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Pflichtgefühl statt Egoismus

 
     
 
Pflichtgefühl, Verantwortungsbewußtsein gegenüber dem Gemeinwesen, Leistungsbereitschaft - das sind wohl die wichtigsten der traditionellen preußischen Tugenden. Und es sind auch diejenigen, die heute am meisten gefragt sind, in einer Zeit, die allzustark geprägt ist von Gruppen- interessen, Rücksichtslosigkeit und blankem Egoismus. Oder, um ein geflügeltes Wort von John F. Kennedy
aufzugreifen: In Deutschland wird zu oft gefragt: Was kann (soll, muß) mein Land noch alles für mich tun? Und viel zu selten: 

Was kann ich für mein Land tun? Nun hat ausgerechnet der Bundesverteidigungsminister - indirekt und wohl auch unfreiwillig - den Anlaß geliefert, über eine Wiederbelebung preußischer Tugenden nachzudenken. Seine mittel- und langfristigen Reformpläne für die Bundeswehr führen nämlich letztendlich zum Ende der allgemeinen Wehrpflicht - und damit auch zum Ende des zivilen Ersatzdienstes. Das heißt im Klartext: Rund 90.000 Zivi-Arbeitsplätze, größtenteils im sozialen Bereich, müssen demnächst anderweitig besetzt werden. Aber mit wem? Mit gut ausgebildeten, hochqualifizierten Fachkräften? Die muß man erst einmal finden (was heute trotz Massenarbeitslosigkeit nicht ganz einfach ist). 

Und dann muß man sie bezahlen können. Aber die Kassen sind leer - und werden es auf absehbare Zeit auch bleiben; alle Gesundheits- und sonstigen Reförmchen werden daran nichts ändern. Prompt kramten Politiker von SPD und Union eine alte Idee wieder hervor: die vom sozialen Pflichtjahr für alle. Das macht sich auf den ersten Blick recht gut, klingt überzeugend. Bei näherem Hinsehen aber merkt man: Der Teufel steckt, wie so oft, im Detail. Es geht dann nämlich nicht mehr "nur" um 90.000 Zivis, sondern um rund 600.000 Angehörige eines Geburtsjahrgangs (es sei denn, man will die derzeitige krasse Wehrungerechtigkeit einfach weiterführen!). Wer soll Verteilung und Einsatz all dieser jungen Leute organisieren, wer für die logistische und finanzielle Abwicklung verantwortlich sein? Der Bund, die Länder, die Gemeinden? Die gutgemeinte Idee ist eben doch reichlich unausgegoren. 

Zudem macht Familienministerin Schmidt zu Recht auf verfassungsrechtliche Bedenken aufmerksam. Auch wurden bestimmte Aspekte, die speziell die jungen Frauen betreffen, in der öffentlichen Diskussion bislang nicht beachtet. Aus dem sich abzeichnenden Dilemma kann nur ein Weg führen: der des freiwilligen sozialen Dienstes. Notorische Pessimisten werden einwenden: Dafür ist diese Gesellschaft zu egoistisch. Als "notorischer Optimist" halte ich dem entgegen: Was hindert uns eigentlich, in dieser Gesellschaft für mehr Gemeinsinn einzutreten? Solcher Optimismus ist keineswegs illusorisches Wunschdenken, er kann sich auf Fakten stützen. 

Zum Beispiel: Am selben Wochenende, an dem unsere Politiker das Thema entdeckten, fand in Hamburg eine "Freiwilligenbörse" statt: Politiker und Wohlfahrtsorganisationen informierten über Ehrenmamt und gemeinnützige Projekte. An einem einzigen Sonntag kamen über 4.000 Besucher, zum großen Teil junge Leute. Und der Paritätische Wohlfahrtsverband weist darauf hin, daß schon heute beim freiwilligen sozialen Jahr die Nachfrage das Angebot an Stellen deutlich übersteigt. Das macht Hoffnung. Es gibt in diesem Lande genügend junge Menschen, die bereit sind, im Zeichen christlicher Nächstenliebe und preußischer Pflichterfüllung ein paar Monate ihres Lebens dem Gemeinwohl zu opfern. Sie muß man - statt nur immer die anderen, die Egoisten, zu beklagen - ermuntern. Nicht durch Zwang, sondern indem die Generationen der Eltern und Großeltern diese Tugenden vorleben. 

Aus für Wehr-und Ersatzdienst? Die jüngsten Reform- (sprich: Spar-)Pläne von Bundesverteidigungsminister Struck haben eine Kontroverse um die Zukunft der allgemeinen Wehrpflicht heraufbeschworen. Nach Ansicht vieler Militärexperten können die - politisch gewollten - Aufgaben einer globalen Interventionsstreitmacht nur von einer Berufsarmee bewältigt werden. Mit dem Ende der Wehrpflicht droht aber auch das Aus für den zivilen Ersatzdienst (Foto), mit weitreichenden Auswirkungen auf unser Sozial- und Gesundheitssystem.
 
     
     
 
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