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Schilys gute Nachrichten

 
     
 
Nur für Sadisten eine gute Nachricht" urteilte die sonst wohlwollende Süddeutsche Zeitung am 4. Mai zur aktuellen Kriminalitätsstatistik 2003, die Bundesinnenminister Otto Schily tags zuvor der Öffentlichkeit vorgestellt hatte. Die amtliche Statistik kann trotz Auslassungen als Gradmesser der Kriminalität
sentwicklung im Land gesehen werden. Vorab an die Öffentlichkeit gedrungene Zahlen ließen bereits Ungutes erwarten, das brisante Papier besiegelt nun das Scheitern rot-grüner Innenpolitik. "Die Zunahme der Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft muß uns alle beunruhigen", sagte der Minister nachdenklich, dennoch beurteilte er die Statistik entgegen den Fakten als "eine in der Gesamtbewertung positive Bilanz der inneren Sicherheit". Wirklichkeitsfremd scheint dieses Verhalten, denn die Fakten sprechen eine klare Sprache: Ein Prozent Gesamtanstieg der Delikte, das dritte Jahr in Folge nimmt die Kriminalität zu, es gibt mehr Tatverdächtige, Körperverletzung, Raub und Vergewaltigung. Allein die Gewaltkriminalität steigt zum zehnten Mal in Folge. Immer öfter (über 13 Prozent Anstieg) greifen Täter gleich zur Schußwaffe. Ein Trend zu deutlich mehr körperlicher Gewalt gerade unter Jugendlichen ist unverkennbar: Körperverletzungstaten stiegen bei Jugendlichen um vier, allgemein um fünf Prozent. Das Risiko, Opfer massiver Gewalt zu werden, ist also für jeden Bürger sichtbar gestiegen.

Auch aus den Bundesländern kommen schlechte Zahlen: Gerade die Stadtstaaten weisen eine sehr hohe Kriminalität auf, haben zunehmend mit Drogen zu kämpfen. Hamburg beispielsweise verzeichnet einen merklichen Anstieg der Drogenstrafverfahren und schmälert so den von Schily als Fortschritt gepriesenen bundesweiten Rückgang bei Drogendelikten. Generell sehen Großstädte kriminellen Zeiten entgegen - Frankfurt am Main hält den neuen Negativrekord als Ort mit den meisten Verbrechen (17.159 pro 100.000 Einwohnern). Die bundesweite Tendenz zu mehr Betrug (über elf Prozent Zunahme) setzt sich auf Landesebene fort: Die Landeskriminalämter Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen berichten von einer deutlichen Zunahme der Euro-Blüten - gerade der, die direkt aus den Geldautomaten kommen. Mehr Straftaten also allerorten, da bleibt berechtigte Kritik nicht aus: Die Union bezeichnete die Entwicklung als "unerträglich" und warf der Bundesregierung Versagen in der Kriminalitätsbekämpfung vor. Die Gewerkschaft der Polizei sieht ihre Warnungen vor einer weiteren "Brutalisierung der Gesellschaft" bestätigt. Otto Schily und seine Zahlendeuter wollen den mageren Anstieg der Aufklärungsquote bei Straftaten von 52,6 (2002) auf 53,1 Prozent als Indiz dafür verkaufen, daß Deutschland eines der sichersten Länder der Welt sei - verschweigen aber, daß die Quote im konservativen Bayern bei 63,8 Prozent liegt!

Es ist alles eine Frage des "Herauspickens", der bewußten Wahl der "richtigen" Zahlen. Während zahlreiche Zuwachsfelder des Verbrechens (besonders das Internet) geschickt mit höherem Bewußtsein der Bevölkerung, also mehr Anzeigen, interpretiert werden, fallen die eigentlich relevanten Fakten unter den Tisch.

Wenn die Fäuste fliegen: Zwar nehmen Diebstahl und Straßenkriminalität ab, doch schockiert an der aktuellen Kriminalitätsstatistik die zunehmende Gewaltbereitschaft der Täter. Auch die Gesamtbilanz ist negativ - es gibt wieder mehr Verbrechen in Deutschland.

 
     
     
 
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