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Gedanken zur Zeit: Toleranz und Wachsamkeit Islamunterricht nicht ohne Verfassungstreue J. Peter Achtmann

 
     
 
Die christlichen Denominationen in Deutschland und anderswo tun sich bis heute mit den Gedanken der Aufklärung des 18. Jahrhunderts recht schwer. Für eine Erlösungsreligion mit alleingültigen christozentrischen Gedanken muß beispielsweise das Wort des Preußenkönigs Friedrich II., wonach "jeder nach seiner Façon selig werden soll", wie ein Pfahl im Fleisch vor allem orthodoxer Protestanten und Katholiken wirken. Kein Wunder, daß über die Jahrhunderte hinweg das Verhältnis von Kirche und Staat zu einem immer größer werdenden Spagat geworden ist, der das Toleranzgebot unabdingbar macht. Dabei ist kirchlicherseits besonderer Wert auf den Erhalt von Religionsunterricht gelegt worden.

Jetzt ist in Berlin vom Oberverwaltungsgericht
einer sogenannten islamischen Föderation die Erlaubnis zugesprochen worden, islamischen Religionsunterricht auch an Berliner Schulen zu erteilen. Zuvor hatte das untergeordnete Verwaltungsgericht einen entsprechenden Antrag zurückgewiesen. Mit einem "Pilotprojekt" soll nun im Berliner Bezirk Kreuzberg begonnen werden.

Daß in Deutschland, wo ein hoher Prozentsatz islamgläubiger Menschen lebt, eine derartige Maßnahme nicht von der Hand zu weisen ist, steht außer Frage, gebietet doch das Grundgesetz die Respektierung der Religionsfreiheit. Damit verbunden ist auch die Möglichkeit einer Unterweisung, wobei es wenig sinnvoll ist, orthodoxerseits darauf zu verweisen, der Gottesbegriff des Islam sei nicht fundiert und als fragwürdig anzusehen.

So waren denn die Reaktionen sowohl der evangelischen als auch der katholischen Kirche zu dem Urteil erstaunlich klug und besonnen. Der Sprecher der evangelischen Landeskirche, Reinhard Stawinski, sagte, ein islamisches Bildungsangebot dürfe es nicht nur auf Hinterhöfen geben. Seine Kirche fordere einen Wahlpflichtbereich Religion / Ethik an den Berliner Schulen, bei dem es dann "Raum für andere weltanschauliche Gruppen" gebe. Andreas Herzig vom Erzbistum Berlin forderte gleichfalls, daß jede Religionsgemeinschaft ein Recht auf Religionsunterricht bekommen solle. Bemerkenswert auch die Überlegung, daß "wir sonst unsere eigenen Grundlagen in Frage stellen".

In Berlin ist der Religions- und Weltanschauungsunterricht freiwillig. Auch in Brandenburg und in Bremen wird so verfahren und ein staatlicher Zuschuß gezahlt. Über Unterrichtsinhalte entscheiden die Träger, nicht aber die Schulverwaltung. Laut Berliner Schulgesetz ist die Behörde nur verpflichtet, wöchentlich zwei Stunden freizuhalten und Räume mit "Licht und Heizung" zur Verfügung zu stellen.

So ist denn für die Berliner Entscheidung weit weniger Aufregung angesagt als zunächst vielleicht angenommen. Kritischer allerdings erscheint die Frage nach den geistigen Fundamenten eines solchen Unterrichtsträgers. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht der Islamischen Föderation den Status einer religiösen Gemeinschaft attestiert, jedoch wird vielerorts befürchtet, daß sie insgeheim unter starkem Einfluß der radikal-fundamentalistischen Gemeinschaft Milli Görüs in der Türkei steht.

Überhaupt ist festzustellen, daß es derzeit keine islamische Organisation gibt, die in ihrem Status mit den Kirchen vergleichbar wäre. Jede Privilegierung eines der konkurrierenden Vereine berge die Gefahr politischer Parteilichkeit und Indoktrination der Schüler in sich, heißt es sogar beim weitgehend islamisch geprägten Türkischen Bund. So ergibt sich die mißliche Situation, daß es in Zukunft in Berlin zwar islamischen Religionsunterricht geben wird, dessen Veranstaltung aber ständig zwangsläufig auf Treue zum Grundgesetz und zur Berliner Verfassung zu untersuchen ist. Ein Gedanke, der nicht unbedingt befriedigt und Verhältnisse aufweist, die unbedarfte Politik erst geschaffen haben.

 

 
     
     
 
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