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Kommentar

 
     
 
Während man im politischen Bonn mit überlautem Getöse und einer dicken Portion Zweckoptimismus die Preisgabe der eigenen Währung feiert, ohne auf die über siebzigprozentige Ablehnungsfront der Bevölkerung und das skeptische Urteil kompetenter Fachleute zu hören, dringt aus dem fernen Rußland die leise Stimme eines russischen Menschenrechtlers zu uns, die ungefragt feststellt: "Königsberg ist eine deutsche Stadt." Sergej Kowaljow, der in der nachbolschewistischen Ära Rußlands seine Stimme immer dann zu erheben weiß, wenn es mit den Geschicken seines Landes nicht zum besten steht, nahm sich nun neben der Problematik der Beutekunst aus der Zeit des Zweiten Weltkrieg
s auch der völkkerrechtswidrigen Aneignung fremden Gebietes durch seine Regierung an: "Was sollen wir in Ostdeutschland? Wir haben genug eigenes Land, das noch herrenlos ist. Wozu brauchen wir so viel fremdes Land?"

Damit hat sich in allerjüngster Zeit nach den kritischen Einlassungen des russischen Generalleutnants N. P. Klokotow und des litauischen Präsidenten Valdas Adamkus über die immer noch andauernde Fremdverwaltung Ostdeutschlands eine weitere Stimme erhoben, dieses Mal aus der Bürgerrechtsbewegung, die auf völkerrechtlichen Ordnungsvorstellungen beruht und dem gedeihlichen Einvernehmen unserer beiden Völker dienlich sein kann. Man weiß natürlich aus den bitteren Erfahrungen der letzten zwölf, fünfzehn Jahre, daß menschen- und bürgerrechtliche Forderungen gerade in Bonn nicht sonderlich hoch geschätzt werden. Als die Verbitterung über das nun verdient untergegangene Honecker-Regime seinen Ausdruck in der damaligen Ausreisebewegung fand, war es gerade diejenige Bonner Administration, die später alles in blühende Landschaften verwandeln wollte und bislang nur die geistige Ödnis westdeutscher Verhältnisse zu übertragen wußte, die den damals schnell anwachsenden Bürgerunmut im Einklang mit der maroden SED zu deckeln suchte.

Die Hofierung der Staatspartei und der offizielle Empfang Honeckers in Bonn bleiben ebenso unauslöschlich in die Annalen unserer Nationalgeschichte eingeschrieben wie der Milliarden-Kredit des Franz Strauß, der freilich den dramatischen Untergang auch nur verzögern, aber nicht mehr verhindern konnte. Wenn nun ein russischer Rufer seine Stimme erhebt, um Unrecht am deutschen Volk aus der Welt zu schaffen und dies politisch von den Verantwortlichen ungenutzt und von der Gesamtheit unseres Volkes weithin unbeachtet bleibt, so ist dies ein sicheres Zeichen dafür, wie entscheidend nicht nur unsere nationalpolitische und demokratische Empfindung geschädigt ist und wie wenig uns die Schicksale von Nachbarvölkern kümmern: Freilich, auf längere Sicht hin (und dies gilt für alle Abendländler) bleibt man nämlich nicht im Stand der Unschuld, wenn man Hehlerei im großen Stile duldet.

Hierzu gehört eben auch, daß man abgetrennte Heimat nicht für ein wenig bekömmliches westeuropäisches Linsengericht eintauschen darf. Insofern sollte Sergej Kowaljows Klage über mangelnde Demokratie gehört und recht verstanden werden.

 
 
     
     
 
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