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Europa wird zum Dschungel

 
     
 
Jussuf Fofana, 26, nannte sich selbst "das Hirn der Barbaren". Sehr viele graue Zellen scheint dieser in Afrika, Elfenbeinküste, geborene Franzose wohl kaum zu besitzen. Er machte sich schon dadurch verdächtig, daß er in einer Air-France-Maschine an jenem Tage nach Abidschan flog, an dem sein entsetzlich verstümmeltes Opfer an einem Bahngleis im Süden von Paris entdeckt wurde. In seiner Heimatstadt ließ sich die selbsternannte Gottesgeißel ohne weiteres von der Ortspolizei festnehmen und gestand recht schnell den herbeigeeilten französischen Polizist
en, daß er die Mordaktion geplant und geleitet hatte.

Mag sein, daß er sogar stolz darauf ist. Ein toller Bandenchef, ein guter Moslem. Möglich ist auch, daß er lieber in Frankreich inhaftiert wird, wo die Strafe milder ausfallen wird, als in einem afrikanischen Kerker, wo er mißhandelt und vielleicht auf "natürliche" Art und Weise zu Tode kommen würde. Vielleicht werden Rapper in den französischen Cités seine Heldentat besingen.

Auf der anderen Seite darf man fragen, ob die öffentliche Entrüstung ebenso stark gewesen wäre, wenn das Opfer kein Jude gewesen wäre. Von dem Stadtangestellten, der zu Beginn der Meutereien vom letzten Herbst auf offener Straße vor den Augen seiner Frau von sogenannten "Jugendlichen" zu Tode geschlagen worden war, hat man nicht lange gesprochen.

Zum Glück sorgen diesmal jüdische und antirassistische Organisationen dafür, daß die Sache nicht vergessen wird. Vor allem wird dabei klar, daß Nahost-Zustände, ja sogar afrikanische Situationen nach Paris ausufern. Wie viele andere kriminelle Importbürger im westlichen Europa haben Fofana und seine bisher festgenommenen zwölf Komplizen Grausamkeiten verübt, wie sie in unseren Breitengraden nicht mehr üblich sind. Ihnen ging es anfangs um Geld ("die Juden sind reich"), zuletzt jedoch nur noch um Blut und Folter.

Drei Wochen lang, vom 27. Januar, dem Tage, als er von einem Mädchen der Bande geködert wurde und in die Hände seiner Entführer fiel, bis zur Entdeckung seines Körpers am 13. Februar war der 23jährige Telefonverkäufer Ilan Halimi, ein Franzose jüdischen Glaubens, im Keller eines Miethauses von mehreren Tätern, zu welchen sich gelegentlich "Besucher" gesellten, um Beistand zu leisten, mißhandelt worden. Ausgehungert und gefesselt wurde seine Hautoberfläche zu 90 Prozent verbrannt, mit Messern wurde er bei lebendigem Leibe "verarbeitet". Er lebte noch, als er gefunden wurde, starb aber im Krankenwagen. Dabei waren nicht alle Täter und Komplizen von Jussuf Fofana Afrikaner und nicht alle Moslems, wenn auch der Haß auf die Weißen und auf die Juden deren Kernmotivation gewesen ist.

Halimi wäre nicht ihr einziges Opfer gewesen. Von den sechs oder sieben Entführungsvorhaben betrafen drei Juden. Und solche Banden rotten sich jetzt zusammen. Dieses Verbrechen fügt sich in die Kategorie krimineller Handlungen von ethnisch beziehungsweise kulturell nicht-europäischen, nicht-westlichen Tätergruppen ein, die im Rahmen ihrer verbrecherischen Aktivitäten Gewaltformen zu uns bringen, wie sie in ihrer Heimat üblich sind.

Dieser signifikante Mord, beinahe ein Ritualmord, klagt die linke Intelligenz an, die die Beziehung zwischen ethnischer beziehungsweise kultureller Zugehörigkeit und Kriminalität immer verleugnet hat. Denn auch das gehört zum Multikulturalismus. Die Multikultifraktion im Lande der Franken muß wie hierzulande zumindest seit den letzten Monaten eingestehen, daß die Schandtaten ihrer Schützlinge eine ganz andere Dimension und auch Häufigkeit aufweisen als diejenigen vergleichbarer europäischer Missetäter. Angefangen mit der Behandlung "unehrenhafter" Mädchen und Frauen in hiesigen türkischen Familien.

Handelte es sich wirklich im Fall Fofana um ein Extremverbrechen? Nicht nur die ethnische Abstammung oder religiöse Herkunft, sondern auch der erlebte Alltag dieser Leute in unseren Städten und Vororten unterhält sie in dem Wahn, daß sie weiter schalten und walten können wie früher, als sie auf den Bäumen lebten und in der Wüste Kamele trieben. Muß man deren Bräuche im Namen einer falsch verstandenen Identität und des angeblichen Respekts vor dem Glauben weiter dulden? Die Stadt, bisher ein zivilisierter Ort des friedlichen Zusammenlebens und des kulturellen Fortschritts, wird mancherorts bereits zu einem Dschungel, wo die Angst lauert. Gerade die "Ereignisse" des No-vembers 2005 in Frankreich, die uns heute wie ein Vorspiel der jüngsten gelenkten Riesendemonstrationen gegen die "Karikaturen" in vielen islamischen Staaten vorkommen, haben gezeigt, daß die Rücksicht auf das öffentliche und auf das private Eigentum zurück-geht. Der Schritt ist nicht mehr weit, bis die Meuterer in noch intakte Stadtteile eindringen.

In einem Interview mit der Regionalzeitung "L Est républicain" (30. Dezember 2005) äußerte die Kommissarin Lucienne Bui Trong, die die Abteilung "Stadtgewalt" des französischen Verfassungsschutzes leitet und außerdem Philosophieprofessorin ist: "Die Grenzen werden ständig erweitert und die ,modi operandi werden immer gewalttätiger. Wird man diesen Trend umkehren? Mittelfristig bin ich skeptisch. Die Meuterer greifen Güter an, die sie als herrenlos und kollektiv betrachten, so zum Beispiel Schulen oder auf der Straße geparkte Pkws. Ich befürchte, daß die Gewalt gegen Personen in Zukunft zunimmt und daß die Privatsphäre nicht mehr ausgespart bleibt. Sie werden in die Häuser und in die Wohnungen eindringen. Deshalb müssen wir wachsam bleiben. Wir müssen aufhören, daraus ein Objekt des politischen Streites zu machen. Wir dürfen nicht die langfristige Sozialarbeit von der alltäglichen Repression trennen. Das eine ohne das andere wäre sinnlos."

Nicht zufällig hieß die Fofana-Gang "die Barbaren". Die Barbaren sind nicht mehr vor den Toren. Sie haben schon in der Gesellschaft Fuß gefaßt. Angesichts der Dimension dieses Phänomens, vor dem man selbstgefällig jahrelang die Augen schloß, müssen die betroffenen Parteien oder Politiker ihren Fehler zugeben. Zugegeben: Barbarei fasziniert immer ein bißchen. Auch bei uns gibt es Gruppen, die die Steinzeit der Modernität vorziehen. Der erste große Rückfall nach dem Krieg kann datiert werden: 1968. Es besteht übrigens eine gewisse Kontinuität vom geduldeten Kult der APO-Subkultur aus jener fernen Zeit bis zur Tolerierung von gewalt- und haßpreisenden Subkulturen heutiger Minderheiten, denen eine unliebsame Religion mit ihren Hohen Priestern eine Scheinlegitimität verleihen. Im "Dar al-Kufr" (Gebiet der Ungläubigen) der "kafir" (Ungläubige) darf man plündern, zerstören, Tribut verlangen.

Man darf den Einfluß, den der Rappsänger Alibi Montana aus der Siedlung "Cité des 4000" im Vorort Courneuve bei Paris, wo die Gewalt allgegenwärtig ist, nicht unterschätzen. "Nicolas, Du machst das Maul auf, du machst viel Lärm um nichts ... Verdammt, niemand hat Angst vor Dir, der Asphalt hat Dir gezeigt, daß Du ihn nicht beschimpfen darfst. Spiel weiter so den starken Mann, man wird Dich abmurksen", singt er und meint den Innenminister Nicolas Sarkozy. Als "Kultur" verbrämt gehören diese Worte in das Repertoire von Al Capone. Muß da nicht die Staatsgewalt eingreifen? Traut sie sich das noch? Bemerkenswert war es, daß die Mörder von Ilan Hamili eine "irakische" Inszenierung angewendet haben. Die Geisel war nackt, gedemütigt, in Ketten, mit einer Kapuze auf dem Kopf: Al-Kaida gepaart mit Abu Ghraib.
 
     
     
 
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