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Union: Spiel mit dem Feuer

 
     
 
Einer wachsenden Zahl von CDU-Anhängern fällt es zunehmend schwerer, "ihre" Partei zu verstehen. Insbesondere jene, für die Patriotismus mehr als eine Sonntagsfloskel bezeichnet, hatten nicht erst seit der Hohmann-Affäre einigen Grund, den Kopf zu schütteln. Anlaß für die jüngsten Irritationen ist die Kritik des Ex-Parteichefs und heutigen CDU-Außenpolitikers Wolfgang Schäuble
an Außenminister Fischers Vorstoß, Deutschland einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu verschaffen.

Schäuble nennt das "Re-Nationalisierung der Außenpolitik" und "ganz altes Denken". Der Nachfolger Kohls im Parteivorsitz fordert die Bundesregierung auf, statt nach einem deutschen Sitz zu streben, lieber der EU den Vorrang zu geben. Für einen EU-Sitz in dem Weltgremium müßten Großbritannien und Frankreich ihre Stühle räumen. Schäuble weiß indes genau, daß die Chancen dafür praktisch gleich Null sind. Sollte Berlin den Vorstellungen des Unionspolitikers also folgen, hieße dies, daß Deutschland auf alle absehbare Zeit als drittgrößter Beitragszahler und zweitgrößter Truppenlieferant der Uno bei den wesentlichen Entscheidungen nur Zuschauer bliebe. Was Schäuble hingegen als "ganz altes Denken" bekritelt, ist nichts als die nüchterne Realität der Weltpolitik, in der nach wie vor die Nationalstaaten den Ton angeben. Warum also nicht auch der deutsche? Gesundes Nationalbewußtsein und Sinn für die Wirklichkeit verbinden sich in dem Ansinnen nach einem Sicherheitsratssitz. Für beides stand in den Augen ihrer Anhänger eigentlich stets die Union, kaum die SPD und schon gar nicht die Grünen. Eher hier als bei den Christdemokraten erwartete man, daß kühl kalkulierte deutsche Interessenpolitik verfemt wird und den Bürgern stattdessen ein Gebräu aus internationalistischen Träumereien und Mahnungen zur deutschen Selbstbeschneidung aufgetischt wird.

So verwundert es denn auch nicht, daß Joschka Fischer seinen Wunsch nach einem ständigen Sitz mit tönender Verantwortungsrhetorik vorbringt. Wer das bloß für die notwendige diplomatische Umgarnung hält, liegt nur zum Teil richtig. Abgesehen von der unüberbietbaren Eitelkeit dieses Mannes glaubt er tatsächlich an die Ideologie der Überwindung der Nationalstaaten, vor allem der des deutschen. Für Fischer ist Deutschland nicht Zweck seiner Politik, sondern Mittel, mehr nicht. Wenn er ihm mehr Gewicht verleihen will, dann, um es als Instrument für Anderweitiges zu stärken. Doch dies ist langfristig gesehen zweitrangig: Fischer wird wieder gehen, der Sicherheitsratssitz würde bleiben.

Warum verprellt die CDU die Nationalen? Meint sie, die haben sowieso keine Alternative zum Unionwählen? Das wäre ein Spiel mit dem Feuer: Denn wenn die Demokraten keinen vernünftigen Patriotismus anbieten, kann der unvernünftige an Terrain gewinnen, wie wir es in Sachsen erlebt haben. Schäuble und die Union sollten die Zeichen erkennen. Elisa Wachtner

 
     
     
 
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