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Krampf und Gloria

 
     
 
Die Vereidigung von Rekruten ist nicht nur ein juristischer Vorgang, und der Umzu einer Militärkapelle durch eine Stadt ist nicht bloß ein unterhaltsames Schauspie – beide sind auch Spiegel des Umganges des Volkes mit seinem Militär, ja, darübe hinaus sind sie ein Spiegel seines Verhältnisses zum Staat, seiner Identität. Der Zufal fügte es nun so, daß man im Herbst dieses Jahres in der Oderregion zwei solche Spektakel verfolgen konnte. Das öffentliche Gelöbnis von 720 Bundeswehr-Rekruten in Frankfurt (Oder) am 18. Oktober, das nur unter massiven Sicherheitsvorkehrungen möglic war und einen gequälten Eindruck machte, und der polnische Heldenappell am 11. Novembe in Frankfurts östlichem Stadtteil jenseits der Oder, polnisch Slubice, der ein wahre Volksfest mit Weltkriegsveteranen und jungen Soldaten war.

Da an dem deutschen Gelöbnis neben rund 4000 Familienangehörigen auc Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping
(SPD) und Brandenburgs neuer Innenministe Jörg Schönbohm (CDU) teilnahmen, wollten sich die Feldjäger keinen Fehler leisten, ih Vorgehen gegen Störer war entsprechend heftig.

Auch die Stadtführung wollte sich keinen Lapsus erlauben, schließlich hatte sich die Stadt 1998 mit ihrer Ablehnung eines öffentlichen Gelöbnisses ein Jahr nach de Oderhochwasser böse Kritiken eingehandelt.

Zur Unterhaltung spielte bei dem Gelöbnis auf dem Marktplatz vor dem alte hanseatischen Rathaus neben einem Heeresmusikkorps der Bundeswehr auch eine polnisch Militärkapelle. Da man nun polnische Gäste hatte, entschied die Bundeswehr-Führun eilfertig, daß jede Ankündigung und jedes Kommando auch ins Polnische übersetzt werde muß. Sehr zum Ärger der Frankfurter und ihrer Gäste, denn so entstanden lange Pausen Immerhin wurde der Fahneneid nicht übersetzt. "Das fehlte noch, nachher leiste unsere Jungs noch einen Eid auf die polnische Fahne", scherzte eine Mutter.

Dieser Schachzug hatte natürlich aus Sicht der Bundeswehr auch einen gute Nebeneffekt: Wer diese Veranstaltung stört, stört damit auch eine deutsch-polnisch Geste. Diese Überlegung brachte auch viele junge Linke in Schwierigkeiten, den einerseits wollten sie gerne mit Eiern und Steinen werfen, andererseits wollten sie abe die polnischen Gäste nicht beleidigen. Daß dieses Gelöbnis zufälligerweise a Jahrestag der Völkerschlacht von Leipzig stattfand, ist selbstverständlich nich erwähnt worden – wahrscheinlich ist das Datum auch dem jungen deutsche Offiziersnachwuchs nicht bekannt.

Ganz anders der Tag im östlichen Teil von Frankfurt/Oder (Slubice). De Nationalfeiertag 11. November erinnert an die Begründung des polnischen Staates nach de Ersten Weltkrieg durch Jozef Pilsudksi, nachdem es allerdings bereits 1916 einen erste von Deutschland organisierten Versuch gegeben hatte.

Bei der Militärparade am 11. November 1999 stehen die ordengeschmückten Kombattante in der ersten Reihe und erzählen den jungen Soldaten und den Einwohnern von ihre Heldentaten: "Einen Orden habe ich für meinen Einsatz beim Warschauer Aufstand 194 bekommen, und einen für die Eroberung von Berlin", erzählt ein aus Galizie stammender Veteran. Nach dem Singen der Nationalhymne folgen patriotische Ansprachen Selbstverständlich wurden zu dieser Feier keine Gäste aus Deutschland eingeladen selbstverständlich wird hier auch nichts übersetzt.

An der ungezwungenen, fast fröhlichen Veranstaltung nahmen alle Schichten de Bürgerschaft teil. Die Teilnahme an dem Appell gehört einfach dazu, es ist schic dabeizusein, man trifft sich und feiert. Höhepunkt ist das Gedenken an die gefallene Soldaten. "Fünf Generationen Polen haben auf diesen Tag gewartet", beginnt ei Offizier den Appell für die Gefallenen. "Wir stehen hier für unsere Freiheit un für die Liebe zu unserem Land", sagt er. "Wir stehen hier für die, die tapfe bei Danzig gekämpft haben." Die jungen Soldaten antworten mit dem Ruf "Gefallen auf dem Feld der Ehre."

Das Ende des Heldenappells gehört den Jungen zwischen zehn und 16 Jahren. Nachdem die Rekruten aus ihren Gewehren einen Salut auf das Vaterland gegeben haben, stürmen die Knaben wie jedes Jahr den "Heldenplatz" und reißen sich um die Patronenhülsen Eine schöne Feier ging zu Ende. Friedrich Nolop
 
     
     
 
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