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Seit dem Ende des Mittelalters wird die deutsche Geschichte wesentlich durch die Reformation geprägt, welche die bisherige konfessionelle Einhei unseres Vaterlandes durch den Gegensatz von lutherisch und katholisch ablöst. Da Luthertum bleibt jedoch nicht auf Deutschland beschränkt, und neben die lutherisch treten andere protestantische
Kirchen. Die katholische Kirche muß hinnehmen, daß nebe ihr nicht nur die morgenländisch-orthodoxe Kirche steht, sondern eine erhebliche Zah protestantischer Kirchen und Freikirchen sich bildet, zunächst in Europa, später auch in Amerika.

Nun ist die Kirchentrennung seit ihrer Entstehung stets auch schmerzlich empfunden, un manche Versuche zu ihrer Überwindung sind gemacht worden. Ohne jeden Erfolg. Es ga Übertritte von beiden Seiten. Aber das blieben Einzelschritte.

Heute ist es nun etwas ganz anderes, was Bewegung in das Verhältnis der Konfessione gebracht hat, das seinen Ursprung letztlich in einem völlig anderen Bereich hat. Wenn wi z. B. von Globalisierung sprechen, dann handelt es sich hier um eine Tendenz, die zwar zunächst in der Wirtschaft, und hier besonders durch Fusionierung, in Erscheinun tritt. Sie zeichnet sich aber ebenso durch die infolge der Migrationsbewegung in de Industriestaaten entstandenen Probleme aus, wodurch die Integration der Eingedrungenen zu Hauptaufgabe wird. Da ist es kein Wunder, wenn auch die Kirchen als gesellschaftlich Gebilde von diesem Trend erfaßt werden, der als Ökumene immer stärker in Erscheinun tritt. Dabei ging es zunächst um den Zusammenschluß von Kirchen gleichen Bekenntnisses So wurde 1923 der Lutherische Weltbund geschaffen; 1945 entstand nach dem Zweite Weltkrieg der Ökumenische Rat der Kirchen in Amsterdam, der 90 Prozent alle nichtkatholischen Christen umfaßt.

Die so praktizierte Gemeinschaft der Kirchen reicht heute nicht mehr aus. Man bemüh sich jetzt um einen theologisch formulierten Ausdruck für die neu gewonnene Einheit. Da ist nicht einfach, denn die Kirchen haben sehr detaillierte Bekenntnisse, die man dabe nicht ignorieren kann. Jede dieser Konfessionskirchen ist "geprägte Form, die leben sich entwickelt". Und da entstehen die Probleme, besonders wenn es sich um ein Verbindung mit der katholischen Kirche handelt. Denn diese versteht sich nicht als ein Kirche neben anderen, sondern als die eine von Christus gestiftete Kirche, womi verglichen die nichtkatholischen nicht als Kirchen im strengen Sinne, sondern höchsten als Kirchengemeinschaften verstanden werden können. Daher gehört sie auch nicht de Ökumenischen Rat an.

Eine kirchliche Integration gibt es daher nur, wenn für die neue Gemeinschaft ein theologische Formel gefunden wird, welche dieser Besonderheit von Einheit entspricht. Un das ist nicht einfach! Denn auf die Reformation hat die katholische Kirche in de Tridentiner Konzil 1545 bis 1563 eine sehr ausführliche und präzise verneinende Antwor gegeben, mit der sie sich selbst gebunden hat. Indessen wandelt sich die jeweilig geschichtliche Aufgabe. Nachdem eine gewaltsame Rekatholisierung im 30jährigen Krie nicht gelungen ist, blieb für die katholische Kirche nur die Selbstbehauptung, die ih dadurch immer mehr erschwert wurde, daß das kirchliche Interesse seit der Aufklärun ständig zurückging. Ja, die modernen Ideen wie Demokratie und Sozialismus klopften als sogenannter "Modernismus" an die Kirchentür. Noch konnten sie von dem seh konservativen Papst Pius X. zurückgedrängt werden. An dieser Lage war zunächs grundsätzlich nichts zu ändern.

Deshalb mußte die katholische Kirche eine neue Strategie entwickeln, in welcher de Ökumenismusbegriff eine völlig neue Rolle zu spielen hatte. Ökumene als Gemeinschaf der Kirchen ja, aber – was zunächst noch dezent nicht ausgesprochen wurde – unter Überordnung der wahren, von Christus gestifteten römisch-katholischen Kirche Dafür genügte die Anerkennung des päpstlichen Primats, wobei jede Kirche ihre Eigenar in Bekenntnis, Liturgie und Organisation behalten durfte. Im Grunde war damit bereits bal nach der Reformation begonnen worden, nachdem 1054 der Bruch zwischen der byzantinische Ostkirche und dem lateinischen Rom erfolgt war.

Das ist das Modell, unter dem die römisch-katholische Kirche ihre ökumenische Arbei betreibt. Und nicht der geringste Zweifel ist möglich, daß auch die jetzige mit de lutherischen angestrebte Gemeinschaft dieses letzte Ziel hat.

So haben die Vertreter der katholischen und lutherischen Kirche sich zusammengefunden um diese neue Einheit in einem Punkt zu formulieren. Hierzu hat man den Artikel de Rechtfertigung gewählt, der bereits von den Reformatoren als grundlegend verstande wurde. Hier konnten die vorhandenen Formulierungen nur als gegensätzlich verstande werden. Durch die neue, von beiden Seiten erarbeitete Fassung in der sogenannte "Gemeinsamen Erklärung" (GE) sollen die bisher verurteilenden Wendungen in de Lutherischen Bekenntnissen wie im Tridentiner Konzil ihre Gültigkeit verlieren, so da jetzt "versöhnte Verschiedenheit" herrscht. Man sei ein gutes Stück auf de Wege der Einheit vorangekommen; und so wird die "Gemeinsame Erklärung" als de erste Schritt zur Einheit gepriesen. Wie weitgreifend dabei auf katholischer Seite die Perspektive gespannt ist, läßt ein Foto in der Tageszeitung "Kiele Nachrichten" vom 8. November 1999 erkennen, das den Heiligen Vater bei einem Treffe mit Hindus, Moslems, Juden und Buddhisten in Neu-Delhi zeigt. In dem beigefügten Tex wird das noch unausgesprochene Ziel in aggressiver Offenheit bekanntgegeben "Zugleich beharrte der Papst darauf, daß die katholische Kirche auch weite Andersgläubige zum Christentum bekehren solle." Und was kann das anders bedeuten als den päpstlichen Primat anzuerkennen.

Die Beschränkung der neuen Einheit auf den einen Artikel der Rechtfertigung ist dabe ein kluger Schachzug. Zwar stellt er zweifellos die reformatorische Zentralaussage dar den articulus stantis und cadentis ecclesiae, d. h. die Glaubensaussage, mit dem die Kirche steht oder fällt, aber er bildet streng genommen lediglich die Grundlage de lutherischen Bekenntnisses. Denn in den von Luther verfaßten "Schmalkaldische Artikeln" von 1537 auf das engste verbunden sind die anderen dre "Hauptartikel", über die keine Diskussion mehr möglich ist: II. Von der Messe III. Von Stiften und Klöstern, IV. Vom Papsttum. In diesem letzten Artikel wird nun de päpstliche Primat unmißverständlich auf das entschiedenste abgelehnt: Der Papst is nicht das "Haupt der ganzen Christenheit ..., sondern der Bischof und Pfarrherr de Kirchen zu Rom und derjenigen, die sich williglich oder durch weltliche Kreatur (das is weltliche Obrigkeit) zu ihm begeben haben, nicht unter ihm als einem Herrn, sondern nebe ihm als seine Brüder und Gesellen". Mit diesen Feststellungen gewinnt die Rechtfertigungslehre einen ganz neuen Charakter. Sie sagt, daß das christlich Gottesverhältnis ohne jede Zwischenschaltung den Einzelnen in die letzte Einsamkeit de Gewissens vor die göttliche Majestät stellt. Erst so erhält dieses sein Gewicht un seinen Ernst.

Doch ist dies nicht das letzte Wort Luthers über den Papst. Man kann sein Überzeugung nicht ohne seine 1545 verfaßte Schrift "Wider das Papsttum zu Rom. Vo Teufel gestiftet" verstehen, deren Inhalt und leidenschaftliche Polemik sich nur au der historischen Situation erklärt. Auf dem Reichstag zu Speyer 1544 hatte Kaiser Karl V den Protestanten aus politischen Gründen bis zu einem "christlichen, freien Konzi deutscher Nation" einen allgemeinen Landfrieden zugesichert, was Papst Paul III. au das äußerste erboste und zu einem Breve mit schwersten Vorwürfen dieserhal veranlaßte. So forderte er strikte Zurückhaltung von allen Entscheidungen in religiöse Angelegenheiten vom Kaiser. Alle den "Feinden der Kirche" gemachte Zugeständnisse seien zu widerrufen. Ein zweites Breve brachte dieselben Argumente in verschärfter Sprache. Der kaiserliche Minister Granvella sorgte dafür, daß dieses Brev in Luthers Hände gelangte. Die Erbitterung des Kaisers auf diese Sprache des Papstes wa grenzenlos. Zudem bekam Luther durch seinen Kurfürsten die Weisung, eine Antwort au diese päpstlichen Forderungen zu verfassen. Theologische und politische Interesse vereinten sich für Luther zu einem Auftrag gegen diese Anmaßungen des Papstes. Da diese Schrift dementsprechend leidenschaftlich ausfiel, wen wundert es? Zudem äußert sich Calvin in gleicher Weise.

Dabei geht es um das in Vorbereitung befindliche Konzil, auf dem die religiöse Differenzen in Deutschland geklärt werden sollen. Luther bestreitet entschieden, daß da in der gegenwärtigen Situation möglich wäre. "Diese drei Worte frei, christlich deutsch sind dem Papst und römische Hof nichts denn eitel Gift, Tod, Teufel und die Hölle". Und damit hat er, historisch gesehen, völlig recht. Wenn daher heute diese ganze Komplex der Rolle des Papstes ausgeschaltet und eine Einigung lediglich auf de Artikel der Rechtfertigung reduziert wird, denn kann von einer wahren Einheit überhaup nicht die Rede sein, dann die katholische Seite setzt stillschweigend die päpstlich Oberhoheit auch bei gleichartigem Verständnis der Rechtfertigung voraus. Zur religiöse Überzeugung gehört aber stets auch die kirchliche Organisation. Stutzig machen solle hätte auch die auf katholischer Seite beibehaltene Ablaßtheorie im Bußsakrament, welch die reformatorische Kritik ja erst ausgelöst hat. Denn die Teilung in Schuld und Straf und die Abbüßung der letzteren in der Genugtuung (satisfactio) ist die deutlichst Demonstration der Werkgerechtigkeit.

Grundlegend für die katholische Kirche ist ihr Verständnis, daß die Christologie als Rechtsordnung zu verstehen sei. Ihr Ziel ist es, "die Dogmatik in eine Gerichtsstub zu verwandeln, aus der sich dann das Kaufhaus und die Räuberhöhle entwickeln" (Harnack). Es bleibt völlig unbegreiflich, daß alle diese Dinge heute auf evangelische Seite ignoriert werden und aller theologischer Scharfsinn sich auf eine ökumenisc brauchbare Definition von Rechtfertigungslehre beschränkt.

Nun haben wir Deutsche Veranlassung, nach den unmittelbar nach dem Krieg mit fremde Kirchenführern gemachten Erfahrungen mißtrauisch zu sein. Der sehr bald nach de deutschen Kapitulation bei uns erschienene Vertreter der Ökumene, Vissert’ Hooft hatte in einer Art Erpressung das deutsche Kollektivschuldgeständnis von den deutsche protestantischen Kirchenführern erhalten, das unser Volk noch immer auf das schwerst belastet. Das sollte uns auch bei einem polnischen Papst nachdenklich machen. Daß dazu in der Tat Veranlassung besteht, erlebten deutsche Pilger bei einer Papstaudienz in Caste Gandolfo 1981, die übereinstimmend berichteten, daß der Papst die Melodie eines vo seinen Landsleuten gesungenen polnischen Liedes, der sogenannten Rota, ins Mikropho mitgesummt habe, was die Deutschen, denen es wohl bekannt war, mit Entsetzen mithörte (Tagespost vom 6. Juli 1983). Hier mag die letzte Strophe genügen:

"Nicht mehr wird uns der Deutsche speien ins Gesicht,

Die Kinder uns nicht germanisieren.

Bald wird kommen der Waffen ehernes Gericht,

Der Geist wird uns anführen.

Blitzt nur der Freiheit goldnes Horn zur Wehr.

Dazu verhelf uns Gott der Herr."

Das ist schlimmster Chauvinismus, wie man ihn vom obersten Hirten eigentlich nich erwartet, sicher aber keine Ökumene. Es ist daher auch gar nicht verwunderlich, daß ein große Zahl evangelischer Hochschullehrer die Begeisterung der lutherischen Bischöfe un Kirchenführer durchaus nicht teilt, wie eine Protestnote vom 25. September 1999 in de FAZ zeigt, in der die "Gemeinsame Erklärung" entschieden abgelehnt wird. Um de symbolischen Charakter dieser "Gemeinsamen Erklärung" zu unterstreichen, is diese von beiden Kirchen ausgerechnet am 31. Oktober dieses Jahres, dem Tag von Luther Thesenanschlag 1517 und noch dazu in Augsburg, dem Ort des Reichstages de "Augsburger Konfession" Melanchthons von 1530, abgegeben worden. Damit mag jede selbst sehen, wie er zu entscheiden hat. Mit den Worten Luthers aus de "Schmalkaldischen Artikeln" gesprochen:

"Das können und wollen wir nicht auf unser Gewissen nehmen. Wer es aber will, de tue es ohne uns."


 
     
     
 
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