|  | Als einen     neuen Rekord bezeichneten Pressemeldungen die rund 60 000 Besucher der diesjährigen     Leipziger Buchmesse. 1934 Aussteller aus 30 Ländern hatten ihre Neuerscheinungen einem     interessierten Publikum präsentiert. Nach Frankfurt hat sich Leipzig zur größten     europäischen Buchmesse entwickelt. 
 Leipzig und Bücher, Leipzig und Schriftsteller  das hat eine lange Tradition.     1481 wird dort das erste Buch gedruckt. 1300 Titel waren es bis 1530  liturgische     Drucke ebenso wie theologische, philosophische, juristische, mathematische, aber auch     erste Werke zur Reformation. Ab 1594 wurde der erste Katalog
   zur Buchmesse herausgegeben.     In Leipzig erschien 1660 die erste Tageszeitung der Welt, 1682 die erste     Gelehrten-Zeitschrift. 1853 wurde dort "Die Gartenlaube" gegründet. Der erste     Musikverlag der Welt, Breitkopf & Härtel, hatte seinen Sitz in Leipzig. Um 1900     zählte man bereits 144 Buchdruckereien im Graphischen Viertel, östlich des Stadtzentrums     gelegen. 
 Die Bibliothek der 1409 gegründeten Universität birgt überaus wertvolle Bestände.     Mag es an dieser Vielfalt liegen, daß aus allen Teilen Deutschlands Studenten nach     Leipzig kamen? Paul Fleming, der bedeutende Lyriker des Barock, besuchte die Thomasschule     und studierte Medizin in Leipzig, Christian Fürchtegott Gellert studierte Theologie,     Philosophie und Literatur, Friedrich Gottlieb Klopstock ebenfalls Theologie wie auch     Gotthold Ephraim Lessing. Goethe nahm ein Jurastudium auf, Jean Paul, Novalis, Theodor     Körner ... die Reihe ließe sich fortsetzen.
 
 Zu den Besuchern der Stadt, die sich längere Zeit dort aufhielten, gehörte neben dem     Ostdeutschland Gottsched  auch Friedrich Schiller, der 1785 einer     Einladung Körners nach Leipzig folgte. Im Obergeschoß des jetzigen Schillerhäuschen an     der Menckestraße arbeitete er am "Don Carlos" und schrieb die erste Fassung     seiner Ode "An die Freude". 1801 wurde seine "Jungfrau von Orleans" in     Leipzig uraufgeführt.
 
 Unter den bedeutenden Söhnen der Stadt findet man neben Richard Wagner den 1646 geborenen Philosophen Gottfried Wilhelm von Leibnitz, der sich für die     Pflege und Verbesserung der deutschen Sprache einsetzte. 1655 wurde Christian Thomasius in     Leipzig geboren; er gab seit 1688 mit den "Monatsgesprächen" das erste     Rezensionsorgan in deutscher Sprache heraus. Johann Friedrich Kind, geboren 1768, schrieb     u. a. das Libretto zu Webers "Freischütz". Der Arzt, Philosoph und     Schriftsteller Carl Gustav Carus, geboren 1789, war eng mit Goethe befreundet; ihm     verdanken wir bedeutende Schriften über den Dichterfürsten. Richard von Volkmann,     geboren 1830 in Leipzig, benutzte als Lyriker und Erzähler das Pseudonym Richard Leander;     als Arzt machte er sich einen Namen mit der Einführung antiseptischer Wundbehandlung und     in der modernen Orthopädie. Carl Sternheim, Leipziger des Jahrgangs 1878, schrieb u. a.     die Komödien "Bürger Schippel" oder "Die Hose". Die Erzählungen von     Arthur Heinz Lehmann, geboren 1909, über den Hengst "Maestoso Austria" und die     Stute "Deflorata" werden noch heute gern gelesen.
 
 Goethe und Schiller, Gottsched und die Neuberin, Wagner oder Leibnitz  Namen, die     aus der deutschen Kulturgeschichte nicht wegzudenken und die eng mit Leipzig verbunden     sind, der Stadt, in der sich am 10. und 11. Juni die Ostdeutschland zu ihrem     Deutschlandtreffen zusammenfinden. Peter van Lohuizen
 
 
 
 "Kein harmloses Leben"
 Essays über Kant und die Berliner Aufklärung
 
 An diesem Wochenende schließt in Berlin eine Ausstellung ihre Pforten, die sich mit     Immanuel Kant und der Berliner Aufklärung beschäftigte. Die Ausstellung in der     Staatsbibliothek präsentierte dem Besucher so manches seltene Exponat, unter denen vor     allem das "Opus postumum" Aufsehen erregte. Dieses unvollendet gebliebene     Manuskript zählt zu den bedeutendsten Werken des Philosophen aus Königsberg, das die     Wissenschaft sicher noch lange in seinen Bann ziehen wird. Kein Wunder also, wenn sich     Dina Emundts, Mitarbeiterin am Institut für Philosophie an der Humboldt-Universität     Berlin und Herausgeberin des zur Ausstellung erschienenen Begleitbuchs (Staatsbibliothek     zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Dr. Ludwig Reichert Verlag Wiesbaden. 230 Seiten,     zahlr. sw und farbige Abb., bis 30. Juni 59,80 DM, ab 1. Juli 78 DM) in ihrem Beitrag zum     Begleitbuch eingehend mit dem "Opus postumum" befaßt und der Frage nachgeht:     "Warum mußte Kant noch ein Werk schreiben?"  Wollte er gar seine     Kritische Philosophie revidieren?
 
 Das Begleitbuch verzichtet bewußt darauf, die einzelnen Exponate zu beschreiben; auf     diese Weise ist eine Publikation entstanden, die weit über die Ausstellungsdauer Bestand     haben wird. In den auch für den Laien durchaus lesenswerten Essays gehen die fachkundigen     Autoren auf die thematischen Schwerpunkte der Ausstellung ein. So liest man u. a. über     Kants Beziehungen zu den Aufklärern in Berlin, über die preußische Zensur, der auch der     Königsberger zum Opfer fiel, über die Auswirkungen der Französischen Revolution in     Berlin und in Königsberg oder über Kants Haltung in der Frage religiöser Toleranz. Der     Behauptung, Kants Leben sei eintönig verlaufen, sei er doch aus Ostdeutschland nie     herausgekommen, entgegnet Volker Gerhardt: "Wenn wir das Leben Kants in Verbindung     mit seiner Lebensleistung sehen, dann verliert es augenblicklich alle Gleichförmigkeit     und vor allem auch alle Harmlosigkeit, die man dem zurückgezogen lebenden Gelehrten so     leichtfertig nachsagt." Diesem keineswegs "harmlosen Leben" begegnet man     denn auch in diesem Buch. hm
 
 
 
 Wenn sich der Kreis schließt
 Nachdenken über die Nutzung von Schloß Schönhausen
 
 Wie heißt es denn nun korrekt, das Schloß in Pankow bei Berlin, das wie kaum ein     anderes die deutsche Geschichte widerspiegelt? Die einen sprechen von Schloß     Schönhausen, die anderen von Schloß Niederschönhausen  gemeint ist ein und     dasselbe Bauwerk, gelegen im Ortsteil Niederschönhausen in Pankow. Historisch korrekt     muß es lauten: Schönhausen, nachzulesen in einer Urkunde vom 3. August 1740, in der     Friedrich der Große verfügte, seiner Gemahlin Elisabeth Christine "Unser Schloß     Schönhausen ... zu schenken ...". Möglichst weit weg sollte die ungeliebte Gattin     sein. Die richtete sich dort denn auch mehr als ein halbes Jahrhundert häuslich ein, so     daß man heute gern auch vom "weiblichen Sanssouci" spricht.
 
 Viele namhafte Architekten ihrer Zeit  Johann Arnold Nering, Johann Friedrich     Eosander v. Göthe und Johann Boumann  haben im Laufe der Jahrhunderte Umbauten an     dem 1662 als Landsitz der Familie Dohna an der Panke angelegten Schloß vorgenommen. 1691     gelangte es in den Besitz des Kurfürsten Friedrich III., der von dort aus die     Verhandlungen mit dem Hof in Wien führte. Verhandlungen, die dazu führten, daß er 1701     in Königsberg zum ersten König in Preußen gekrönt wurde.
 
 Das Schloß Schönhausen, das nach dem Zweiten Weltkrieg als Sitz des Präsidenten der     ehemaligen DDR, Wilhelm Pieck, und später als Gästehaus der DDR genutzt wurde, ist vom     19. bis 21. Mai Schauplatz der 14. Berliner Tage für Denkmalpflege (öffentliche     Veranstaltung im Konferenzgebäude beim Schloß, Ossietzkystraße, kein Eintritt). Unter     dem Motto "Kulturlandschaft Pankow entdecken" kann man sich über die     geschichtliche Entwicklung des Bezirks informieren, seine aktuellen Probleme und seine     ganz besondere Denkmallandschaft. Diskutiert werden soll auch die zukünftige Nutzung des     Schlosses.  Ein Vorschlag hat da besonderen Reiz: die Stiftung Preußische     Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg möchte dort die Sammlungen aus dem im Krieg     zerstörten Schloß Dohna-Schlobitten in Ostdeutschland unterbringen. Der Kreis würde sich     auf wundersame Weise schließen.
 Musik aus fünf Jahrhunderten
 Neue CD: Blarr spielt die Orgel von Passenheim
 
 Herbert Brust, dessen 100. Geburtstages wir in diesen Tagen gedachten, hätte seine     helle Freude an dieser CD gehabt. Nicht nur, weil sein "Land der dunklen     Wälder", eingespielt auf einer Orgel erklingt, sondern auch weil die Orgel, die er     meisterhaft beherrschte, zeit seines Lebens zu den Lieblingsinstrumenten zählte.      Ein anderer Meister der vielen Register ist der 1934 in Sandlack, Kreis Bartenstein,     geborene und mit dem Ostdeutschen Kulturpreis ausgezeichnete Oskar Gottlieb Blarr. Der     Kirchenmusiker und Komponist, der seit langen Jahren in Düsseldorf lebt, hat nun eine CD     bespielt, die Musikstücke aus fünf Jahrhunderten präsentiert. Kompositionen wie die     Danziger Tabulatur (1591), die Mohrunger Tabulatur von Johannes Fischer (1595) und die     Olivaer Tabulatur von Petrus de Drusina (1619) sind ebenso darauf zu hören wie Melodien     von Heinrich Albert (16041651), Abel Ehrlich (geboren 1915 in Cranz) oder von Blarr     selbst.
 
 Gespielt wurden die Stücke auf der Orgel der evangelisch-lutherischen Kirche in     Passenheim, Kreis Ortelsburg, einem kleinen Städtchen am Großen Kalbensee. Die ersten     Angaben zur Orgel stammen aus dem Jahr 1705; erbaut wurde sie von dem berühmten Johann     Josua Mosengel. In der Vergangenheit restauriert und erweitert, verstummte die Orgel nach     dem Zweiten Weltkrieg. Erst 1993 wurde sie durch eine Initiative von Oskar Gottlieb Blarr     und Wiktor Lyjak und finanziert von der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit     wieder aufgebaut. "Die Orgel erhielt eine mechanische Traktur und die traditionellen     Klappwindladen (wie zu Zeiten Mosengels). Um Konzertansprüchen zu genügen, wurde die     Orgel mit 23 Klangregistern ausgestattet", erläutert Blarr in dem Booklet zur CD,     die über Margret Blarr, Poststraße 19, 40213 Düsseldorf, zu beziehen ist (30 DM,     zuzügl. Versandkosten). Mit dem Überschuß aus dem Erlös der CD soll der Altar in der     Kirche von Passenheim restauriert werden.
 
 
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