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Fälscher oder Genie? Erinnerung an den Maler Lothar Malskat aus Königsberg

 
     
 
Immer wieder geistern Presseberichte durch die Lande, in denen vor Kunstfälschern gewarnt wird. So manches Museum mußte schon eingestehen, auf solch einen Fälscher hereingefallen zu sein. Als vor Jahren Konrad Kuhjau und seine gefälschten Hitler-Tagebücher den deutschen Blätterwald geradezu zum Rauschen brachten, da meinte allerdings so mancher mit einem schadenfrohen Grinsen, es gebe Zeiten, da wolle die Welt eben betrogen sein.

Schon einmal erschütterte eine, oder besser, mehrere Fälschungen die deutsche Öffentlichkeit, damals, als der Maler Lothar Malskat sich Anfang der fünfziger Jahre
selbst anzeigte und bekannte, die gotischen Fresken in der Lübecker St. Marienkirche stammten von seiner Hand. Im Auftrag des Restaurators Fey hatte er bereits in den dreißiger Jahren im Schleswiger Dom ein solches Werk vollbracht und Fresken geschaffen, die von Kunsthistorikern über die Maßen gelobt wurden ...

Über den Lübecker Fall und über seine Kunstauffassung hat Malskat, dessen Leben und Werk 1966 im Mittelpunkt eines Fernsehfilmes mit Hanns Lothar in der Rolle des Malers standen, später berichtet: "Ich erhielt den Auftrag, gotische Kirchen gotisch auszumalen. In Bausch und Bogen wurden fast alle meine kirchlichen Wandmalereien für Werke eines unbekannten mittelalterlichen Genies vor aller Welt ausgegeben. Mit dem letzteren Kulturbetrug hatte ich selbst nichts zu tun. Schließlich wurde zugegeben: Alles malte Malskat. Das war gleichzeitig mein Grabgesang. Sehr geschickt wurden die Worte ,... alles malte Malskat‘ umgefälscht. Die Rettung für alle Verantwortlichen lautete so: Alles fälschte Malskat. So hatte ich eben fünf Jahre lang täglich acht Stunden heimlich zum Teil riesige Figuren gefälscht. Keiner hatte etwas gesehen oder gemerkt. Alle waren von mir armen Würstchen getäuscht worden. Vor meinen Heiligenfiguren beteten 1938 und 1950 weltbekannte Experten. Dann aber waren die gleichen Madonnen miserable Erzeugnisse eines ostdeutschen Malergesellen. – Was also ist Kunst wirklich?"

Lothar Malskat wurde damals zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt (der mitverantwortliche Auftraggeber zu 20 Monaten), die er zur Hälfte in Neumünster absaß und anschließend wegen guter Führung entlassen wurde. Danach zog er sich in die Abgeschiedenheit des Deepenmoors bei Lübeck zurück, wo er weiter malte – diesmal allerdings eigene Motive mit seiner Signatur. Es entstanden Bilder, die manch einer in ihrer Farbigkeit mit denen Noldes verglichen hat.

Lothar Malskat, der vor 85 Jahren, am 3. Mai 1913 in Königsberg geboren wurde, starb am 10. Februar 1988 in seiner Kate bei Wulfsdorf in der Nähe von Lübeck. Es ist mehr als überfällig, daß dem Künstler Gerechtigkeit widerfährt. Denn Lothar Malskat, der an der Königsberger Kunst- und Gewerkschule und an der dortigen Kunstakademie studierte (bei den Professoren Grün und Schön, bei Marten, Wulff, Wissel und Straube), war ein durchaus ernstzunehmender Künstler. 1929 stellte er zum ersten Mal in der Königsberger Galerie Teichert aus, und auch im Lovis-Corinth-Saal des Königsberger Schlosses waren im Zweiten Weltkrieg die Arbeiten Malskats zu sehen.

Kurt Meiser, der mit Malskat gemeinsam die Schulbank in der Roßgärter Mittelschule drückte, rückte den Wert der späteren Arbeiten ins rechte Licht: "Sie sind das Bekenntnis eines Menschen, der seiner inneren Berufung mit leidenschaftlichem und heiligem Ernst folgt. Lothar Malskat sucht die letzte Wahrheit. Seine Arbeiten sind von einer eindringlichen inneren Leuchtkraft, von starker Farbe und Empfindung."

Fälscher oder Genie? Lothar Malskat wird in die Kunstgeschichte gewiß mit zwei unterschiedlichen Vorzeichen eingehen. Rudolf Pörtner erkannte in einem Beitrag für "Die Welt" die eigentliche Bedeutung seines Schaffens: "Es gibt Malskat-Bilder", so schrieb er 1985 in der Reihe "Große Fälschungen in Kunst und Literatur", "die sehr wohl eine eigene Handschrift verraten: die eines verspäteten, aber ehrlichen Nachfahren des deutschen Expressionismus."Peter van Lohuizen

 
     
     
 
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