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Nicht so schnell Monsieur Verheugen

 
     
 
Der deutsche EU-Kommissar Günter Verheugen ist ein begeisterter Anhänger de schnellen Osterweiterung der Union. Ressortmäßig für die Ausdehnung der EU zuständig ging der SPD-Politiker gleich nach Amtsübernahme im September an sein Werk.

Wie so oft, setzt der deutsche Europa-Eifer bei den Nachbarn nicht nur Bewunderun frei, sondern erzeugt auch gewisse Sorgen. Besonders Frankreich empfindet Bauchgrimme hinsichtlich des deutschen Vorpreschens und versucht offenkundig, Dämme gegen ein vorzeitige und unüberlegte Osterweiterung zu errichten.

Eine Pressesprecher
in des Außenministeriums am Pariser Quai d‘Orsay erläutert im Hintergrundgespräch mit dem freimütig die französische Strategie "Für alles, was die Osterweiterung betrifft, besteht Frankreich darauf, daß da Votum der zuständigen nationalen Minister Vorrang hat vor den Entscheidungen de Brüsseler EU-Kommission." Das heißt nichts anderes, als daß Verheugen und sei Stab gerne planen können, das entscheidende Wort aber bei den nationalen Regierungen zu liegen habe.

In diesem Sinne gab auch Außenminister Hubert Védrine im Oktober zu Protokoll, da er nicht gewillt sei, die Stabilität der EU zugunsten überstürzter Erweiterungen zu gefährden – so kurz nach dessen Einzug in Brüssel ein deutlicher Fingerzeig in Richtung Verheugen.

Um den deutschen Überschwang zu bremsen, korrigierte das Pariser Außenministeriu indirekt sogar den eigenen Europaminister Pierre Moscovici. Der hatte das Ende de Beitrittsverhandlungen mit den ersten sechs Kandidaten Polen, Tschechien, Ungarn Slowenien, Estland und Zypern noch Ende Oktober auf 2002 oder 2003 datiert. Vom Außenam war dagegen kurz darauf das Jahr 2004 ins Spiel gebracht worden. Und nunmehr wollte sic die Sprecherin des Quai d’Orsay dieser Zeitung gegenüber auf überhaupt kein Jah mehr festlegen.

Neben der vermutlich ehrlichen Sorge um die Stabilität der Europäischen Union speis sich die französische Zurückhaltung auch aus durchaus nationalem Eigeninteresse – etwa im Bereich der Agrarsubventionen. Der Bauernstand ist in Frankreich nicht nu mengenmäßig weit gewichtiger als etwa in Deutschland. Auch sind die französische Landwirte bekannt dafür, ihre Interessen mindestens so nachdrücklich zu vertreten wi deutsche Kohlekumpel, sie schrecken dabei auch nicht vor rabiaten Ausschreitungen zurück Jedem Politiker, der sich mit ihnen anlegt, ist schlechte Presse gewiß.

Fällt nun beispielsweise Polen mit seinen zahllosen, personell weit überbesetzte Kleinsthöfen in die Berechnung der EU-Agrarsubventionen, muß nicht lange gemutmaß werden, was für die französischen Bauern übrigbliebe.

Darüber hinaus schmeckt vielen in Paris sowieso nicht, daß sich das Zentrum der E infolge der Erweiterung weiter nach Osten verlagert – nach Deutschland.

Entsprechend verärgert äußerte sich Moscovici Ende Oktober übe EU-Kommissionspräsident Romano Prodi, weil der Italiener schon jetzt ein festes Datu für das Ende der Beitrittsverhandlungen festsetzen will.

Paris setzt nun auf Zeit. Im zweiten Halbjahr 2000 übernimmt Frankreich de EU-Vorsitz. Ziel scheint zu sein, die Verhandlungen bis zum anberaumten Gipfel Ende 200 in Nizza hinzuziehen, um dann mit der Autorität einer französischen EU-Präsidentschaf die eigenen Vorstellungen möglichst weitgehend durchsetzen zu können.

Die Verhandlungen mit der zweiten Reihe der Beitrittskandidaten (Slowakei, Rumänien Bulgarien, Lettland, Litauen und Malta) dürften sich vor diesem Hintergrund noch übe viele Jahre hinziehen.

Das gleiche gilt für den Sonderfall Türkei, für die sich Verheugen besonders star macht – deren Aufnahme Realisten indessen am liebsten ganz von der Tagesordnun streichen würden. Die "Neue Zürcher Zeitung" verwies unlängst beschwichtigen auf die Erfahrungen mit Griechenland, mit dem über neun Jahre lang verhandelt werde mußte. Nicht nur in Deutschland, auch in Frankreich, das von erheblichen Schwierigkeite mit massenhaft eingewanderten Arabern beladen ist, könnten sich angesichts der ferne Perspektive völliger Freizügigkeit für Millionen Türken in der EU die Stimmen mehren die einen Beitritt Ankaras grundsätzlich ablehnen. Francisco Lozaga / H. H
 
     
     
 
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