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Eigentlich 448 Billionen Euro Schulden

 
     
 
Im Vergleich zu Berlin ist der Staatshaushalt von Argentinien solide finanziert", ist der zentrale Satz, mit dem Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) die Lage der Stadt beschrieben hat. Nirgendwo tickt die Schuldenuhr so schnell wie in der Bundeshauptstadt, die bereits zwölf Prozent ihres Haushalts ausschließlich für Zinsen aufwenden muß, Tendenz: rapide steigend. Deswegen ist es konsequent, daß der Bund der Steuerzahler
seinen (BdSt) "Steuerzahler-Kongreß" hier durchführt.

BdSt-Präsident Karl Heinz Däke erinnert im Berliner Hotel "Steigenberger" an Hans Eichels anfängliche Sparbemühungen. "Kurz nach seinem Amtsantritt war es erklärtes Ziel von Bundesfinanzminister Hans Eichel, für den Bundeshaushalt 2006 keine neuen Schulden aufzunehmen. Doch wie wir heute wissen, ist daraus nichts geworden."

Ganz im Gegenteil: Gleich nach der Regierungsbildung hatte Nachfolger Peer Steinbrück erklärt, weitere 41 Milliarden Euro Schulden machen zu wollen. Däke: "Ohne rot zu werden, kündigt er an, daß er einen verfassungswidrigen Haushaltsplan 2006 einbringen werde." Während Eichels Amtszeit (1999-2005) war der Schuldenberg bereits um 210 Milliarden angewachsen.

"Eine Bundesregierung, die die Probleme nur vor sich herschiebt, wird über kurz oder lang an sich selbst scheitern", warnt Däke. Er rechnet vor, daß zu den offen ausgewiesenen Schulden noch die verdeckte Schuld dazukommt (z. B. Pensions- und Rentenansprüche). Eigentlich, so Däke, müßten noch drei Billionen Euro zur offiziellen Gesamtsumme addiert werden. Er stellt deswegen die "Schuldenuhr" auf der Bühne auf 4,48 Billionen Euro um.

Als Gastredner spricht Oswald Metzger. Der frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen ist heute ein scharfzüngiger Propagandist in Sachen Marktwirtschaft und Schuldenabbau. Seit er aus dem Bundestag geflogen ist, leitet er den Verein "Neue Soziale Marktwirtschaft".

Da paßt auch ins Bild, daß er sich als "Fan von Paul Kirchhof" bezeichnet. "Der Mann wurde öffentlich hingerichtet. Das war eine Schande für unser Land", sagt er und erinnert daran, daß es Volker Kauder und Christian Wulff waren, die vor Schröder und der SPD Kirchhoffs Pläne als "ungerecht" angeprangert hätten.

Metzgers Vortrag steht unter der Überschrift "Einspruch wider den organisierten Staatsbankrott". Der Baden-Württemberger arbeitet verschiedene Politikfelder ab: Arbeitsmarkt ("Für Verdi in meinem Heimatland habe ich kein Verständnis"), Steuern ("Ich bin für die flat tax)", Pflege ("Früher gab es hier noch die Eigenverantwortung, von der heute die Rede ist").

Besonders lang hält er sich mit der Gesundheitspolitik auf, bei der er "markwirtschaftliche Anreize" vermißt. Er fordert mehr Durchschaubarkeit und Eigenverantwortung. So, wie es jetzt ist, sei das Gesundheitswesen ein "mafiöses System", in dem weder Arzt noch Patient wüßten, was eine Leistung wirklich kostet. Metzger warnt davor, daß in Zeiten der großen Koalition die "Besitzstandswahrer wieder freie Bahn" hätten. Er fordert Reformen, um den Haushalt in den Griff zu bekommen und Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen. Er selbst sei ja als "Neoliberaler" charakterisiert worden, sagt er sichtlich stolz. Metzger wirkt auf seine Zuhörer kaum so, wie die sich einen Grünen vorgestellt hatten. Mit etwas Glück wird er im März in den Stuttgarter Landtag gewählt. Die Chancen stehen jedenfalls höher, als die, daß die deutschen Schulden in absehbarer Zeit getilgt werden.

Am gleichen Abend bahnt sich ein Reporter-Team im Reichstag den Weg zu Hans Eichel. Der Ex-Finanzminister ist zum Neujahrsempfang der SPD-Bundestagsfraktion gekommen.

Im zivilen Pulli nimmt der Politpensionär Stellung zur Finanzpolitik der großen Koalition: "Das, was man sich bislang vorgenommen hat, wird nicht reichen, um die Finanzen in dieser Legislaturperiode in Ordnung zu bringen. Ich denke aber, das wissen auch alle Beteiligten", sagt er. Ein recht stolzes Wort für jemanden, der den Schatten von 210 Milliarden Euro Schulden hinter sich herzieht.
 
     
     
 
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