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Auf immer festgeschrieben

 
     
 
Kürzlich meldete die „Berliner Zeitung“, der Mitarbeiter der wissenschaftlichen Abteilung der Gedenkstätte des ehemaligen Vernichtungslagers Majdanek, Tomasz Kranz, habe in der soeben erschienenen Zeitschrift „Zeszly Majdanka“ (Majdaneker Hefte), Band 23, einen Beitrag veröffentlicht, aus dem hervorgeht, daß nach seinen Forschungen die Zahl der in dem Lager zu Tode gebrachten Menschen niedriger sei als bisher angenommen. Seine „völlig neuen Berechnungen“ gelangen zu dem Schluß, daß dort 59000 Juden und 19000 Nichtjuden getötet worden seien.

Diese Zahl, die von polnischen Forschern gründlich geprüft und nicht beanstandet worden sei, unterscheidet sich deutlich von früheren Veröffentlichung
en.

Das KL Lublin, wie es damals offiziell hieß, wurde noch vor dem Lager Auschwitz von der sowjetischen Armee erreicht. Die UdSSR setzte eine „Außerordentliche Kommission“ ein, die erforschen sollte, was in dem Lager vorgefallen war. Am 28. September 1944 veröffentlichte sie einen Bericht, der in der englischen Fassung den Titel trägt „The Majdanek Inferno“. Die Sowjets berichteten darin, daß in dem Lager Massenerschießungen ebenso stattgefunden hätten wie Massentötungen in „Mordwagen“ (durch Autoabgase) und „Gaszellen“. „Hunderttausende von Personen (sind) durch Gas vergiftet worden“.

Eine „Polnische Kommission zur Untersuchung der Kriegsverbrechen in Majdanek“, die zur Zeit der kommunistischen Herrschaft in Polen tätig war, einigte sich auf eine Gesamtzahl von 200000 Opfern. In einem von Wolfgang Benz, dem Direktor des „Zentrums für Antisemitismusforschung“ an der Technischen Universität Berlin, herausgegebenen Band „Legenden, Lügen, Vorurteile“ (die er mit diesem Widerlegen will) liest man, im Vernichtungslager Majdanek seien durch Massenerschießungen „über 24000 Juden“ getötet; in den drei Gaskammern 50000 Juden vergast worden. Das sind zusammen 74000 Juden. Die Anzahl der getöteten Nichtjuden wird von Benz und seinen Mitarbeitern in diesem Band nicht erwähnt.

Die polnische Veröffentlichung zeigt erneut, wie unsicher die Zahlen der Opfer des Rassenwahns sind, die man seit Jahrzehnten in den Medien hört und liest. Man erinnert sich, daß im Jahre 2002 der Historiker und „Spiegel“-Re-dakteur Fritjof Meyer in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Osteuropa“ das Ergebnis seiner Forschungen über die Anzahl der Auschwitz-Toten veröffentlicht hat. Heraus kam eine Zahl von etwa 500000. Das war ein gewaltiger Sprung von den jahrzehntelang behaupteten vier Millionen ermordeter Juden in Auschwitz, die bis 1990 galt; dann wurde die offizielle Tafel am Eingang der Gedenkstätte Auschwitz stillschweigend ersetzt durch eine neue, auf der von 1,5 Millionen Ermordeten die Rede war, „die meisten waren Juden ...“

Man sollte aber nicht ohne weiteres etwa in der öffentlichen Diskussion die von polnischer Seite neu ermittelte Zahl von 59000 ermordeten Juden verwenden. Das könnte von einem deutschen Gericht als eine „Verharmlosung der durch die Nationalsozialisten an Juden begangenen Völkermordhandlungen“ gedeutet werden und zu einer Verurteilung führen. Das hat zuletzt der frühere BdV-Landesvorsitzende in Thüringen, Dr. Paul Latussek, erfahren müssen, der, gerade von einer Polen-Reise zurückgekehrt, in einer Delegiertenversammlung erzählte, er habe in Polen gehört, daß in Auschwitz nicht, wie am Eingang auf dem Gedenkstein vermerkt, 1,5 Millionen Menschen getötet worden seien, sondern 930000. Ein Journalist zeigte Latussek an.

Es kam zu jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Latussek mal freigesprochen, mal verurteilt wurde, bis schließlich die letzte Instanz ihn zu einer empfindlichen Geldstrafe, vor allem aber zum Tragen der inzwischen aufgelaufenen enormen Kosten des Verfahrens verurteilte. Da hatte es dem Angeklagten auch nicht genützt, daß er, nachdem er die revidierten Totenzahlen genannt hatte, ergänzte: „Dabei geht es nicht um die Relativierung des Verbrechens, sondern um die geschichtliche Wahrheit. Sie kennen meine Einstellung, daß jedes Opfer eines Verbrechens eines zu viel ist.“ Diese Sätze wertete das Gericht als eine „Verschleierung der wahren Absichten des Angeklagten“.

Alle Anzeigen gegen den Historiker Fritjof Meyer, der viel niedriger liegende Zahlen von Auschwitz-Opfern genannt hatte, wurden hingegen zurückgewiesen. Begründung: Der „Spiegel“-Redakteur grenze sich „klar von jeden Bestrebungen ab, den Holocaust und seine Schrecken zu verleugnen oder zu bagatellisieren“.

Was Latussek geschah, könnte auch jemandem widerfahren, der die jetzt bekannt gewordenen Opferzahlen von Majdanek öffentlich verwendet. Es sei daher zur Vorsicht geraten.

Majdanek wird zum traurigen Zankapfel

Nicht bagatellisieren, sondern aufklären ist das Ziel
 
     
     
 
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