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Weltoffenheit

 
     
 
Nach Jahrzehnten der Isolation geht die Universität Königsberg neue Wege. Sie setzt auf grenzübergreifende Kooperation und sucht den Anschluß an die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft. Diese Neuorientierung ist für die Universität überlebenswichtig. Eine bedeutende Rolle nehmen dabei deutsche Universitäten, Hochschullehrer und Stiftungen ein.

Der Königsberger Universität
kommt heute eine große Bedeutung zu, denn im Königsberger Gebiet ist die Hochschule ein Zentrum der wissenschaftlichen Kultur und Bildung Rußlands, das in enger Verbindung mit den anderen Universitäten in Europa zusammenarbeitet. Das Prinzip der Weltoffenheit hat an dieser Bildungsstätte eine lange Tradition. Die Reformation in Preußen und die humanistische Tradition hatten den internationalen Charakter von Forschung, Lehre und Organisation der Albertina stets gefördert. Nach einer Periode der jahrzehntelangen Isolation sucht die Königsberger Universität nun den Anschluß an die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft. Deutsche Hochschulen, Professoren und wissenschaftliche Stiftungen leisten ihr dabei maßgebliche Hilfe.

Die Probleme an der Universität Königsberg unterscheiden sich nicht von denen an anderen russischen Universitäten, doch geht man sie in Königsberg entschiedener an. Nach der Auflösung des Ostblocks und den damit einhergegangenen Umstrukturierungen des Hochschulbereichs ist es vor allem der Geldmangel, der zu Einschränkungen und Improvisationen zwingt. Daneben herrscht in Königsberg der Wunsch nach Wiedereingliederung in die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft. Hier herrscht Nachholbedarf, denn wie die Stadt und das Gebiet gehörte auch die Universität bis vor einigen Jahren zum Sperrgebiet, wodurch ein wissenschaftlicher Austausch fast unmöglich gemacht wurde.

Mittlerweile aber ist die Universität dabei, sich aus dieser langjährigen Isolation zu befreien. Dies geht jedoch nur durch intensive internationale  Kooperationen, Austauschprogramme und Partnerschaften. Hierbei spielen die Kontakte zu deutschen Hochschulen und deutschen Hochschullehrern eine besondere Rolle. Die 12 Fakultäten arbeiten bereits mit 20 deutschen Universitäten zusammen, zu denen die Hochschulen in Göttingen, Kiel, Marburg, München und Greifswald gehören. Viele dieser Kontakte sind auf Initiative deutscher Wissenschaftler, die eine persönliche Beziehung zu Königsberg haben, zustande gekommen. Manche Verbindung ist vor drei Jahren anläßlich der mit internationalen Gästen durchgeführten Feierlichkeiten zum 450. Gründungsjubiläum der Albertina entstanden. Eine Reihe  dieser  Privatinitiativen führte zu Stiftungsprogrammen zum Hochschullehrer- und Studentenaustausch, zu gemeinsamen Forschungsprojekten und zu festen Kooperationsverträgen.

Der zielgerichtete Aufbau der internationalen Kontakte liegt in den Händen des Universitätsrektors Gennady M. Feodorov, der hierfür ein Referat für Auslandsangelegenheiten geschaffen und dem Rektorat unmittelbar unterstellt hat. Wegen der besonderen geographischen Lage des Hochschulstandortes soll die Königsberger Universität als Brücke zwischen russischer und westlicher Kultur dienen.

Nicht zuletzt zwingt die desolate finanzielle Lage die Hochschule zur Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern. Aus Moskau werden lediglich die Gehälter der Hochschullehrer und die Stipendien für die Studenten bezahlt. Forschungen,  Lehrmaterialien und Fachliteratur müssen dagegen aus Eigenmitteln getragen werden. Ohne die Eigeninitiative der Professoren würde hier nichts laufen.

Die Umwandlung des Königsberger Gebietes von einem militärischen Sperrgebiet zu einer Freihandelszone verschafft der Universität einen gewissen finanziellen Spielraum. Die Professoren sind häufig als Berater, Referenten und Gutachter tätig und verdienen sich dadurch ein Zubrot, das die regulären Bezüge um ein Vielfaches übersteigt. Auch viele Studenten verdienen gut, indem sie neben ihrem Studium als Dolmetscher oder Reiseführer arbeiten.

Während Professoren und Doktoranden früher in das 1000 Kilometer entfernte Moskau fuhren, um dort in Bibliotheken und Archiven zu arbeiten, bieten sich heute näher liegende Universitätsstädte an. Warschau und Greifswald beispielsweise sind bequem innerhalb von wenigen Stunden mit dem Auto zu erreichen. Auch hierdurch wird die grenzüberschreitende Forschung und Lehre vorangetrieben.

In Deutschland fördert die "Gottlieb Daimler und Karl Benz-Stiftung" seit 1993 im Rahmen der "Hermann von Helmholtz-Gastprofessur" den Austausch von Wissenschaftlern zwischen deutschen Hochschulen und der Universität Königsberg. Hier hatte der Physiker Helmholtz mehr als 25 Jahre gewirkt. Die erste Phase begrenzte den Austausch auf Professoren und war mit ihrer kurzen Laufzeit als Schnupperprogramm für möglichst viele Teilnehmer gedacht. Neben der Herstellung persönlicher Kontakte konnte den russischen Gästen ein Einblick in das deutsche Wissenschaftssystem und die Organisation von Forschung und Lehre an einer modernen und von demokratischen Strukturen geprägten Universität geboten werden. In der jetzt angelaufenen zweiten Phase sollen die Programme vertieft und die Aufenthaltsdauer an der fremden Universität verlängert werden. Außerdem wird das Programm auf jüngere, nicht habilitierte Wissenschaftler ausgedehnt. Die "Marga und Kurt Möllgaard-Stiftung" sowie die "Robert Bosch-Stiftung" ermöglichen Königsberger Studenten aller Fakultäten die Teilnahme an Sommersprachkursen an deutschen Universitäten. Auf Initiative des Göttinger Völkerrechtlers Dietrich Rauschning, der regelmäßig in seine Heimatstadt Königsberg reist, studieren gegenwärtig fünf Königsberger Jurastudenten aus den höheren Semestern an den Universitäten Greifswald, Halle und Göttingen. Die Universität Königsberg unterstützt diese Maßnahme sehr und ermöglicht es den Studenten, nach ihrem Auslandsaufenthalt ohne Zeitverlust in ihren jeweiligen Studienjahrgang an der eigenen Universität zurückzukehren.

Die zwischen den Universitäten Göttingen und Königsberg bestehenden Programme sind mittlerweile so erfolgreich, daß mehrsprachige Studenten an einem gemeinsamen  wissenschaftlichen Projekt mitwirken können. Hierbei wird untersucht, welche Änderungen im Recht Rußlands und des Königsberger Gebietes erforderlich sind, um die Bedingungen für einen Beitritt zur europäischen Menschenrechtskonvention zu erfüllen.

Durch die deutsche Forschungsgemeinschaft und die Stiftung Volkswagenwerk werden regelmäßig deutsch-russische Forschungsvorhaben gefördert, so beispielsweise Untersuchungen zur Struktur des städtischen Einzelhandels, zur Transformation von Wirtschaftssystemen, aber auch solche über "Anomale Transportprozesse oberhalb der auroralen Ionosphäre bei Auftreten feldliniengerichteter Ströme".

In den vergangenen Jahren hat die Königsberger Universität ihre Mitarbeit an europäischen Hochschulprojekten ausbauen können. Sie wirkt an verschiedenen Austausch- und Förderungsprogrammen mit und kooperiert mit Hochschulen und Stiftungen in Großbritannien, Irland, Frankreich, Polen und Schweden.

Diese internationalen Beziehungen werden die finanzielle Lage der Universität verbessern helfen. Die Universität Königsberg befindet sich auf dem Weg zu einer europäischen Universität, die an die große akademische Tradition dieser Bildungsstätte anknüpfen wird.

 
 
     
     
 
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