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Materialisten

 
     
 
"Heißt das also, er darf Frauen und Kinder umbringen?"

"Was kommst du mit Kindern, Idiot. So was gibt’s doch nur in Ausnahmefällen. Lange nicht jeder wird Kinder töten. Wir beide jedenfalls nicht. Aber wenn du schon davon anfängst: laß die, die es in blinder leidenschaftlicher Aufwallung tun, auch kleine Fritzen*) töten, bis es ihnen selbst über ist! Du hast doch die ‘Haidamaken’**) gelesen? Wie Gonta – erinnerst du dich – seinen eigenen kleinen Söhnen, weil sie katholisch
waren, die Kehlen aufschlitzte? Das ist Krieg, Bruder, keine Theorie und keine Literatur. In Büchern, natürlich, da muß es das alles geben: Moral, Humanität, Internationalismus. Das ist alles schön und gut und theoretisch richtig. Aber jetzt laß erst mal Deutschland in Rauch und Flammen aufgehen, danach kann man dann wieder richtige und schöne Bücher schreiben über die Humanität und den Internationalismus."

*) Russischer Spitzname für Deutsche

**) Historisches Epos von Taras Schewtschenko

Lew Kopelew "Aufbewahren für alle Zeit"

 

 

Die geschriebene Verfassung und die Realität klaffen weit auseinander. Kern-Vorschriften des Grundgesetzes stehen häufig nur noch auf dem Papier. Der Sinn wichtiger Verfassungsvorschriften wird ins Gegenteil verkehrt. Das ist nicht nur eine juristische Frage, sondern steht auch in Zusammenhang zu den Fehlentwicklungen, die allgemein beklagt werden: Partizipationsdefizit und der mangelnden Handlungsfähigkeit der Politik.

Das Grundgesetz postuliert Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) – Tatsächlich gehören Mitglieder der Regierung und die Parlamentarischen Staatssekretäre gleichzeitig dem Parlament an. Dieselben Personen sollen also in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete sich selbst in ihrer Eigenschaft als Minister kontrollieren. Interessenverquickung ist die zwangsläufige Folge.

Hinzu kommt. Die deutschen Parlamente sind völlig verbeamtet.

In vielen Landesparlamenten kommt mehr als die Hälfte der Abgeordneten aus dem öffentlichen Dienst. Wie aber sollen Beamten-Parlamente die nötige Distanz aufbringen, um die grundlegenden Reformen des öffentlichen Dienstes und der Verwaltung, die eigentlich nötig waren, durchzusetzen? Das Bundesverfassungsgericht sieht in der zunehmenden Verbeamtung mit vollem Recht eine Gefahr für die Gewaltenteilung.

Geht es um die Eigeninteressen von Berufspolitikern, etwa bei ihren Diäten, ihren Altersrenten und der Parteienfinanzierung, aber auch beim Wahlrecht und bei vielen Strukturfragen, sind Regierung und Opposition sich meist einig und ziehen an einem Strang, so daß auch die Opposition als Gegengewicht ausfällt. Statt Gewaltenteilung herrschen dann erst recht Gewaltenvermengung und Kungelei.

 
     
     
 
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