neun der Angeklagten – wurde erschossen, wer als ziviler Partisan eingestuft wurde, wie die mit versteckter Waffe angetroffenen Wirte der Gaststätten, wurde gehängt.

In diesem Zusammenhang sei das US-Milit#ärgericht in Nürnberg im Fall 7 gegen die Süd-Ost-Generale zitiert, welches entschieden hat: "Wir glauben, daß der Grundsatz feststeht, daß ein Zivilist, der an Kämpfen teilnimmt, sie unterstützt oder sonst fördert, sich der Bestrafung als Kriegsverbrecher im Rahmen des Kriegsrechts aussetzt. Kampf ist rechtmäßig nur für die kämpfenden Truppen eines Landes. Nur sie können fordern, als Kriegsgefangene behandelt zu werden."

Die Erschießung der neun Personen an der Friedhofsmauer erfolgte durch ein Exekutionskommando des Regiments Großdeutschland unter Leitung des – übrigens namentlich bekannten – Leutnants, der auf dem Bild mit der Schußwaffe in der Hand zu sehen ist. Die für die Durchführung einer Exekution vorgesehenen Dienstvorschriften wurden eingehalten: das Urteil wurde in serbischer Sprache verlesen, ein Spielmannszug mit Trommlern war anwesend, jeweils zwei Schützen waren für die Erschießung eines Delinquenten eingesetzt.

Das Erhängen der übrigen Partisanen erfolgte nicht durch Angehörige der Wehrmacht, sondern durch einen namentlich bekannten Volksdeutschen und einen weiteren ungarischen Henker.

Der zeitliche Ablauf der durch Fotos belegten Vorgänge am 22. April 1941 war folgender: morgens war die Beisetzung der von den Serben ermordeten und nach Pancevo überführten Volksdeutschen; darauf beziehen sich die beiden in Ausstellung und auf Seite 31 des Katalogs gezeigten Fotos, die fälschlicherweise als Bilder von der Beerdigung der gefallenen SS-Männer bezeichnet werden; schon vor Beendigung der Beerdigungszeremonie erfolgte die Erschießung der Opfer an der Friedhofsmauer ohne Beteiligung der Bevölkerung, die erst nachträglich hinzukam; dann erst wurden die als Partisanen gefaßten Zivilisten einschließlich der Wirtin aufgehängt, wobei es zu unwürdigen und teilweise skandalösen Szenen aus der Bevölkerung heraus kam.

3. Diese vorstehend wiedergegebenen wahren Vorgänge sind nicht nur durch die im Deutschen Historischen Museum in Berlin (Bildarchiv Gronefeld) vorhandenen Fotos, durch den vom PK-Mann des Regiments (Feldwebel Kessel) gedrehten Film nebst seinen Angaben in der Münchner Abendzeitung vom 4. April1997, sondern auch durch Aussagen heute noch lebender Donauschwaben sowie Angehöriger des Regiments Großdeutschland belegt. Die wichtigsten Unterlagen sind die von der Zentralen Stelle der Justizverwaltungen in Ludwigsburg und von den Staatsanwaltschaften in München und Darmstadt durchgeführten Ermittlungsverfahren und deren Ergebnisse.

Diese Unterlagen sind dem die Vorgänge in Serbien in der Ausstellung bearbeitenden Doktor Walter Manoschek, Politologe der Universität Wien, schon allein durch seine häufigen Besuche der Zentralen Stelle in Ludwigsburg bekannt. Gleichwohl hat er, ohne für seine eingangs wiedergegebene Darstellung auch nur eine einzige Quelle anzugeben, entsprechend der von nahezu allen Mitarbeitern an der Ausstellung angewandten Methode in einem im Bonner Generalanzeiger am 31. Oktober 1998 erschienenen Artikel seine unbelegte Darstellung als die einzig richtige hingestellt. Von der auf Fotos und Aktenunterlagen in Ludwigsburg beruhenden Darstellung des Verfassers behauptet, ohne jede von Anstand gebotene Hemmung, Herr Manoschek, daß es sich dabei "nicht um Fakten, sondern um fragwürdige Mutmaßungen oder schlicht und einfach um die Unwahrheit handelt". Offensichtlich glaubt Herr Manoschek als Politologe dazu berechtigt zu sein, die vor Polizei und Gericht gemachten Aussagen von Beteiligten und Augenzeugen über das stattgefundene ordnungsgemäß durchgeführte Standgerichtsverfahren, nur weil diese Aussage in seine politisch motivierte Linie nicht hineinpaßte, als nichtexistierend beiseite schieben zu dürfen.

Bleibt das Pech für ihn die Entdeckung, daß sogar das serbische Geschichtsinstitut Branislaw-Missa-Popos für zeitgenössische Geschichte Beograd 1922 eine Schrift mit dem Titel herausgegeben hat "Deutsche Gefängnisse und KZ", in der das Standgerichtsverfahren behandelt wird, allerdings unter der Überschrift "Gerichtsposse in Pancevo".

Was die behauptete Zahl von 18 Erschossenen und 18 Gehängten betrifft, so können die von Manoschek vom Deutschen Historischen Museum eingeholten Fotos, auch wenn sie in stark verkleinerter Form in Ausstellung und Katalog wiedergegeben werden, über die wirkliche Anzahl von allenfalls je neun Opfern nicht hinwegtäuschen. Das hiermit wiedergegebene vom Museum in Berlin in der Größe von 13 x 18 cm versandte Bild der an der Friedhofsmauer stehenden Opfer läßt die Zahl so deutlich erkennen, daß bei aller Phantasie keine 18 Personen gezählt werden können. Nichts anderes weisen auch die veröffentlichten Standbilder aus dem Film von Kessel aus. Zahlenmäßig gilt das gleiche bei Bildern von Gehängten, die im Museum in Berlin ebenfalls in größerem Format vorhanden sind.

4. Die StA Darmstadt hat das Verfahren durch Verfügung vom 28. September1973 eingestellt, "weil sich aus Dokumenten wie auch aus verschiedenen Zeugenaussagen ergeben hat, daß sich unter den Hingerichteten auch Partisanen (auch als Freischärler oder Zetnici bezeichnet) befanden. Solche Personen konnten durch Standgericht zum Tode verurteilt und anschließend hingerichtet werden.

5. Faßt man die vorstehend dargelegten Ergebnisse der Untersuchung über die Vorgänge in Pancevo im April 1941 zusammen, dann ergibt sich, daß die zur Kriminalisierung der Wehrmacht von den Ausstellern aufgestellten Behauptungen

• Erschießung von zwei SS-Männern vor der Kapitulation der jugoslawischen Armee

• Anordnung des Standortkommandanten zur Ermordung von Zivilisten

• wahlloses Zusammentreiben von Einwohnern durch die Wehrmacht

• Beerdigung der SS-Männer in einer demonstrativen Zeremonie

• Erhängung und Erschießung von je 18 Personen in bzw. vor dem Friedhof von Pancevo

als unwahr erwiesen sind.

 
     
     
 
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