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Nicht nur Schwiegersohn

 
     
 
Immer wieder sieht man eine Dichtung Lauckners mit fast unscheinbar einfachen Worten beginnen, die sich aber an bestimmter Stelle zum dramatischen Höhepunkt unversehens steigern und ihre ganze, verheimlichte Wucht offenbaren. Das Einfache ist hier das ganz Fertige, das rastlos Gefeilte und Vollendete", so las man in den "Bühnenblättern des Nationaltheaters Mannheim". Große Regisseure
wie Max Reinhardt, Otto Falkenberg oder Jürgen Fehling inszenierten einst die Werke des am 15. Oktober 1887 in Königsberg geborenen Rolf Lauckner, berühmte Schauspieler wie Friedrich Kayssler oder Gustaf Gründgens verkörperten seine Figuren auf der Bühne. Und doch: Sein dramatisches Schaffen ist in unserer schnellebigen Zeit längst vergessen.

Zeit seines Lebens soll Lauckner darunter gelitten haben, meist nur als "Stiefsohn Sudermanns" bezeichnet zu werden. - Nach dem frühen Unfalltod des Mannes hatte Clara Lauckner den Dramatiker und Dichter Hermann Sudermann geheiratet. Der Elbinger Paul Fechter erinnert sich in seinem Buch "Menschen auf meinen Wegen": "... ich sah, daß Frau Clara Lauckner, als sie Hermann Sudermann geheiratet hatte, nicht nur für das Kind Rolf Schicksal geworden war, sondern für das ganze Leben des Sohnes. In dieser Umwelt konnte ein Mensch der jüngeren Generation nicht mehr zu seinem Leben kommen ..." "Rolf Lauckner - Sudermanns Stiefsohn. Dramatiker und Lyriker" ist der Titel eines Arbeitsbriefes, der von der Freundeskreis Ostdeutschland, Kulturabteilung, herausgegeben wurde und in dem Gisela Henze, Vorsitzende der Hermann Sudermann Stiftung, eben diesem Schicksal nachgeht und Leben und Werk des Königsbergers eingehend und einfühlsam beleuchtet (80 Seiten mit zahlr. sw Abb. und einem Werkverzeichnis).

Lauckner schrieb vor allem Dramen und Komödien, so 1936 die Komödie "Der Hakim weiß es", deren Handlung in einer kleinen ostdeutschen Hafenstadt spielt, oder schon 1917 "Der Sturz des Apostel Paulus", zwei Jahre später von Max Reinhardt für das Deutsche Theater in Berlin inszeniert. Doch auch Drehbücher für Filme und Gedichte finden sich im Werk des Königsbergers.

Der Dichter und Dramatiker war mit Elfriede Thum, einer Malerin, die unter dem Pseudonym Erich Thum erfolgreich war, verheiratet. Zu seinem Freundes- und Bekanntenkreis zählten Ferdinand Bruck-ner, Julius Levin, Frank Thiess, Max Pechstein, Erich Heckel und Otto Mueller. Paul Fechter erinnerte sich an lebhafte Gespräche im Hause Lauckner: "Dieser Ostpreuße aus Königsberg, der Jura studiert und den juristischen Doktorhut erworben hatte, sah durch menschliche Beziehungen und Verwicklungen weiter hindurch als die meisten anderen auch des dichterischen Bereichs, und wenn er wohl zuweilen auch mehr deutete und vermutete: er baute diese bunte, bewegte, seltsame Welt mit einer so unmittelbaren Lebendigkeit vor den Zuhörern auf, daß man zuweilen fast vergaß, daß es um Gestalten der Realität ging, daß er Dramen des Lebens, nicht der Literatur berichtete. Freilich - man vergaß nie, daß hier ein geborener Mensch der Szene sprach. Wie er im Gespräch vom anderen Züge und Fakten nahm, die man später da und dort in der Welt seiner Dichtung, in den Bildern seiner Gestalten auf der Szene wiederfand ..." Und Frank Thiess, der Dichter und Freund Lauckners schrieb: "Ich wüßte keinen deutschen Dramatiker, dem sogenannte ,Stoffe gleichgültiger wären und der wie Lauckner die Wucht einer Situation aus der Situationslosigkeit erschafft, gewissermaßen aus dem Nichts Tragödien stampft und ohne große Worte und bewegte Gesten zwischen die Zeilen des Gesprochenen Erschütterungen sät. Der Mensch ist ihm alles."

Als Lauckner am 27. April 1954 in Berlin starb, schrieb Fechter in den "Neuen deutschen Heften" den Nachruf auf den Freund: "Er war einer der feinsten und unbeirrbarsten seiner Generation, ein Ostpreuße, der nicht ohne Grund mit Alfred Brust, dem Dichter des ‚Singenden Fischs und der ‚Verlorenen Erde , befreundet war. Rolf Lauckner besaß nicht nur die Kraft dichterischen Gestaltens aus der Substanz: er war stark genug, von der Zeit, in die ihn das Schicksal gestellt hatte, nur das zu nehmen, was ihm wirklich gemäß war, und sich im übrigen lediglich von seinem Sein bestimmen zu lassen... er begnügte sich nicht mit Literatur, sondern stieg vorsichtig, fast unmerklich in die Bezirke hinab, in denen das Reich des Dichterischen beginnt."

Gisela Henze beschäftigt sich in ihrer Veröffentlichung nicht nur mit den Inhalten Laucknerscher Dichtung, sie stellt auch den empfindsamen Menschen vor, seinen Umkreis, der ihn nachhaltig prägte. Sie erzählt vom Dichter, Dramatiker und Dramaturgen Lauckner, aber auch vom Redakteur der Zeitung "Über Land und Meer" und nicht zuletzt vom Nachlaßverwalter Hermann Sudermanns. Ein Arbeitsbrief, der gerade in dem Jahr, da im November 75 Jahre vergangen sind, daß Sudermann starb, von besonderer Gewichtigkeit ist. Darüber hinaus jährt sich der Todestag Rolf Lauckners im kommenden Jahr zum 50. Mal. Grund genug, dieser beiden großen Ostdeutschland und ihrer Beziehung zueinander zu gedenken. Peter van Lohuizen
 
     
     
 
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