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Traum vom besseren Leben

 
     
 
Süditalien 1903, die Bevölkerung lebt größtenteils in erschreckend ärmlichen Verhältnissen. Nachdem zwei Geschwister des zwölfjährigen Diamante Mazzucco vor lauter Hunger den Putz der Dorfkirche gegessen haben und daran gestorben sind, beschließen die Eltern, ihren Ältesten zum Arbeiten nach Amerika zu schicken. Mit seiner neunjährigen Cousine Vita, deren Vater seit Jahren in New York lebt, erreicht der Junge Diamante dann auch das reiche Land, doch schnell erfahren die Kinder, daß Italiener in der Hierarchie ganz unten stehen. Ohne Kenntnis der fremden Sprache halten sie sich nur in dem italienischen Viertel New Yorks auf und kämpfen jeden Tag neu ums Überleben. Zwar bietet Vitas Vater den Kindern ein Dach über dem Kopf, doch die Kleine wird sofort als Köchin für die Pensionsgäste - acht italienische Emigranten
, die zusammengepfercht in einem fensterlosen Einzelzimmer schlafen - eingespannt. Diamante versucht sich als Zeitungsverkäufer und Lumpensammler, hungern muß er allerdings trotzdem, da er von seinem geringen Lohn den größten Teil zu seiner Familie nach Italien schickt. Die Jahre vergehen, doch die Armut klebt an den italienischen Einwanderern. Nur wer sich der Mafia anschließt, kann mit einem gewissen Wohlstand rechnen. Erpressungen, Entführungen und brutale Morde untereinander sind Alltag. Auch Diamante läßt sich zu kriminellen Taten hinreißen, wenn auch stets nur im kleinen Rahmen. Seine Liebe zur heranwachsenden Vita läßt ihn jedoch auf ein ehrliches Leben bauen, und so verläßt er New York, um beim Eisenbahnbau genügend zu verdienen, bis er Vita ein geregeltes Leben bieten kann, doch als er zurückkommt, noch ärmer als zuvor, ist Vita schon vergeben, ihre Liebe zueinander aber nicht erloschen. Diamante geht zurück nach Italien, doch auch der Ozean scheint die beiden nicht trennen zu können. 38 Jahre nach ihrer letzten Begegnung steht Vita dann plötzlich in Rom vor der Haustür der bescheidenen Etagenwohnung ihrer großen Liebe, doch weder Diamante noch Vita sind noch die Menschen, die sie einmal waren.

Die Italienerin Melania Mazzucco hat in der Vergangenheit ihrer Familie geforscht und wurde von dem Schicksal ihres Großvaters und seiner Cousine dermaßen in den Bann gezogen, daß sie die Recherchen in Italien und den USA immer weiter fortsetzten mußte. Was der 38jährigen die Gegenwart nicht geben konnte, erhoffte sie sich von der Vergangenheit, doch am Ende ihrer Ahnenforschung wurde plötzlich offenbar, daß der Traum vom besseren Leben von der harten Realität geschluckt wurde.

In Italien wird die Nachwuchsautorin gefeiert. So lobte die La Repubblica beispielsweise ihre "große epische Kraft und elegante Leichtigkeit". Dem ist nicht uneingeschränkt zuzustimmen, da Melania Mazzucco zwischendurch immer wieder von ihrer eigenen Recherche berichtet und somit das völlige Eintauchen in das New York der italienischen Einwanderer verhindert. Ihre Darstellung der damaligen Lebensverhältnisse ist aber grandios in Worte gefaßt. Fritz Hegelmann

Melania G. Mazzucco: "Vita", Knaus, München 2004, geb., 544 Seiten, 22,90 Euro

 
     
     
 
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