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Ostsee: Wer soll Berlin versorgen?

 
     
 
Zwischen den beiden Ostseestädten Rostock und Stettin entwickelt sich ein regelrechter Wettstreit, wer von beiden künftig der Hafen für die deutsche Hauptstadt Berlin sein wird. Es geht dabei um viel Geld. Für die Versorgung der knapp vier Millionen Einwohner und der Industrieregion ist schließlich viel Material zu liefern. In der deutschen Hauptstadt will man nun offenbar die alte Linie Berlin – Stettin reaktivieren. Die Berliner Hafen- und Lagerhausbetriebe
(Behala) wollen einen Kooperationsvertrag mit dem Stettiner Seehafen schließen. Dies kündigte Berlins Wirtschaftsstaatssekretär Dieter Ernst auf einer Tagung von Hafenfachleuten in der deutschen Metropole mit.

Die Behala habe bereits seit 1996 mit einem Tochterunternehmen der Deutschen Binnenreederei einen Vertrag zur Vertretung ihrer Interessen am Hafenplatz Stettin. Die Berliner seien auf dem richtigen Wege, wenn die Zusammenarbeit mit Stettin und Swinemünde ausgebaut werde, behauptet Dieter Ernst.

Die Berliner rennen bei den Polen offene Tore ein. Die Polen wissen, daß man in Stettin viel Geld verdienen könnte, wenn ihr Hafen Umschlagplatz für Berlin wäre – so wie früher. Damals, ja, da war Stettin der Vorhafen der Reichshauptstadt und erfuhr gerade in der wilhelminischen Ära einen enormen Aufschwung, Rostock hingegen war deutlich kleiner und vor allem auf den Verkehr innerhalb der Ostsee ausgerichtet.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Denn zwischen der wilhelminischen Epoche und 1998 liegen die Vertreibung der Deutschen 1945, die Annexion Hinterpommerns 1991 und – nicht zuletzt – auch 40 Jahre DDR. Denn der 1949 gegründete Arbeiter- und Bauernstaat besaß keinen Überseehafen – weder Hamburg noch Stettin waren verfügbar.

Daher wurde zu DDR-Zeiten Rostock mit erheblichem Kraftaufwand zum "Tor zur Welt" ausgebaut. Rostock erhielt einen Überseehafen, Tanker, Container, Stückgutfrachter – alles konnte an der Warnow gelöscht werden. Und in den siebziger Jahren wurde auch noch die Autobahn Berlin – Rostock gebaut.

Heute liegen die Würfel folglich anders. Rostock könnte sehr wohl die Hauptstadt versorgen – Überseehafen, Autobahn, Eisenbahn, ein moderner Ölhafen und ein Pipeline-System, das den Hafen mit Schwedt und Berlin verbindet –, alles ist vorhanden. Rostock hat heute eine bessere Infrastruktur, in Stettin sind allerdings die Lohnkosten niedriger – im wesentlichen ist es aber eine Frage der politischen Steuerung: Will man den Polen den Zugang zum Berliner Markt gestatten?

In Rostock macht man sich unterdessen große Hoffnungen. Man darf dabei auch nicht vergessen, daß die Häfen in Mecklenburg und Vorpommern als Folge der Einheit einen 50prozentigen Umschlagrückgang wegstecken mußten. Nach einem Anfang dieses Jahres veröffentlichten Forschungsbericht werden die Zukunftsaussichten für die deutschen Osteehäfen insgesamt als gut eingeschätzt, besonders starke Zuwachsraten werden für Rostock vorausgesagt. 1995 wurden an der Warnow 16,9 Millionen Tonnen Güter bewältigt, in zwölf Jahren sollen zwischen 26 und 32 Millionen Güter abgewickelt werden.

Die Sympathien von Berlins Wirtschaftsstaatssekretär Dieter Ernst gelten offenbar aber nicht Rostock. Die zunehmende wirtschaftliche Verflechtung mit den östlichen Ostseeanrainerstaaten erfordere eine "Reaktivierung des historischen Handelsweges Berlin – Stettin", so Dieter Ernst.

 
     
     
 
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