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Mit Nato-Bomben für die Menschenrechte?

 
     
 
Der Jugoslawienkrieg der Nato hat zwei Ziele: Er will das Morden der serbischen Streitkräfte im Kosovo beenden und die Militärmaschinerie de serbischen Präsidenten Milos?evic´ so zerstören, daß dieser zu weiteren Aktionen wi in den letzten knapp zehn Jahren gegen die Slowenen, Kroaten, Bosnier und Kosovo-Albane nicht mehr in der Lage ist. Diese Ziele bestimmen auch die Strategie
. Es geht in diese Krieg nicht darum, Gelände oder Raum zu gewinnen – und deswegen haben die Politike der Nato die Option, Bodentruppen ohne vorherige Beendigung des serbischen Waffengang gegen die Kosovo-Albaner einzusetzen, ausgeschlossen.

Es lassen sich Parallelen zum Golfkrieg ziehen: Dort waren nach wochenlange Bombardements die irakischen Truppen kampfunfähig. Die Truppen Saddam Husseins büßte mehr und mehr von ihrer Operationsfähigkeit ein: zum einen, weil ihnen die Nachschub- un Kommunikationswege zerstört worden waren, zum anderen weil ein solches wochenlange Bombardement die Moral der Truppe am Boden zermürbte. Genau dies geschah in den letzte Wochen auch mit den serbischen Verbänden im Kosovo.

Aber es gibt auch wesentliche Unterschiede: Die irakische Armee versuchte, Kuweit, als ein Gebiet, zu halten, während sie serbischen Streitkräfte unter dem Bombenhagel seh gezielt eine ethnische Gruppe aus den Dörfern am Boden vertreiben. Die irakische Arme konnte sich also nicht bewegen, mußte das Gebiet halten, während die serbische Streitkräfte sich langsam fortbewegen, was Vor- und Nachteile hat: Sie verändern ihr Positionen, sind dabei aber auch leichter zu beobachten.

Der zweite Unterschied bezieht sich auf die Kriegsziele der internationalen Truppen die gegen die Truppen der Diktatoren vorging: Die Iraker mußten in letzter Konsequenz au dem zuvor eroberten Land getrieben werden, die serbischen Streitkräfte müsse "nur" operationsunfähig gemacht werden – sie sollen dann aus eigene Antrieb abziehen.

Noch etwas ist vergleichbar – und politisch bedeutsam: Die von Rußlan gelieferten Luftabwehrsysteme erwiesen sich in beiden Auseinandersetzungen als absolu ungeeignet, die anfliegenden Luftwaffen zu gefährden. Vor aller Welt wurde demonstriert wie deutlich die Nato-Waffentechnik, vor allem die der USA, der russischen überlegen ist.

Der Befund bei Redaktionsschluß dieser Ausgabe vor diesem Hintergrund sieht die Nat auf einem guten Weg: Die Rüstungsindustrie Serbiens, seine Luftabwehr und die Führungszentralen sind weitgehend zerstört. Die Luftwaffe der Serben ist praktisc ausgeschaltet: Mehr als die Hälfte aller Kampfflugzeuge ist zerstört. Die Mobilität de serbischen Streitkräfte – Armee und Sonderpolizei – ist gewalti eingeschränkt, weil Kommunikationsmöglichkeiten und Nachschub fehlen. Es gibt Meldunge über Desertionen und erhöhte  Kriegsdienstverweigerung. Erste Verbände habe bereits Flüchtlingen geholfen. Aber: Die Streitkräfte sind nach drei Wochen Luftkrie der Nato noch nicht gänzlich ausgeschaltet. Noch immer sind die Serben in der Lage, die noch nicht durchkämmten Gebiete zu "bearbeiten" und ihr blutiges Geschäf weiterzubetreiben.

Insofern ist die Bilanz nicht durchweg positiv. Das eine Ziel, der Militärmaschineri Milos?evic´s weitere offensive Wirkungsmöglichkeiten zu nehmen, ist zu eine beträchtlichen Teil erreicht. Diese Fähigkeiten sind aber wieder aufzubauen, wenn da Land wieder zur Ruhe und zu Geld kommt. Das aber schafft zeitlichen Raum für ein politische Lösung der Konflikte auf dem Balkan. Der Krieg im Kosovo ist noch nich beendet. Hier hilft es auch wenig, wenn er abgeschwächt würde. Denn Milos?evic´ ha bereits so viel erreicht, daß er sich als Sieger in seinem Sinn fühlen kann: Die meiste Kosovo-Albaner sind vertrieben oder tot, das Kosovo bleibt – zunächst (?) – in Staatsverband Jugoslawiens.

Während die militärischen Operationen weitergehen, müssen zwei Entwicklunge politisch vorbereitet werden: Zum einen muß klar werden, was mit dem Kosovo künfti geschieht. Die Forderungen der Staatengemeinschaft für ein Ende der Luftoperationen habe sich in den letzten Wochen gewandelt: Der Vertrag von Rambouillet, der eine begrenzt Autonomie für das Kosovo und die Absicherung dieser Autonomie durch eine Nato-geführt Friedenstruppe vorsieht, steht nicht mehr zur Disposition.

Jetzt ist die Rede von einer politischen Lösung "auf der Basis de Rambouillet-Abkommens". Die Truppe, die eine Lösung implementieren soll, wird nich mehr als "Nato-Truppe", sondern als "internationale Truppe" bezeichnet, vielleicht ein Ausfluß der Erkenntnis, daß eine bisher bombende Organisatio ihre Glaubwürdigkeit als Friedensstifter verloren hat, vielleicht auch das Bemühen, die bisher zum Zuschauen verurteilte Uno wieder ins Spiel zu bringen. Und es wird nicht meh gesagt, daß diese Friedenstruppe erst geschickt wird, wenn ein Abkommen vorhanden ist Die Staatengemeinschaft besteht aber weiter auf einer Rückkehr der Flüchtlinge, was abe praktisch sehr schwierig ist, weil sämtliche Identitätsnachweise der Kosovo-Albaner s vernichtet wurden wie die meisten Häuser.

Der österreichische Außenminister Schüssel hat schon öffentlich davon gesprochen daß ein international abgesichertes Protektorat der wohl einzige Ausweg aus de gegenwärtigen Krise sein kann – übrigens nur für das Kosovo, was vor de Hintergrund der Stellungnahme des russischen Präsidenten Jelzin, er nehme ein Protektora für Jugoslawien nicht hin, ein wichtiger Hinweis ist. Hier wird also – hoffentlic sehr bald – eine der wichtigsten Aufgaben der Nato-Streitmacht in der Zukunft liegen.

Ein weiteres Problem entsteht in den Nachbarstaaten. Sowohl in Montenegro, das zu Jugoslawien gehört, wie auch in Mazedonien, Albanien und auch Griechenland gibt e schwere innenpolitische Erschütterungen. Vor allem in Mazedonien sprechen Experten vo einem bevorstehenden Bürgerkrieg, wenn nicht stabilisierend von außen eingegriffen wird Die Bundesregierung hat als EU-Präsidialmacht dies erkannt und den Staatssekretär in Verteidigungsministerium, Walter Kolbow, als Beauftragten für diese Region eingesetzt zunächst nur für Mazedonien, aber es ist leicht auszumachen, daß er sich auch um ander Länder kümmern muß.

Diese beiden politischen Probleme sind die vordringlichsten in dieser Phase. Wenn si zufriedenstellend gelöst werden können, wird auch die Flut an Vertriebenen, die sich nu im Kosovo, herumirrend, in den Nachbarländern und in Mitteleuropa aufhalten, wiede langsam zurückgeführt werden können.

Man sollte aber auch erwähnen, daß sich die Nato-Verfahren zur Führung einer solche Auseinandersetzung bewährt haben. Täglich tagt der Nato-Rat und beschließt die Operationsplanung für die nächsten 24 Stunden. Jeden Tag beschließt also das politisch Leitungsgremium der Allianz einstimmig, also mit allen 19 Stimmen, die weiteren Schritte und zwar nicht nur die politischen, sondern auch die militärischen. Die Soldaten diene als Berater und als Vollstrecker dieser Beschlüsse. Wesley Clark, de Nato-Oberbefehlshaber Europa, und der deutsche General Klaus Naumann, Vorsitzender de Militärausschusses der Nato, also des Gremiums, in dem die Generalstabschef zusammenarbeiten, legen die Pläne für die nächste Phase vor. Aber die jeweilig Eskalationsstufe wird politisch entschieden.

So drängte Clark über einige Tage vergeblich, auch Ministerien in Belgrad angreife zu dürfen – davon versprach er sich erhöhten Druck auf Milos?evic´. Erst nac längerem Verlauf der Operationen haben die Politiker dem zugestimmt. Clark beklagte auch daß die Option, Bodentruppen in ein umkämpftes Umfeld einzusetzen, politisch zu frü ausgeschlossen wurde – Milos?evic´ hatte so eine Garantie dafür, daß die Nat nicht bis zum Letzten ging. Erst nach einigem Drängen wurde die Diskussion über dies Frage etwas offener geführt, so daß wenigstens verbal diese Lücke geschlossen werde konnte.

Auf der anderen Seite mußte Clark den zunehmenden Druck der Politiker, schneller die am Boden operierenden und immer brutaler agierenden Truppen Milos?evic´s zu bekämpfen einige Tage aushalten: Es mußte erst sicher sein, daß die serbische Luftabwehr dagege nicht mehr viel unternehmen konnte. Hier mußten sich die Politiker dem Rat der Militär beugen. Aber es wurde klar erkennbar, daß in diesem Bündnis die Politik die Ziel formulierte und ständig überprüfte, ob die militärischen Mittel, diese zu erreichen angemessen sind.

Die Nato ist also nicht nur ein Militärbündnis, sondern auch ein politisches, wa gerade im Umfeld des 50. Jahrestags ihrer Gründung betont werden muß. Trotzdem ist die Nato nicht der Adressat für eine politische Lösung nach dem Krieg. Dafür müssen ander wieder das Heft in die Hand nehmen: Die Kontaktgruppe, die G8 oder der Weltsicherheitsra der Uno. Auch diese Aufgabenteilung darf nicht verwischt werden.

Das Niederkämpfen eines der brutalsten Diktatoren dieses Jahrhunderts ist ein Aufgabe, die sich aus den Werten, denen die Nato verpflichtet ist, ableitet. Aber die politische Regelung muß anderswo erarbeitet werden, auch weil eine solche Lösung au eine politisch breitere Basis gestellt werden muß. In allen anderen erwähnte Staatengruppen ist Rußland beteiligt. Stabilität in diesem Bereich Europas ist – wenn überhaupt – nur mit Rußland erreichbar.

Insofern reicht es nicht aus, die weiteren Überlegungen für eine künftige Lösung in den Nato-Gremien zu erarbeiten. Der Ansatz, der seit einer Woche intensiver verfolgt wird die anderen Gruppen stärker ins Spiel zu bringen, ist daher richtig. Hoffen wir au Signale aus diesen Gremien, die die Region stabilisieren und den leidgeprüften Mensche dort wieder eine Perspektive geben.

Rolf Clement ist langjähriger Mitarbeiter der politischen Redaktion de Deutschlandfunks in Köln mit Arbeitsschwerpunkt Militärpolitik.
 
     
     
 
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