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Schwindeln für die Urne

 
     
 
Das Zentralorgan der politischen Korrektheit in Deutschland, das Wochenmagazin "Der Spiegel", brachte vor kurzem die Wahlkampf-Stratregien auf den Punkt: "Schwindeln für die Urne." Bis zum 27. September wird noch Narkosegas verströmt, dann, so "Der Spiegel", wird es "ernst werden in Deutschland". Die Zeiten des flächendeckenden Wohlstandes seien dann vorüber.

In der Tat ist bis heute nicht erkennbar, wie die existentiellen Probleme Deutschlands von seiten der Bonner Parteien gelöst werden können. Die Arbeitslosenzahlen
und die Zahl der Sozialhilfeempfänger haben sich auf Rekordniveau eingependelt. Die Staatsschulden der Bundesrepublik erreichen demnächst satte 2,3 Billionen D-Mark. Sollen Katastrophen verhindert werden, muß offen über die Ursachen geredet werden. Gerade dies ist in Deutschland nicht der Fall. Ursachen, die als nicht "politisch korrekt" gelten, werden schlicht ausgeblendet.

Zu nennen sind hier z. B. die Zuwanderung und die veränderte Erwerbsneigung der Frauen. Am schwersten schlägt allerdings die Zuwanderung zu Buche. Allein zwischen 1990 und 1996 ergaben sich "Wanderungsgewinne" – um in der Diktion der politisch-korrekten Schaumsprache zu bleiben – von offiziell ca. 3,8 Millionen Zuwanderern. Deutschland, das zu den am dichtest besiedelten Staaten gehört, leistet sich eine Zuwanderung, die die der klassischen Einwanderungsstaaten USA, Australien oder Kanada weit in den Schatten stellt.

Zahlen belegen, wie hemmungslos die Möglichkeiten des Sozialstaates überdehnt werden. Entsprechend hoch sind die Belastungen für die, die als Arbeitgeber und -nehmer einen Sozialstaat zu finanzieren haben, der längst jedes Maß verloren hat und den Charakter einer "mechanischen Massenfürsorge" angenommen hat. Die Gesellschaftsstrategen aller politischen Couleur ignorieren, daß die Marktwirtschaft das Fundament des Sozialen ist und damit eine eigene soziale Bedeutung hat. Das heißt, verteilt der Staat mehr, als erwirtschaftet wird, dann kommt es unweigerlich zu einer gefährlichen Schieflage. Die Leistungsfähigkeit der Marktwirtschaft wird dadurch unweigerlich tangiert, in ihrer Effizienz geschwächt (Beispiel: Lohnnebenkosten!). Einer der geistigen Väter der "sozialen Marktwirtschaft", Alfred Müller-Armack, faßte den Charakter der sozialen Marktwirtschaft wie folgt: "Sinn der sozialen Marktwirtschaft ist, das Prinzip der Freiheit auf dem Markt mit dem des sozialen Ausgleichs zu verbinden." Der Begriff der sozialen Marktwirtschaft kann nach Müller-Armack "als eine ordnungspolitische Idee definiert werden, deren Ziel es ist, auf der Basis der Wettbewerbswirtschaft die freie Initiative mit einem gerade durch die marktwirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden". Die "freie Initiative" des Individuums in der Marktwirtschaft wird also in einen ordnungspolitischen Rahmen gestellt, in dem der soziale Ausgleich eine eigene Wertigkeit einnimmt. Der Nationalökonom Wilhelm Röpke schrieb: "Die moralische Bedeutung des Rahmens, innerhalb dessen sich die einzelnen auf dem Markt betätigen, ist ... mindestens so wichtig, wie die Frage des individuellen Verhaltens innerhalb dieses Rahmens." Die "humane Gesellschaft", die dieser Rahmen garantieren soll, darf allerdings nicht mit der heutigen sozialen Rundumbetreuung verwechselt werden. So schreibt Röpke in seinem Buch "Die Gesellschaftskrisis der Gegenwart": "Man kann in der Sozialpolitik nicht eine bestimmte Grenze überschreiten", ohne die "geheime Springfeder einer gesunden Gesellschaft, nämlich das Gefühl der Selbstverantwortung, zu zerbrechen". Und: "Die Gesundheit der Gesellschaft selbst steht auf dem Spiel, wenn wir diesen Weg immer weiter gehen, den Weg einer mechanisierten Massenfürsorge, die das Krankheitsbild einer vermassten Gesellschaft vollendet."

Genau dieses skizzierte Krankheitsbild ist in Deutschland Realität geworden. Die Sozialpolitik hat die Grenze nicht gewahrt. So sind die Probleme, vor denen wir heute stehen, Ausfluß der Ignoranz gegenüber grundlegenden ordnungspolitischen Vorgaben. Genau hier muß deshalb die Diskussion ansetzen, soll sie erfolgversprechend sein. Es ist nur zu verständlich, daß sich die Parteien um diese Diskussion herumdrücken. Sie müßten einräumen, daß ihre Politik des Füllhorns, das insbesondere in Wahlzeiten zum Einsatz kommt, geradewegs zur Entartung des Sozialstaates geführt hat. Sie sind damit ursächlich verantwortlich für die Probleme, die unsere Zukunft verdüstern.

 

 
     
     
 
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