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Schuldig - bis in alle Ewigkeit

 
     
 
Historische Wahrheit ist keine gegebene oder abschließend fixierbare Größe. Aufbauend auf alle verfügbaren Tatsachen, entsteht sie durch Kommunikation immer wieder neu. Gerade deshalb kommt keine Einzelperson und keine Gesellschaft, die mit sich selber ehrlich sein will, um die immer wieder neue Prüfung der Erinnerungsbilder und eine allenfalls einschneidende Revision etablierter Geschichtsbilder herum." Wohl kein Historiker, der kürzlich in der "Neuen Zürcher Zeitung" diese Passage in einer längeren Betrachtung las, dürfte ihr widersprechen. Schließlich sieht man heute die Rolle Napoleon
I. anders als seine Zeitgenossen, und deren Ansichten unterschieden sich gravierend, je nachdem ob es Deutsche oder Franzosen waren. So gehört denn die ständige Revision der Geschichtsbilder zu jeder aufgeklärten Geschichtswissenschaft - mit einer Ausnahme: Die Frage, wie es zum Zweiten Weltkrieg kam, die ist angeblich für alle Ewigkeit festgeschrieben. Die beamteten deutschen Historiker könnten, falls sie dazu aufgefordert würden, im Sprachchor die Frage nach den Kriegsursachen beantworten: "Die Deutschen sind schuld, nur die Deutschen, und der allerschlimmste war Hitler." Und sie würden von den hierzulande erscheinenden und sendenden Massenmedien unisono unterstützt.

In dieser erstarrten Historikerwelt leben wir seit Jahrzehnten. Und da erregte es in interessierten Kreisen erhebliches Aufsehen, als am 17. Juni 2006 in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die als die beste Tageszeitung Deutschlands gilt, ein ganzseitiger Artikel unter der Überschrift "Mitteleuropäische Gedankenspiele nach Versailles" zu finden war von dem jungen Historiker Stefan Scheil, der sich durch mehrere bemerkenswerte Bücher und viele ebenso originelle wie fundierte Zeitschriftenbeiträge - allerdings nicht in der etablierten Presse - hervorgetan hat. Da konnte man lesen, wie zwischen den beiden Weltkriegen die polnische Regierung immer wieder versucht hatte, Frankreich und England dazu zu bewegen, gegen Deutschland einen Offensivkrieg zu führen mit dem Ziel, nicht nur Ostdeutschland, sondern auch andere ostdeutsche Provinzen zu erobern und von Deutschland abzutrennen. Man erfuhr von den permanenten Drangsalierungen der in Polen lebenden Volksgruppen - und nicht nur der deutschen. Scheil schrieb, und das stets unter Bezugnahme auf Akten und andere Quellen, daß schließlich England und Frankreich das mit ihnen verbündete Polen zu militärischen Maßnahmen gegen Deutschland ermächtigten, die von den Westmächten bedingungslos unterstützt werden würden. Für viele Leser war es neu, von den immer wiederholten deutschen Versuchen zu erfahren, die Krise des Sommers 1939 zu entschärfen; die meisten hatten noch nie von dem durch die Reichsregierung noch am 31. August Polen überreichten 16-Punkte-Plan gehört, der zu einer nichtkriegerischen Beendigung der Krise hätte führen können, von Polen aber nicht beachtet wurde.

Sollte die Veröffentlichung eines solchen Artikels in der "FAZ" die Wende sein? Wäre damit die Mauer des Totschweigens unbequemer historischer Erkenntnisse durchbrochen worden?

Wenige Tage später erschien in der selben Zeitung ein Artikel, der die Antwort darauf sein könnte. Der zum Militärgeschichtlichen Forschungsamt, also einer Institution des Bundesverteidigungsministeriums gehörende Historiker Prof. Rolf-Dieter Müller rezensierte ein kürzlich erschienenes neues Buch von Stefan Scheil, "1940/41. Die Eskalation des Zweiten Weltkrieges", in Grund und Boden. Weil der Autor die Rolle Hitlers als Alleinschuldiger anzweifelte, überschreibt Müller seine Besprechung höhnisch "Adolf, der Friedliebende". Scheils Buch bescheinigt er, höchstens eine "Fleißarbeit" zu sein. Für Müller bleibt alles beim alten. Er leugnet, daß der Zweite Weltkrieg in erster Linie ein "machtpolitisches Spiel" war, "an dem sich die ganze Staatenwelt beteiligt". Für ihn bleibt der Krieg allein begründet auf der Ideologie Hitlers, der ihn ohne jede Ursache vom Zaun gebrochen habe.

Zwar billigt er Scheils Buch zu, daß es in einem seriösen Verlag erschienen sei. Er "befürchtet", es werde einen "Absatz ... finden, von dem mancher seriöser Historiker nur träumen kann". Und dabei verweist er auf ein vor drei Jahren erschienenes Buch des im Ruhestand lebenden Bundeswehr-Generalmajors Gerd Schultze-Rhonhof, "1939. Der Krieg der viele Väter hatte", das Jahr für Jahr in Neuauflagen erscheint, obwohl es von nahezu keiner großen Zeitung fundiert gewürdigt worden ist. Hier greift derselbe Mechanismus wie bei Scheils erstem Buch. Man ließ es von einem jungen Historiker aus dem "Institut für Zeitgeschichte" besprechen, der sich weitgehend darauf beschränkte, sich darüber zu amüsieren, daß der Autor General sei und daher vorwiegend "Abstruses" zur Vorgeschichte des Krieges habe schreiben können. Wenn Schultze-Rhonhof zu dem Schluß kommt, die Verantwortung für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges liege bei vielen Regierungen, dann nennt das der junge Mann aus dem offiziösen Institut eine "Lüge". Damit widerspricht er einem wesentlich älteren Kollegen, nämlich dem emeritierten Professor Hans-Adolf Jacobsen. Dieser tätigte in der "FAZ" vor drei Jahren in einer Rezension des ersten Bandes von Scheils Werk "Fünf plus Zwei - Die europäischen Nationalstaaten, die Weltmächte und die vereinte Entfesselung des Zweiten Weltkrieges" die Aussage, man könne keineswegs von Deutschland als dem alleinigen Kriegsschuldigen ausgehen. Dies suchte er mit dem Hinweis zu entwerten, daß "anerkannte Historiker des In- und Auslandes längst aufgezeigt (hätten), daß die Staatsmänner des Westens, Polens, Italiens und vor allem der Sowjetunion durch ihre Entscheidungen in der Zeit nach 1919 eine kaum noch zu bestreitende Verantwortung für das Debakel von 1939 / 1940 tragen ..."

Nicht nur in diesem Punkt zeigt es sich, daß die seit über 60 Jahren geübte Geschichtsschreibung in Deutschland festgefahren ist und daß sie darüber hinaus den Verdacht bestätigt, sie folge beflissen der alten Weisheit, die Geschichte werden von den Siegern geschrieben.

In der jüngsten Zeit ist zum Thema des Kriegsausbruchs neben den Werken von Scheil und Schultze-Rhonhof noch "Die Ursachen des Zeiten Weltkrieges" von Walter Post hinzugekommen, ebenfalls ein ausgewiesener Historiker. Alle drei gelangen zum gleichen Schluß: Wenn man unvoreingenommen die zur Verfügung stehenden Quellen befragt, dann kann nicht mehr die Rede davon sein, daß Deutschland für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges allein die Verantwortung trägt. Aber man will sich mit den Forschungsergebnissen der unabhängigen Historiker nicht sachlich auseinandersetzen.

Als vor drei Jahren Studierende der Bundeswehrhochschule General a. D. Schultze-Rhonhof und den am äußersten linken Rand operierenden, an der Hochschule lehrenden Politologen Wolfgang Gessenharter zu einem Streitgespräch einluden, lehnte Gessenharter ab mit dem Vorwand, er habe keine Zeit. Wenig später traf Schultze-Rhonhof zufällig Gessenharter auf der Straße. Er frage ihn, warum er sich vor der Disputation gedrückt habe. Gessenharter: "Ich werde mich hüten, Ihnen ein Forum zu verschaffen."

Das ist ihr Geist. Er zeugt nicht von Überzeugungskraft.

Polen übte in der Zwischenkriegszeit Druck aus

Jene, die Beweise vorlegen, werden ausgegrenzt
 
     
     
 
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