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So tun als ob

 
     
 
Man ringt um das Ehegattensplitting, ideologische Grabenkämpfe finden zwischen den Zeitungsspalten statt. Genau das ist beabsichtigt. Die Familien sollen glauben, die Union kümmere sich um sie, aber die Verhältnisse in der Großen Koalition stünden dagegen. Nur: Diese Debatte ist ein Schattenboxen. Beide Seiten wissen, daß ein Familiensplitting teurer ist als das Ehegattensplitting, schon vor fünf Jahren hatte der SPD-Finanzexperte die Kosten vom Familienministerium ausrechnen lassen und schweigt seither. Solange diese Zahlen (rund 30 Milliarden Euro
) nicht in den Zeitungen stehen, werden sie in Berlin heiß debattieren – und nichts tun. Es sei denn, sie schafften das Ehegattensplitting ab und verführen nach der Devise dieser Regierung: So tun, als ob man den Familien helfen wolle, und im Eifer des publizistischen Gefechts eine Regelung treffen, die von den Familien bezahlt wird.

So sind sie beim Elterngeld verfahren. Sie geben den Familien 1,4 Milliarden Euro und holen ihnen gleichzeitig zehn Milliarden aus der Tasche (Streichen der Eigenheimförderung, Kürzung des Kindergelds und der Pendlerpauschale, Erhöhung der Mehrwertsteuer). Ein Familiensplitting nach französischem Muster wäre durchaus angebracht. Hier haben die Eltern je den Faktor eins, die ersten zwei Kinder den Faktor 0,5 und ab dem dritten Kind jedes Kind den Faktor 1. Das zu versteuernde Einkommen einer Familie mit vier Kindern wird also durch fünf geteilt, das Ehegattensplitting ist Bestandteil des Familiensplittings. Die Verfahrensweise der Großen Koalition sähe so aus: Eltern haben den Faktor null, Kinder allenfalls 0,5. Im Beispielfall würde das Einkommen durch 1,5 geteilt, nicht durch zwei wie beim Ehegattensplitting, die Regierung hätte wieder gespart – auf Kosten der Familien. Und sie würde sich laut brüsten, etwas für die Familien getan zu haben.

Diese Debatte ist heuchlerisch. In Wirklichkeit vermischen sich in ihr, wie der Vorsitzende des Familienbunds der Katholiken in Bayern, Johannes Schroeter sagt, „steuerrechtliche Ahnungslosigkeit, Haß auf erziehende Eltern und finanzielle Gelüste zu einem widerlichen Gebräu“. Kaum jemand spricht von der Ehe als einem Wert an sich. Hier übernehmen zwei Menschen Verantwortung füreinander und das für ein ganzes Leben, jedenfalls sollte es so sein. Und dank dieser Verantwortung füreinander können Kinder aus diesem Bund gesund in die Gesellschaft hineinwachsen. Aber auch ohne Kinder hat diese Annahme „positive externe Effekte“, sie wirkt verbindlich auch nach außen, sie webt mit am Ambiente der Solidarität. Eheleute sind, so haben wissenschaftliche Studien ergeben, beruflich leistungsfähiger, emotional stabiler, psychisch und physisch gesünder. Auch das stärkt die Solidarität in der Gesellschaft. „Gerade in einer hoch individualisierten Gesellschaft ist die Institution Ehe ein kulturelles Kapital, das für den ganz überwiegenden Teil der Bevölkerung ein wichtiges Instrument seiner gesellschaftlichen Integration darstellt“ (Andre Habisch). Wer das Ehegattensplitting ersatzlos streichen will, der zeigt, daß er von dieser Institution nichts hält, daß er die Bedeutung dieses kulturellen Kapitals nicht begriffen hat und nur in Kategorien der Geld- und Lustmaximierung denkt. Wer es gut meint mit Ehe und Familie – die Verfassung nennt die Begriffe nicht umsonst immer zusammen –, der beendet die Diskussion oder führt sie so, daß das Ehegattensplitting in einem neuen Familiensplitting aufgeht. Alles andere schadet der Institution Ehe als dem Kern der Familie und damit auch diesem Land.

Bei Heirat wird Gesellschaft entlastet
 
     
     
 
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