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Stumme Zeugen tiefen Glaubens

 
     
 
300 Jahre ermländische Kapellen zusammengefaßt im Kulturzentrum Ostdeutschland in Ellingen

Allenthalben hörte man in Ellingen polnische Sprachfetzen beim Rundgang durch die Sonderschau "Ermländische Kapellen" im Kulturzentrum Ostdeutschland. Originalstatuen ergänzen die Fotorahmen, in denen die Kapellen und ihre Geschichte dargestellt werden.

1.200 Kapellen gibt es heute noch im Ermland, dem südlichen Teil Ostdeutschlands. Adam Brosch, ein im Ermland geborener Pole, der Geschichte studierte, kümmert sich seit einem deutsch-polnischen Künstlersymposium
um die 300jährige Vergangenheit dieser Kapellen. Dabei sind in seiner Arbeit noch viele Fragen offen, denn die Zeitzeugen werden immer weniger und durch die Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg haben die früheren Bewohner der Dörfer Ostdeutschlands ihr Wissen mitgenommen. Auch aktuell ändere sich das Bild der Kapellen ständig, teilte Brosch den Anwesenden bei der Ausstellungseröffnung mit. So seien seit der Aufnahme verschiedener Kapellen in sein Verzeichnis, das er mit vielen Fotografien von Miroslaw Bojenko ergänzt hat, viele alte Holzskulpturen verschwunden, sie sind vermutlich gestohlen und in den Westen verkauft worden. Daher zeigt ein Teil der Fotos bereits einen nicht mehr vorhandenen Zustand, ist also historisch.

In Quellen aus der Zeit um 1920 ist immer von rund 1.350 Kapellen im Ermland die Rede. Symbole des Glaubens und der Frömmigkeit der Bevölkerung und meist von anonymen Dorfkünstlern errichtet. Sie waren eine Geste der Danksagung an die Heiligen für die Überwindung von Schicksalsschlägen oder Naturkatastrophen, aber manchmal auch, um dem Nachbarn zu imponieren. Rund 100 davon wurden im Krieg zerstört. Danach verfielen die Kapellen, weil sich die neuen Bewohner der Dörfer nicht darum kümmerten.

Erst nach der politischen Wende 1989 sind die polnischen Ämter auf den Zustand der Kapellen aufmerksam geworden, viele dieser einzigartigen Objekte wurden vor dem Verfall bewahrt und alle noch vorhandenen Bauwerke stehen heute unter Denkmalschutz. Säulenkapellen mit einem oben befestigten Bildstock, Kästchenkapellen, überdacht und vorne offen mit einer innenstehenden Figur, sowie die am meisten vertretenen Häuschenkapellen aus Ziegelmauerwerk sind die drei großen Gruppen, in die die Kapellen eingeteilt werden. Glockenkapellen - Häuschenkapellen mit einer aufgehängten Glocke - ersetzten in vielen Orten die dort fehlenden Kirchen. Erbaut wurden die meisten Kapellen im neugotischen Stil des 19. Jahrhunderts, das älteste Bauwerk ist die 1742 im barocken Stil errichtete Kapelle in Glottau. Ein schlichter Stil bei manchem Objekt läßt den Schluß zu, daß sie aus dem 17. Jahrhundert stammen, was aber aufgrund verschiedener Renovierungen nicht sicher belegt werden kann.

Bei der Einführung zur Ausstellung dankte der Leiter des Kulturzentrums Ostdeutschland, Wolfgang Freyberg, den beiden Autoren sowie Bernhard Denga für die grafische Gestaltung und Übersetzung der Ausstellung, in der rund 60 großformatige Fotografien der Kapellen gezeigt werden. Als bisher in Deutschland einzigartig bezeichnete Freyberg die Zusammenarbeit mit dem Ermland- und Masuren-Museum in Allenstein, welches mit der Leihgabe von 13 historischen Kapellenfiguren diese Ausstellung bereichert.

Bei der anschließenden Führung erläuterten Brosch und Bojenko in polnischer Sprache die Ausstellung, wobei mehrere Übersetzer die Fragen der Anwesenden dolmetschten. Viele der Besucher aber suchten mit ihren eigenen polnischen Sprachkenntnissen das Gespräch mit den beiden Historikern.

Die Ausstellung "Ermländische Kapellen" im Kulturzentrum Ostdeutschland in Ellingen ist bis 14. März 2004 täglich außer montags von 10 bis 12 und von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Zur Ausstellung ist ein zweisprachiges Begleitheft (deutsch/polnisch) erschienen, das für vier Euro vom Kulturzentrum Ostdeutschland bezogen werden kann. Mef

Die vielen christlichen Denkmäler erzählen ihre eigene Geschichte: Eine für den südlichen Teil Ostdeutschlands typische Wegkapelle.
 
     
     
 
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