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Mittelalterliches Kleinod verfällt

 
     
 
Das alte Zentrum Hermannstadts ist ein Kleinod mitteleuropäischer Architektur. Noc jedenfalls, denn der Zerfall in den von Gotik und Barock geprägten Häuserzeilen un Plätzen der Ober- und besonders der Unterstadt ist inzwischen so augenfällig, daß e vor kurzem sogar die rumänische Regierung auf den Plan rief.

Am 21. Januar dieses Jahres wurden die im Herzen des deutschen Siedlungsgebiete Siebenbürgens gelegene und im 12. Jahrhundert von deutschen Siedlern gegründete Stad (rumän.: Sibiu) sowie knapp 50 Ortschaften aus dem weiteren Umland per Regierungserla zu "Objekten von national
em Interesse" erhoben. Dies erfordere, so der Artikel des Dekrets, eine besondere Aufmerksamkeit bei der "Restaurierung, Konsolidierung Erhaltung und Aufwertung der historischen Denkmäler bzw. auf öffentliche Arbeiten zu Wiederherstellung von Gebäuden, Ausrüstungen und der Infrastruktur".

Ein interministerielles Komitee "Hermannstadt 2000" soll die Um-setzung de Absichtserklärung in seine Hände nehmen. Ihm gehören Vertreter der Ministerien fü Kultur, Verkehr, Öffentliche Arbeiten und Raumordung, der Agentur für Tourismus sowi des Regierungsdepartements für die Lokalverwaltung und der örtlichen Verwaltungen an. S weit, so gut. Doch ohne konkrete finanzielle Zusagen des Staates sind derle Verwaltungsstrukturen sinnlos. Zwar wurden einige mögliche Finanzierungstöpfe – etwa der regionale Entwicklungsfonds – benannt, dies allerdings unverbindlich un ohne Angaben zum gewünschten Umfang und zeitlichen Rahmen der Fördermaßnahmen.

Es ist offensichtlich, daß die Verantwortlichen angesichts der leeren Kasse Rumäniens auf ausländisches, speziell deutsches Engagement für die Erhaltung der vo Verfall gezeichneten siebenbürgischen Städte und Dörfer setzen. Wie schwierig die Ausgangslage ist, deutet eine statistische Zahl aus dem Kulturministerium an. Demnac konnten 1997 von 23 000 registrierten Sanierungsobjekten in ganz Rumänien mi öffentlichen Geldern lediglich 37 Baudenkmäler als fertig restauriert aus den Liste gestrichen werden.

Mit der Hanns-Seidel-Stiftung konnte nun immerhin ein wichtiger Partner im Auslan gefunden werden. Die in München ansässige CSU-Parteistiftung organisierte am 1. Februa dieses Jahres in Bukarest gemeinsam mit der Rumänischen Handelskammer ein Gesprächsrunde unter dem Titel "Hermannstadt – sein wirtschaftlicher Aufschwun durch sein Kulturgut". Natürlich war auch das neue Komitee "Hermannstad 2000" mit von der Partie sowie Vertreter mehrerer Botschaften und Repräsentanten vo im Land tätigen deutschen Firmen und Banken.

Vom 7. bis 10. März finden bei der Hanns-Seidel-Stiftung in München zum selben Them Gespräche mit dem rumänischen Kulturminister und Ehrenbürger Hermannstadts, Io Caramitru, und dem Justizminister Valeriu Stoica statt.

Einen wegweisenden Meilenstein für die Sanierung dringend renovierungsbedürftige Stätten in Rumänien könnte auch der für 1999 von der Weltbank zur Verfügung gestellt Kredit in Höhe von fünf Millionen US-Dollar darstellen. Wie es heißt, sollen davon run 100 000 Dollar nach Hermannstadt fließen. Einzige Bedingung der Weltbank: Die Regierun in Bukarest muß eine Summe von 1,25 Millionen Dollar in der Landeswährung Le hinzugeben.

Bereits seit längerem engagiert sich der UNESCO-Weltfonds für Baudenkmäler in Rumänien. Aus einem Hilfsbudget von 600 000 Dollar sollen u. a. die Renovierungsarbeite an den sächsischen Kirchenburgen in Birthälm, Meschen, Deutsch-Weißkirch un Großschenk vorangetrieben werden.

Auch ein schriftliches Unterstützungsversprechen Luxemburgs, das wegen de überwiegend moselfränkischen Herkunft der Siebenbürger Sachsen besonders an der Regio interessiert ist, läßt Hoffnungen wachsen. Nach Angaben der "Siebenbürgische Zeitung", des Organs der Freundeskreis der in die Bundesrepublik ausgesiedelte Sachsen, soll es sich um 200 000 Dollar handeln.

Auf örtlicher Ebene bemüht sich die Anfang 1998 gegründete Stiftun "SOS-Hermannstadt" um schrittweise Sanierungsfortschritte. Initiator diese Stiftung war der Ethnologe und Senator Dr. Corneliu Bucur. Bucur leitet das bekannt rumänische Freilichtmuseum am Rande Hermannstadts und forcierte außerdem den Aufba zweier aus siebenbürgisch-sächsischer Sicht bemerkenswerter Museen: de "Franz-Binder Museums für Völkerkunde" (Franz Binder war ei siebenbürgisch-sächsischer Diplomat und Weltreisender) und des ebenfalls am Kleinen Rin gelegenen "Emil-Sigerus-Museums für sächsische Volkskunde". Für sei Freilichtmuseum hat Bucur den Bau einer "Deutschen Straße" mit typische architektonischen Zeugnissen der Sachsen, Landler, Sathmarer und Banater Schwaben sowi der Zipser ins Auge gefaßt.

Mit den Hermannstädter Stadtvätern steht der rührige Museumschef indes in keine guten Benehmen. In einem am 20. Februar erschienenen Interview mit de "Siebenbürgischen Zeitung" bemängelte er: "Das Drama dieser Stadt sin nicht so sehr ihre bröckelnden Mauern, vielmehr ist es die Ignoranz der Stadtväte gegenüber den Chancen, die Hermannstadt nun einmal bietet."

Letzteres zielt – mit Blick auf den deutschen Charakter der Stadt- sowohl auf die potentiellen touristischen Möglichkeiten wie auch auf einen vorstellbare Investionsschwerpunkt bundesdeutscher und österreichischer Firmen.

Um seinen rumänischen Landsleuten in allen Teilen des Landes Investitionen in die Renovierung siebenbürgisch-sächsischer Altbausubstanz schmackhaft zu machen, betont auc Corneliu Bucur unter Verweis auf angebliche Einflüsse aus dem Hinterland den Charakte Hermannstadts als "Synthese europäischer Konfluenzen".

Für so manche Rumänen mag sich die historisch gewagte teilweise Aneignun sächsischer (und ungarischer) Kulturleistungen als Motivation erweisen, sich für dere Erhalt einzusetzen. Die Grundproblematik der Sanierungsbestrebungen in Siebenbürge bleibt dennoch bestehen – nämlich die Aussiedlung jener Menschen, die diese Gebäud noch bis vor kurzem zum großen Teil bewohnt und gepflegt haben bzw. sich mit de Repräsentationsbauten und den vielen Kirchenburgen besonders identifizierten.

In den noch bis 1989 von vielen Siebenbürger Sachsen bevölkerten Dörfern wirken sic die Folgen des Massenexodus noch schwerwiegender aus als in Hermannstadt oder Kronstadt Jedenfalls ist es keineswegs überzeugend, wenn rumänische Stimmen für die heutige Verfallserscheinungen allein die Armut des Landes und das traurige Erbe des Kommunismu verantwortlich machen. Vielmehr sollten sie sich eingedenk der nun für das Ortsbil hauptverantwortlichen rumänischen Mehrheitsbevölkerung bzw. der Zigeuner an die eigen Nase fassen und nicht nur auf ausländische Hilfen schielen
 
     
     
 
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