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Lebendige Geschichte

 
     
 
Die Geschichte läßt niemanden los, die Deutschen nicht und die Russen nicht, die heute im alten ostdeutschen Königsberg leben. Dies zeigt der Videofilm von Ljudmila Filatova (Königsberg/Kaliningrad) und Bernd Martin, die in einer russisch-deutschen Koproduktion dem Erbe Preußens in Königsberg nachgehen, jener Stadt, die am 18. Januar 1701 Schauplatz der spektakulären Krönung des Kurfürsten Friedrich III. zum König Friedrich I
. in Preußen war.

Es geht den Autoren um eine Korrektur allzu einseitiger Geschichtsbilder, vor allem der Auffassung von Preußen als einem militaristischen Staat, die Darstellung der kulturellen Leistungen der Bürger, der Tragödie seiner Menschen und die Bewertung preußischer Ideale bei den Deutschen und Russen. Die Geschichte Preußens wird so als eine fortwirkende Macht deutlich, die den Untergang des preußischen Staates überlebt hat.

Nach einer Einleitung zur Entstehung des Ordensstaates vor der historischen Stätte der Ruinen der Ordensburg Balga (gegründet 1239), wo im Frühjahr 1945 die letzten schweren Kämpfe der deutschen 4. Armee tobten, und einer Filmeinblendung von der Schlacht bei Tannenberg (1410) werden Gebäude gezeigt, die noch aus der preußischen Zeit stammen: das Waisenhaus, die verschiedenen Forts und Tore, die Luisenkirche, die Handelsbörse, der zum Teil wiederhergestellte Dom mit dem Kant-Denkmal, einige Denkmäler und Häuserreihen. Von der Krönungsgeschichte des Jahres 1701 kann naturgemäß außer Portraits von Friedrich I. und dem berühmten Szepter wenig gezeigt werden. So berichtet eine Königsbergerin über die Geschichte des Schlosses, das im Kriege teilweise zerstört und in einem barbarischen Akt danach gesprengt wurde. Die Bauruine des "Hauses der Räte" an seiner Stelle verdeutlicht die Fehler des Sowjetstaates.

Beeindruckend werden die Eroberung und das Leid der ostdeutschen Zivilbevölkerung durch Krieg und Vertreibung geschildert, wobei letztere als "das größte Unrecht" bezeichnet wird, das Ostdeutschland widerfahren ist. Gerade in dieser Kernaussage überzeugt der Film durch seine Ehrlichkeit und Vernunft. Hier wurden keine Verantwortlichkeiten verwischt oder verschoben.

Der Schlußteil des Films besteht aus Interviews mit deutschen und russischen Politikern und Ostdeutschland, die sich des nördlichen Ostdeutschlands heute in Hilfsaktionen annehmen.

Während die deutschen Partner vor allem tätige Hilfe und "unkonventionelle Lösungen" für das Gebiet anstreben, betonen die russischen Vertreter, darunter der neu gewählte Gouverneur Jegorow, die Zugehörigkeit zu Rußland, aber zugleich ihre Bereitschaft, preußische Ideale zu übernehmen und mit den Nachbarn zusammenzuarbeiten.

Optimistisch hatte sich bereits eingangs der Sprecher der Freundeskreis Ostdeutschland, Erika Steinbach, über die Zukunft Ostdeutschlands geäußert. Er hatte übrigens auch zusammen mit der Versicherung Alte Leipziger die Entstehung des Filmes ermöglicht. Gemeinsame Gedenkfeiern wie am Soldatenkreuz in Pillau, dem Fluchthafen von Hunderttausenden, stützen diese Auffassungen.

Abgesehen von kleineren sachlichen und technischen Mängeln stellt der Film einen sehr ansprechenden Beitrag zur Geschichte und Gegenwart des Königsberger Gebietes und Preußens dar. Er bietet Stoff für Diskussionen und weitere Anteilnahme in einem zusammenwachsenden Europa, aus dem dieser Teil alten deutschen Landes nicht ausgegrenzt werden darf. Er beschämt insofern die deutsche Bundesregierung, die sich hier in unverständlicher Passivität fernhält und fehlende Verantwortung gegenüber der deutschen beziehungsweise der preußischen Geschichte beweist.

 
     
     
 
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